Wer in der elektronischen Musik nostalgisch klingen will und zugleich modern, ist gut beraten, sich entsprechendes Equipment zu besorgen. Weder zu analog noch zu digital – da schlägt dann unweigerlich die Stunde gebrauchter Synthesizer der Marke Korg oder Yamaha, monophone Keyboards, die Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre ebenso futuristisch klangen wie die legendäre Drummachine Roland TR-606 noch heute irgendwie unverwüstlich. Mit alldem und etwas Effektgerät jüngeren Datums hat sich das Duo Agar Agar nun an die französische Atlantikküste verzogen, um ein Album einzuspielen.
Dass es bei aller Vergangenheit nicht gestrig klingt, liegt auch am Instrumentarium. Vor allem aber liegt es an den Pariser Kunststudenten Armand und Clara, beide Mitte 20, die daraus ein wunderbares Plattendebüt gemacht haben. The Dog & The Future vereinigt zehn synthetische Tracks mit Claras melancholischem, amerikanisch vokalisiertem Gesang zu etwas, das in den Neunzigern mal ungemein dringlich klang und offenbar nur Pause gemacht hat: Ein jeanmicheljarriger Elektropop, den etwas Trashpop von Le Tigre bis Ms John Soda zum radiotauglichen Konzentrat einer Art Warp-Philosophie erhebt: experimentell, eingängig, elegant, wavig und schön, aber nicht gefällig.
Agar Agar – The Dog & The Future (Cracki Records)
alt-j
Das Mysterium der erstaunlich populären Indiefolk-Band alt-j kreist bekanntlich auch um den Namen. Als die Sprache vor elf Jahren noch am Anfang ihrer grundlegenden Überarbeitung zu Kürzeln, Codes, Symbolen stand, benannte sich das Quartett nach Apples Tastenkombination fürs griechische „Delta“, in der Wissenschaft ein Platzhalter für Differenz. Das vierte Album der Band aus Leeds dreht dieses Namensspiel nun gewissermaßen um. Eher mehr als weniger verschiedene Kollegen wie der Hardrap-Wizzard Danny Brown, Jimi Charles Moodey aus dem leichteren Pop-Fach, Synth-Bastler wie Twin Shadow, ja sogar ein Kontra K aus Deutschland erweisen alt-J ihre Referenz.
Gemeinsam machen sie aus deren dritter Platte Relaxer das Tributalbum Reduxer, auf dem Differenz als Gemeinsamkeit gefeiert wird und umgekehrt. Fast nichts erinnert darauf ans Original, fast alles verströmt den verlockenden Duft der Grenzüberschreitung. Das ist so variabel und spannend, dass selbst Puristen dürften darauf eher Herausforderungen als Gräben erkennen, also keinen Affront, sondern – trotz heftiger Entstellungen und einiger Autotune-Frechheiten – nur Experimente zur gegenseitigen Horizonterweiterung.
alt-j – Reduxer (Infectious Music)
Hype der Woche
Cher
Liebe Cherilyn Sarkisian, es ist natürlich nicht verboten, auch mit 72 noch seiner beruflichen Leidenschaft nachzugehen – selbst und besonders dann, wenn es die Musik ist. Fünf Jahrzehnte Popbiz sorgen schließlich für genug Erfahrung, ja Weisheit, um abschätzen zu können, was man der Welt noch zu geben hat und was nicht. Warum aber, bitteschön, nutzt die alterslos modellierte Cher nichts davon, um im Spätherbst ihrer Karriere resümierend süffisant aufs eigene Werk zu blicken, sondern macht ein Tribut-Album mit Liedern von Abba. Abba? Abba! Und nicht nur das: Dancing Queen trällert ausnahmslos Superhits nach und zwar so inspirationsfrei berechnend, dass man ihr doch ein warmes Plätzchen im Seniorenstift wünscht. Nicht eine Idee, kein Funke, statt Eigensinn nur Ödnis. Wenn jetzt nicht ganz schnell ein Chanson- oder Jazzalbum kommt, kann das nur heißen: Tschö Cher, war nett mit dir, aber jetzt wird’s peinlich.
In der atmosphärischen Roman-Verfilmung Kruso um eine Schar Freigeister auf Hiddensee, die Republikflüchtlinge zum Bleiben in der DDR ermutigen, spielt Albrecht Schuch heute Abend (20.15 Uhr) im Ersten die Titelfigur – und zeigt damit zum zweiten Mal in nur drei Tagen, warum er zum Besten zählt, was das deutsche Schauspiel derzeit im Angebot hat. Ein Gespräch über Heimat, Lyrik, Rückzugsorte und warum seine Figuren oft irre lachen.
Von Jan Freitag
Herr Schuch, Sie laufen innerhalb von drei Tagen zweimal zur besten Sendezeit im Fernsehen.
Albrecht Schuch:Der Polizist und das Mädchen, Dienstag vor Kruso, stimmt.
Liegt Ihnen einer der beiden mehr am Herzen?
