freekind., This Is The Kit, Jeff Clarke
Posted: June 11, 2023 | Author: Jan Freitag | Filed under: 5 freitagsmusik |Leave a commentfreekind.
Jazz ist ja so eine Sache. Seine Definition fällt selbst Eingeweihten schwer. Alles was kompliziert ist, sagen die einen, alles was durcheinander ist, die anderen, auf ein ein kompliziertes Durcheinander von und für alte Männer mit Hut und Kippe können sich Außenstehende irgendwie einigen, also definitiv nicht das kroatisch-slowenische Duo freekind. meinen, schon weil es aus zwei jungen Frauen ohne Hut und Kippe besteht.
Die singende Pianistin Sara Ester Gredelj nebst Drummerin Nina Korošak-Serčič springen aber nicht nur genderbedingt aus der Klischeekiste. Ihr Debütalbum Since Always And Forever mischt Soul der Achtziger so geschmeidig mit Pop der Neunziger, dass der Jazz dazwischen alt klingen könnten – ließe ihn nicht ein lässiger HipHop zeitreisen. Das Hamburger Indielabel BUTTER 92 hat uns und sich da echt mal Nostalgie zum Tanzen für die Generationen X bis Z angelacht.
Freekind. – Since Always And Forever (BUTTER 92)
This Is The Kit
Schon 20 Jahre länger im Geschäft, ohne substanziell älter zu wirken, ist Kate Stables – Kopf, Hirn, Bauch, Gesicht von This Is The Kit, die auf ihrer neuen Platte abermals Ungewöhnliches vollbringen: Popmusik, die gleichermaßen zart und rough, folkloristisch und urban, filigran und erdig ist, also nach Paris und Wales klingt, Stables zwei Lebenswelten, die auch auf Careful Of Your Keepers durch alle Tracks wabern.
Produziert von ihrem Landsmann Gruff Rhys (Super Furry Animals), wandert das Quartett mit klassischem Instrumentarium über asphaltierte Auen, zerkratzt hier mal plödderndes Piano durch kauzige Riffs, taucht rhythmisches Gitarrengeklimper in repetitive Beatkaskaden und ist schon deshalb auf surreale Art wahrhaftig (schön), weil Kate Stabels ihren Indierock im Sound eines leicht genervten Engels untergräbt.
This Is The Kit – Careful Of Your Keepers (Rough Trade Records)
Jeff Clarke
Und damit zu jemandem, der mit Folk wirklich perfekt beschrieben wäre. Konjunktiv. Denn der kanadische Stadtwaldschrat, in Alternative-Legenden wie Demon’s Claws bis Black Lips zuhause, macht auf seinem Solo-Album Locust das, was er schon immer am besten konnte: nölen wie einst Bob Dylan, nur weniger distanziert, sondern mitten im Leben, als würde sein reduzierter Country-Sound um Aufmerksamkeit abseits seiner ländlichen Homebase bitten.
Tut er ja auch – schon weil Locust im grünen Gürtel seiner Wahlheimat Berlin entstanden ist, wo er statt elektrischer nun akustische Gitarren mit weit weniger Trara, aber viel Traumtänzerei durchs Unterholz schickt. Seine naturalistische Großstadt-Lyrik (Hollywood / Slowly grows / No one knows) funktioniert im Grunewald also ähnlich wie unter Rednecks und sprengt damit musikalische Grenzen wie zuletzt vielleicht nur Adam Green.
Jeff Clarke – Locust (Bretford Records)