Ich mag beide sehr, aber das Poetische an Kruso ist schon was Besonderes.
Sind Sie ein lyrischer Typ?
Wenn es bedeutet, länger über Gedanken zu sprechen und mehr auszudrücken als nötig, absolut. Ich habe spät, erst mit elf oder so angefangen mich mit Büchern zu beschäftigen und bin bis jetzt keine Leseratte, die 15 Romane im Jahr verschlingt. Aber mein zweites Buch war von Hermann Hesse; seine ausschweifende Art zu formulieren hat mich ungemein geprägt; ich schweife ja auch unglaublich aus.
Kannten Sie die Literatur-Vorlage von Kruso?
Nein. Und als ich sie gelesen habe, brauchte ich auch etwas, um reinzukommen. Aber dann bekam die Lektüre sowas Wogendes, als stünde man auf einem Schiff. Das hat fast körperliche Empfindungen bei mir ausgelöst.
Setzt der Film das bildlich um?
Ich wünsche mir bei Buchvorlagen zwar oft, sie nicht zu kennen – aber ja, unbedingt. Unter anderem, weil man den Film nicht konsumiert, sondern auf sich wirken lässt. Weil er keine Antworten gibt, sondern Fragen aufwirft. Weil er sinnlich ist, ohne berechnend zu sein. Um das einzufangen, haben wir auch nicht auf Hiddensee gedreht; mittlerweile zu verbaut. Sondern in Litauen. Kurische Nehrung. Wild, schön, Wahnsinn! Das sah da noch aus wie vor 30 Jahren und das Wetter hat fünfmal am Tag gewechselt… Ich versuche mich stets mit dem Drehort innerlich zu verbinden, das hat da wunderbar geklappt.
Mit welchen Mitteln?
Indem ich mir zum Beispiel ein uraltes Klapprad aus Sowjet-Zeiten gekauft habe und durch die Gegend gefahren bin, um die Menschen zu erleben. So hätte Kruso das auch gemacht. Er ist da zwar noch drei Stufen weiter, aber wir beide sind sehr sensitive Menschen, die eingreifen, wenn irgendwo Gefühle offen liegen. Und am Set lagen fast alle offen. Wir haben eigentlich alle ständig geheult (lacht).
Weil Sie sich so nahe waren?
Auch das. Die meisten Darsteller kannte ich noch vom Gorki-Theater, wo Anja Schneider mal selbst den Kruso gespielt. Das waren Jugendidole, die mich trotzdem nie spüren ließen, wie viel erfahrener sie sind. Dieses Familienfest merkt man dem Film glaube ich an.
Besonders wird er allerdings durch etwas anderes.
Was denn?
Er erzählt die DDR nach all den Flucht-, Rettungs- und Wendegeschichten erstmals als Verlust, dem nachzutrauern nicht nostalgisch, sondern menschlich ist.
Definitiv! Und das hat mich, nicht nur weil ich selber aus dem Osten komme, von Anfang an so fasziniert. In dieser Heimatliebe steckt ja etwas Universelles: Warum wollen wir stets weg von dem, was wir haben, und was erhoffen wir uns, woanders zu finden, das es nicht dort, wo wir sind, bereits gibt? Das hat natürlich was Räucherstäbchenumnebeltes, ist im Kern aber die Frage aller Fragen nach dem Sinn des Lebens.
Macht das den Film im besseren Sinne zum Heimatfilm?
Kruso würde das mit einem Fragezeichen versehen: Wo ist Heimat?
Und?
In dir selbst. Das gilt für Kruso, der alle, alles verloren hat, diese Leerstellen ohne Wurzeln und Familie aber durch die Nähe zu Menschen seines Vertrauens zu füllen versucht. Das gilt für uns alle, mich eingeschlossen. Auch mein Heimatbegriff ist ja nicht mit einem Stück Land oder Erde verbunden, solang man sich dort nicht mit seinen Liebsten trifft, um es mit ihnen zu teilen. Ansonsten lenkt es nur davon ab, was uns wirklich wichtig ist.
Und dafür ist ja der „Klausner“, dieser selbstverwaltete, abgewrackte, liebevoll erhaltene Gasthof ein Synonym.
Genau.
Haben Sie auch so einen Ort außerhalb der eigenen Wohnung?
Berge. Ich lebe zwar die Hälfte meiner Zeit in der Stadt, aber Natur im Allgemeinen ist mein wichtigster Rückzugsort. Ich habe von Punk bis Skater alle Modeerscheinungen der Großstadt ausprobiert, aber sobald ich zurück auf dem Land war, fiel mir auf, wie wenig Substanz alles Äußere hat. In der Natur werde ich ganz ruhig.
Das steht im Gegensatz zu Rollen von Neue Vahr Süd über NSU-Komplex bis Bad Banks und Gladbeck, in denen Sie etwas Unruhiges, Fiebriges ausstrahlen, oft ausgedrückt durch so ein unkontrolliertes Lachen.
Die Wahrnehmung höre ich zum ersten Mal, ist aber hochinteressant; schön, das mal gespiegelt zu kriegen. Abgesehen vom Reporter in Gladbeck hab ich das bislang nämlich nie bewusst eingesetzt. Ich mag allerdings die Nähe von Melancholie und Wahnsinn, vielleicht findet das darin unterbewusst seinen Ausdruck, vielleicht ist das auch die Verbindung meiner Rollen zu mir, die ich stets suche. Nach meiner Rolle im NSU-Komplex brauchte ich daher ein Jahr, um mich von meiner Rolle zu reinigen.
Angeblich musste das der gesamte Cast, nachdem er vorher beim Drehen Sieg Heil brüllend durch die Straßen gezogen ist.
Genau, da brauchten wir alle erstmal ‘ne Seelendusche, das hat auch mit Selbstschutz zu tun – zumal die Glatzen ja fast ausschließlich von Antifas aus der Umgebung gespielt wurden. Da haben wir abends am Lagerfeuer erstmal alle zusammen „Nazis raus!“gebrüllt, krieg ich jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Umso verständlicher ist es, dass meine Begeisterung offenbar manchmal manisch wirkt. Darüber denke ich mal nach.
Was war das für ein Starrummel beim selbsternannten ARD-Unterhaltungsgipfel am Hamburger Fischmarkt: Jörg Pilawa und Guido Cantz, Kai Pflaume und Eckart von Hirschhausen, Bernd Hoecker, Florian Silbereisen, ja selbst Elton ohne Nachnamen hatten sich im schicken Backstein-Loft mit Elbblick versammelt, um die heilige Kraft der öffentlich-rechtlichen Primetime mit Selbstbeweihräucherungen wie jener zu beschwören, dass es im Ersten und nur dort wirklich um den Menschen und ihre Wohlergehen gehe, nicht Rendite (oder gar Quoten, Gott bewahre!). Welch Manpower des humanistischen Entertainments. Und zwar buchstäblich.
Denn irgendwie hatte das Erste doch glatt vergessen, abgesehen von der Moderatorin Barbara Schöneberger auch ein paar unterhaltsame Frauen im Metier einzuladen. Okay, Caroline Kebekus stöckelte als komödiantisches Feigenblatt wie immer halsbrecherisch hochbehackt durch die geladenen Pressevertreter und Sendergranden. Und Mareile Höppner saß auch kurz auf dem Podium, ohne allerdings selbst so genau zu wissen, warum. Denn TV-Show ist bei ARZDF ebenso wie in RTLSat1Pro7 und überhaupt nahezu jedem publikumswirksamen Kanal der Galaxis eine reine Männerveranstaltung.
Die zog sich nach der PR-Sause übrigens ins unweit gelegene Ultraluxushotel Fontenay, zurück, wofür dessen Besitzer Klaus-Michael Kühne vom Ersten den Rundfunkbeitrag einiger Tausend Gebührenzahler eingestrichen haben dürfte – was angesichts der 33 Milliarden Euro, die das Kabelnetz Comcast für Sky bezahlt, allerdings fast schon erschwinglich klingt. Wobei sich zeigt, dass Anbieter jenseits der linearen Verbreitungswege langsam auch genauso viel wert sind. Davon zeugen die Emmy Awards 2018, bei denen Streaming- und Pay-TV-Dienste 23 Mal siegreich waren. Ganz vorn: die Amazon-Serie The Marvelous Mrs. Meisel und wie immer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen: Game of Thrones. Nicht unter den Preisträgern dagegen: Ernie & Bert, was hoffentlich rein gar nichts mit der Erkenntnis zu tun hat, sie seien, wie man heute so schön sagt, sexuell flexibel!
Die Frischwoche
24. – 30. September
Wir outen uns demgegenüber als feuilletonistisch flexibel und erweisen einer Serie die Absolution als sehenswert, von der es niemand mit Geschmack wohl erwartet hätte: SOKO. Genau 40 Jahre nach der Münchner Premiere erweist sich das elfte Team in Potsdam ab heute um 18 Uhr nämlich anspruchsvoll wie sämtliche zehn vorherigen zusammen. Im Auftaktfall Saubere Geschäfte um einen Mord im Muskeldoping-Milieu zeigen Caroline Erikson und Katrin Jaehne als Kommissarinnen Luna Kunath und Sophie Pohlmann schließlich eine unterhaltsame Glaubwürdigkeit, die nicht nur am Vorabend rar ist.
Der Hauptabend dagegen steht dieser Tage voll im Zeichen von Albrecht Schuch. Zunächst spielt er heute Abend in Rainer Kaufmanns ZDF-Drama Der Polizist und das Mädchen die Hauptfigur, der seinen Job als Dorfpolizist dafür nutzt, einen selbstverschuldeten Unfall zu vertuschen. Schuch, der zuletzt als Gladbeck-Fotograf und NSU-Mörder brilliert hatte, überzeugt darin ebenso wie zwei Tage später als Titelfigur des ARD-Mittwochsfilms Kruso. In der Adaption von Lutz Seilers gleichnamigem Bestseller verkörpert der ostdeutsche Schauspieler einen Lebenskünstler auf Hiddensee, der Republikflüchtlinge davon überzeugen will, die DDR von innen heraus zu bekämpfen.
Es ist ein poetischer Film, sehr sperrig, äußerst bildgewaltig und trotz einiger Längen zutiefst unterhaltsam. Das hat er mit der dänischen Serie Ride upon the Storm ab Donnerstag auf Arte gemeinsam. Zehn Teile lang durchlebt Lars Mikkelsen als Pastor Johannes darin ein Familiendrama, das religiöse Prinzipien brillant mit gesellschaftlichem Alltag verknüpft. Ebenso heiß erwartet wurde die futuristische Fantasy-Serie Counterpart (ab Freitag, Amazon Prime). Stilistisch wie dramaturgisch nahe an Dystopien wie Matrix, spielt J.K. Simmons darin einen kleinen US-Angestellten, der eine Paralleldimension entdeckt, in der die Menschheit von der furchtbaren Realität abgelenkt werden. Das alles ist von der Relevanz her aber natürlich gar nichts gegen das, was der ARD ab Sonntag blüht.
Durch die Zweitausstrahlung der Zwischenkriegsserie Babylon Berlin nämlich steigt der öffentlich-rechtliche Sender in die Weltliga herausragender Serien auf und verdrängt dafür sogar den „Tatort“ vom angestammten Sendeplatz. Zum Ausgleich bleiben die Wiederholungen der Woche diesmal auf einen älteren der Extraklasse beschränkt. Mit Lars Eidinger als Stalker der perfidesten Art zählt Borowski und der stille Gast (Montag, 21.30 Uhr, HR) von 2012 zu den herausragenden Fällen seit Bestehen der Krimi-Reihe.
Mit Kollegen wie Casper, Käptn Peng oder Marteria macht Lukas Strobel alias Alligatoah eine Art von HipHop, dessen Poesie sozialkritisch, gelegentlich gar politisch, aber zugleich äußerst unterhaltsam ist, ohne Parolen zu dreschen. Für eine gute Punchline gibt auch das Nordseeküstengewächs (fast) alles – wie er im Interview zu seiner fünften Platte Schlaftabletten, Rotwein V erzählt. Die Erwartungshaltung ist jedoch nicht nur inhaltlich groß; nach zwei Top-3-Alben zählt der 28-jährige Verwandlungskünstler schließlich auch wirtschaftlich zu den Großen des HipHop. Ein Gespräch über Mitteilungsbedürfnis, Zweckreime, Metaebenen und warum er gern ein Märchenerzähler wäre.
Von Jan Freitag
freitagsmedien: Lukas, es ist nicht ganz leicht, sich durch dein neues Album zu hören.
Lukas „Alligatoah“ Strobel: Warum?
Weil es unfassbar viel Text auf engstem Raum enthält. Ist das dein natürliches Mitteilungsbedürfnis oder steckt alles im HipHop, was du privat nicht ausdrücken kannst?
Interessanter Ansatz. Ich rede tatsächlich im Alltag sehr viel weniger als auf Alben. Aber genau diese Möglichkeit, so viel Text in der Musik unterzubringen, hat mich zum Rap gebracht. Lange Geschichten mit Beats, Musik, Melodien zu erzählen, interessiert mich seit jeher und war Motivation, die Album-Reihe Schlaftabletten, Rotwein so mit Text vollzuballern, dass es meine Liebe zum Rap zelebriert. Aus dem haben mich viele Leute ja bereits weggestrichen, weil sie meinen, der rappt doch gar nicht und hat auch noch eine Gitarre umhängen…
Für Puristen reichen ein paar echte Gitarren-Riffs für den Ausschluss?
In der Tat, das erstaunt mich selber auch. Dabei hatten die Platten zuvor zwar weniger Text als dieses, die Rap-Dichte darauf war aber trotz gesungener Hooks und melodiöser Refrains hoch. Interessanterweise gilt zeitgenössischer Sprechgesang, der nur noch aus Autotune besteht, dennoch eher als Rap.
Stört dich das?
Nein, meine Liebe zu ihm ist groß und die wollte ich mit diesem Album untermauern.
Benutzt du ihn dabei wie einst das „CNN der Schwarzen“ als Medium oder bloß als Mittel deines Mitteilungsbedürfnisses?
Was heißt nur? Ich spiele gern mit Worten, Formulieren und Ideen, die manchmal abwegig sind, manchmal radikal, vor allem aber anders. Wenn ich damit den einen oder anderen Gedanken anstoße – umso besser. Aber ich habe mich nun mal dazu entschieden, Musiker zu werden, kein Meinungsmacher, der seine Zuhörer zum Entschlüsseln möglichst kryptischer Botschaften bringt. Verglichen mit einem Buch oder Blog wäre das ja ein riesiger Umweg.
Andererseits haben Songs wie Füttern verboten oder Meine Hoe doch politisch eine Metaebene zu Themen wie Aufmerksamkeitsindustrie oder Gangsta-Machismo?
Schon, aber nichts liegt mir ferner als marktschreirisch Parolen zu brüllen. Schon weil ich zu vielem, was ich thematisiere, überaus ambivalente Ansichten habe. Als betroffener Beobachter bin ich schließlich nicht unschuldig daran, worüber ich singe. Wenn ich etwa kritisch übers Reisen singe, kann ich mich und meine Mobilität davon ja nicht ausnehmen. Meine Eindrücke in aller Welt haben Abdrücke hinterlassen. Weil jede kritische Auseinandersetzung mit anderen auch mit sich selbst ist, sollte man sich mit Empfehlungen zurückhalten.
Aber heißt es nicht, deine Texte seien gar nicht autobiografisch?
Trotzdem sind es doch meine Beobachtungen aus meiner Perspektive auf meine Welt, die damit auch mich betreffen. Insofern, hat dieses Album mehr Verbindungen zu mir als die anderen. Ich verrate aber natürlich nicht wo.
Fühlst du dich als jemand, dessen Stimme nicht nur von vielen gehört, sondern auch ernst genommen wird, verantwortlich für die Stimmungslage da draußen?
Verantwortung hat doch verschiedene Richtungen. Viele raten mir, mich für junge Zuhörer verantwortlich zu fühlen, die meine Ironie womöglich nicht verstehen. Andere erwarten, dass ich mich mit klaren Statements zur politischen Lage positioniere. Genauso gut könnte ich mich aber denjenigen verpflichtet fühlen, die halt einfach auf derben Humor stehen und nicht auch noch auf Platte von den Nachrichten belästigt werden wollen. Weil man es nie allen recht machen kann, hab ich für mich entschieden, nur mir selbst gegenüber Verantwortung zu übernehmen. Das kann zwar auch kontrovers werden, muss es aber nicht.
Du entwickelst also kein automatisches Bedürfnis, deine Position als Medium zu nutzen, um beispielsweise die Ereignisse in Chemnitz zu kommentieren?
Klar entwickle ich so was. Aber die Reaktionszeit, Dinge, die auf mich einwirken und inspirieren, in Songs umzusetzen, ist bei mir extrem lang. Ich bin kein Impulsrapper, der sich bei einem Ereignis sofort hinsetzt und was dazu aufschreibt. Ich handle generell selten im Affekt, sondern beobachte sehr abwartend und entwickle daraus ausgewogene Bilder, die in alle Richtungen blicken. Das war mir schon immer wichtig.
Im Opener von Schlaftabletten, Rotwein V heißt es, „Rap braucht wieder einen Märchenerzähler“. Bist du das?
Vielleicht ja. Ich erzähle zwar recht derbe Märchen, die thematisch durchaus politische Komponenten enthalten. Aber schon, weil man zu ihrer Zeit vieles nicht offen aussprechen durfte, sind ja auch die der Gebrüder Grimm keineswegs unpolitisch. Vorausgesetzt, dass es nicht nur süße Prinzessinnen-Geschichten sind, wäre ich gerne Märchenerzähler.
Was wäre dir dabei wichtiger: Metaphorik und Zusammenhang oder Poesie und Punchlines?
Ich bin ein großer Fan von Zweckreimen, damit kann man mich also nicht bloßstellen. Ich liebe es, die Sprache zu verbiegen und grammatikalisch zu entfremden, um sie klangvoller zu machen. Ich folge dem Wortklang manchmal mehr als dessen tieferer Bedeutung oder andersrum – erst durch Wortklänge stoße ich oftmals auf Bedeutungen. All dies in eine stimmige Struktur bringen zu wollen, ist der Grund, warum ich solange an Texten knabber.
Hast du dafür, wenn schon keine Vorbilder, dann doch Referenzgrößen?
Ich werde oft damit konfrontiert, in der Tradition von Künstlern zu stehen, die ich selbst kaum kenne. Meine Songs sollen zum Beispiel manchmal klingen wie die Ärzte. Oder Fettes Brot. Kann sein, hab ich aber beides nie wirklich gehört. Umso mehr freue ich mich immer, Bands kennenzulernen, von denen ich angeblich inspiriert wurde. Hast du noch eine?
Fishmob zum Beispiel.
Sagt mir nur vom Namen her was.
Eine der ersten deutschen Rap-Bands, die HipHop mit Rock und Techno verbunden haben.
Dann muss ich mir die unbedingt mal anhören, danke schön. Man nimmt am Ende oft mehr mit nach Hause als erwartet…
Was erwarten deine Fans denn nun vornehmlich von dir – Diskurs oder Spaß?
Meine Hörerschaft erwartet glaube ich vor allem, sich mit Bleistift und Zettel vor meine Texte zu setzen und Zeile für Zeile zu enträtseln. Auf Seiten wie Genius entdecke ich dann manchmal Zusammenhänge eigener Gedanken, die mir selbst gar nicht bewusst waren. Leute, die schnellverständlichen Pop erwarten, hab ich so vermutlich von meinen Konzerten vergrault – dafür muss ich noch nicht mal zu Beginn 30 Minuten Flachwitze über Kot reißen.
Abgesehen vom Inhalt ist aber auch die Show eher großes Theater als kleiner Rap…
Die logische Fortführung davon, textlich in verschiedene Rollen zu schlüpfen, ist es, auch auf der Bühne kostümiert zu sein. Aber das absurde Theater wird durch die Songs zusammengehalten.
Nach zwei Top-3-Alben infolge gibt es zu deiner Musik längst auch wirtschaftliche Erwartungshaltungen. Kriegst du die beim neuen Album zu spüren?
Der Vertrieb möchte sicher gute Zahlen sehen, aber gottseidank bin ich bei einem Independent-Label. Künstlerisch habe ich sämtliche Freiheiten und Leute hinter mir, die wissen, dass ich nur dann abliefern kann. Ich kümmer‘ mich um Worte, nicht um Zahlen.
Das Reeperbahn-Festival wächst seit 2006 kontinuierlich zum wichtigsten Ereignis zeitgenössischer Independent-Musik und -Kultur Europas, das weltweit eigentlich nur noch vom texanischen SXSW an Bedeutung übertroffen wird. Unter den rund 1500 Veranstaltungen in 90 Clubs in, auf, um St. Pauli herum befinden sich allerdings nicht nur gut 600 Konzerte, sondern auch diverse Panels, Diskussionen, Vorträge und Ausstellungen wie diese: Die Hamburger Fotografin Christiane Stephan zeigt am 22. September im Centro Sociale ihre Fotoausstellung Feminist Beat Revue, in der sich geschlechterkampfbewusste Künstlerinnen wie Bernadette la Hengst, Francoise Cactus oder Sookee in zwölf großformatigen Porträts selbstbestimmt in Szene setzen.
Über guten Geschmack lässt sich – das Sprichwort ist da variabel – entweder nicht oder gut streiten, aber was Anfang voriger Woche den Boulevard (zurück) erobert hat wie anderthalb Jahrzehnte zuvor Deutschland sucht den Superstar, ist jenseits aller Geschmacksfragen eine der ganz großen Tragödien unserer Regenbogenwelt: Daniel Küblböck ist von Bord eines Kreuzfahrtschiffes in den Tod gestürzt und hat damit – freiwillig oder nicht – eine Existenz im Rampenlicht beendet, die in jeder Hinsicht beispiellos war.
Als der androgyne Kindergärtner aus der bayrischen Provinz Dieter Bohlens kühl kalkulierte Fremdschamshow Ende 2002 zum Quotenhit machte, wurde er eher mehr als weniger manipuliert zur Multifunktionschiffre des Trash-Fernsehens damaliger Prägung. Ein Weilchen tingelte der kaum volljährige Paradiesvogel einträglich, aber selbstentblößt im Lichtkegel der Aufmerksamkeitsindustrie umher; dann spuckte sie Daniel Küblböck wie ausgekautes Kaugummiautomatenkaugummi auf den Asphalt der Realität, wo er sich sehr redlich, letztlich aber erfolglos um Seriosität bemühte.
Dass sein Ex-Ausbeuter Bohlen ein eilends vermarktetes Kondolenzvideo mit Spiegelsonnenbrille und „Be one with the Ocean“ auf dem T-Shirt garnierte, ist da noch nicht mal der größte Zynismus einer gewissenlosen Branche. Viel schlimmer ist die ölige Anteilnahme gehässiger Moralschlachtereien von Bild bis RTL, denen das Wohl gestrauchelter Regenbogencharaktere wie Daniel Küblböck in etwa so wichtig ist wie Hans-Georg Maaßen sozialer Frieden im Land. Immerhin – dass der politisch zur Neutralität verpflichtete Verfassungsschutzchef nach seiner Parteiergreifung für Verfassungsfeinde auch vorige Woche noch im medialen Kreuzfeuer stand, ist auch dem Springer-Kampfblatt und seiner Stichwortnehmer vom Privatfernsehen zu verdanken.
Die Frischwoche
17. – 23. September
Den Öffentlich-Rechtlichen ist dagegen zu verdanken, dass einem Werk von außergewöhnlicher Bedeutung erstaunlich viele Bühnen bereitet werden: Wach, das Spielfilmdebüt des früheren Echt-Sängers um zwei Gleichaltrige seiner Teenyband-Zeit, die sich vornehmen, ganz ohne Drogen so lange wie möglich dem Schlaf zu widerstehen, läuft ab heute parallel im ZDF (0.05 Uhr), in deren Mediathek sowie bei Youtube und offenbart mit Alli Neumann und Jana McKinnon nicht nur zwei ungeheuer intensive Schauspielerinnen, sondern die Gewissheit, dass lineares Fernsehen noch immer zur Innovation tauglich ist.
Das lässt sich sogar am glänzenden ARD-Mittwochsfilm ablesen. Alexander Adolphs Biopic Der große Rudolph über den Modemacher Moshammer enthält sich nämlich diverser Standards des Filmporträtgenres und skizziert das Leben nicht von der Wiege bis zur Bahre, sondern verdichtet den blattgoldglitzernden Aberwitz der Münchner Bussi-Gesellschaft vor 30 Jahren in einer fiktiven Zeitspanne von zwei, drei Tagen. Das Ergebnis ist herausragendes TV-Entertainment mit viel Tiefgang unterm ulkigen Mantel der Komödie.
Ganz anders wahrhaftig – rau, derbe, schmerzlich – ist wenige Stunden später das Kino-Drama Zwischen den Jahren (23.30 Uhr, Arte), in dem Peter Kurth als Ex-Knacki, der nach 18 Jahren Haft um Anschluss in Freiheit ringt, weiter am eigenen Denkmal des derzeit vielleicht besten Charakterdarstellers in Deutschland bastelt. Wenn mit dem Tatort ein anderes Monument freiwillig seinen sonst unverrückbaren Sendeplatz hergibt, könnte man ebenfalls Großes erwarten. Raymund Leys Dokudrama Lehman verarbeitet am Sonntag die Bankenkrise vor zehn Jahren allerdings nicht nur wegen des belämmerten Untertitels Gier frisst Herz eher lausig.
Da ist von Netflix – dessen Eigenproduktion Roma von Alfonso Cuarón sensationell den Goldenen Löwen von Venedig gewonnen hat – mehr zu erwarten. Cary Fukunagas Miniserie Maniac zum Beispiel ist ab Freitag allein schon wegen Emma Stone und Jonah Hill als psychisch labile Teilnehmer eines Arzneimittelexperiments, das ihnen die Realität durcheinanderwirbelt, von herausragender Qualität. Ähnliches gilt dokumentarisch auch für das Porträt des Soulsängers Quincy Jones. Und auch das Fantasy-Epos The Outpost verspricht ab Mittwoch auf Sky beste Unterhaltung.
Apropos: Die Wiederholungen der Woche drehen sich diesmal um Giganten der cineastischen Hochkultur. In schwarzweiß zeigt der HR Montag um Mitternacht die Gaunerkomödie Schade, dass du eine Kanaille bist von 1955 mit Sophia Loren und Marcello Mastroianni. Arte dagegen gedenkt knapp vier Stunden zuvor der großen Romy Schneider mit gleich zwei Filmen: Erst Eine einfache Geschichte von 1978, dann das ein Jahr jüngere Gruppenbild mit Dame. Weit jünger und doch gut abgehangen ist der recycelte Münster-Tatort: Der alte Lott von 2005 mit Alexander Held in einer Doppelrolle.
Jedes Zeitalter, jeder Musikstil, jede Band hat Untiefen der scheinbaren Belanglosigkeit, in denen nicht mal CDs von Ricky King ganz versinken. Kuschelrock, Eurodance, Chartspop – es gibt wenig, was aus nichts nicht rein gar nichts machen könnte. Selbst die famosen Beach Boys haben Ende der Achtziger ja ein Lied von so debiler Saftigkeit an die Spitze der Hitparaden gesülzt, dass man beim Hören statt Hirn nur Wachs im Kopf noch spürte. Da ist es schwer zu sagen, ob Orions Belt dieses Wachs nun weiter schmelzen oder nur neu verformen wollte, als das norwegische Duo ins Studio ging, um ein Instrumental-Album aufzunehmen. Es klingt schließlich ein bisschen wie Kokomo auf Ritalin und Koks. Vor allem aber klingt es: Fantastisch.
Øyvind Blomstrøm und Chris Holm, die sonst eher Live-Bands auf Tour begleiten, legen hier ein Debüt von so seifiger Verschrobenheit hin, dass sich die artverwandten Laid Back dagegen anhören wie Garagenpunk im Kellerclub. Mint, so heißt die Platte, vermischt (meist) wortlose Sounds aus den Hintergründen der Musikwelt zu einer umwerfenden Melange schmissiger Melodien. Mal schimmert darin bekiffter Krautrock durch, mal hawaiianischer Strandschlager, oft der Score drittklassiger Actionfilme, alles im Unterton der Ironie, der das analog Dargebotene allerdings nie verächtlich macht, weil stets die Liebe zum Aberwitz im Detail durchblinzelt. Ein irres Erstlingswerk, dem gerne mehr, viel mehr noch folgen dürfen.
Orions Belt – Mint (Jansen Records)
Jungle
Es ist ja nicht so, dass Funk und Soul zwingend der Repertoire-Erweiterung bedürfen. Die Bibliothek ist von der Epochengeburt vor gut 50 Jahren bis tief in die Achtziger hinein so gut sortiert, dass es vermutlich mehr hörbare 7′-Singles aus Motown und Kalifornien gibt als Silben in HipHop und Folkrock zusammen. Dennoch entstehen immer wieder Bands, die dem Genre Innovation abringen. Es begann bei Terence Trent D’Arby, nahm mit Jamiroquai Schwung auf, endete noch lange nicht bei Amy Winehouse und findet gerade im Londoner Kollektiv Jungle seine Fortsetzung – eine schillernde, schlicht unwiderstehliche, seitdem es 2014 half, klassischen Funk und Soul wieder gesellschaftsfähig zu machen.
Gegründet von den Schulfreunden Tom McFarland and Josh Lloyd-Watson schafft es nun auch der Nachfolger des weltweit gefeierten, selbstbetitelten Debüts vor vier Jahren ab Takt eins ins Gemüt der Zuhörer. Wie damals ist Four Ever allerdings kein bloßes Aufwärmen tradierter One-Two-Eleganz früherer Zeiten. Die achtköpfige Band entwickelt erneut einen sehr modernen Stil nostalgischer Disco. Mit hoher Kopfstimme mäandert sie geschickt zwischen Earth Wind & Fire und Pharrell Williams, Soul II Soul oder Kendrick Lamar und schüttet dem Rhythmus schwarzer Musik mit elektronischer Beilage garniert etwas wunderbar Jetziges ins Gestrige.
Jungle – Four Ever (XL Recordings)
BC Camplight
In der Popmusik sollte man Texte meist nicht allzu sehr überbewerten. Falls darin von Liebe, Leid, dem Leben und allem Drumherum die Rede ist, geht es meist weniger um Liebe, Leid, das Leben und allem Drumherum als vielmehr die akkurate Begleitung möglichst eingängiger Melodien. Bei BC Camplight indes lohnt sich ein Blick zwischen die Zeilen ihrer zweiten Platte. Scheinbar ein strukturloses Soundsammelsurium, würfelt Deportation Blues von Swing über New Romantic und Progrock bis modernem Synthiepop acht Jahrzehnte wild durcheinander.
Wenn Brian Christinzio dazu jedoch schmuseweich „Welcome a stranger in you world“ fleht und sodann fragt, wo seine Fröhlichkeit geblieben sei. Wenn er fragend Am I Dead? titelt oder feststellend I’m Desperate. Wenn selbst Sehnsuchtsgewäsch im Kreise disharmonischer Drones seltsam existenziell klingt. Dann vertont das sehr bewusst die Biografie eines depressiven US-Italieners mit Hang zur Drogensucht, der kurz vorm Brexit aus England verwiesen wurde und seither zwischen einer ganzen Reihe halber Heimaten herumirrt. All dies macht Deportation Blues zum Konzeptalbum der inneren Zerrüttung, das mal wie ein Tinnitus klingt, mal wie Brian Ferry auf Ritalin, doch stets betörend und originell.
Dass Daniel Küblböck wohl von einem Kreuzfahrtschiff in den Tod gesprungen ist, beendet ein bizarres Showdasein zwischen Bohlen-Spielzeug und Selbstbehauptung, Plastikpop und Schauspielstudium, DSDS und ARD. Ohne ihn persönlich zu kennen, hatte fast jeder ein sehr präzises Bild von der Frohnatur aus Bayern, und selten war es positiv. Wer Daniel Küblböck allerdings persönlich erlebt hat wie ich vor zwei Jahren, als er für die Nachmittagsdokusoap Verrückt nach Fluss – ausgerechnet – auf einem Kreuzfahrtschiff gelandet ist, konnte einen reflexiven Mann von Anfang 30 erleben, der sich seiner Ziele, Fehler, Chancen, Wahrnehmung sehr bewusst war. Hier ist – als eine Art Nachruf – das Interview von damals.
Interview: Jan Freitag
freitagsmedien: Daniel Küblböck, Sie sind 31 Jahre alt – würden Sie „schon“ oder „erst“ voranstellen?
Daniel Küblböck: (zögert kurz) Ich würde sagen „schon“ 31. Zumal mich viele für älter halten und überrascht sind, dass ich bei DSDS erst 18 war.
Fühlt es sich also 13 Jahre her an oder länger?
Das ist situationsabhängig. Wenn ich wie jetzt grad tief im Schauspielstudium stecke, scheint es eine Ewigkeit her, wenn ich in Ruhe drüber nachdenke wieder nur ein paar Momente. Und in Videos von damals sehe ich eine Naivität, die mir jetzt fremd ist, während die Lebensfreude darin weiter zu mir gehört. Wenn ich nun auf die Bühne will, ist es nicht das Rampenlicht, sondern die Theaterbühne, aber alles was ich heute tue, ist irgendwie von der Zeit geprägt.
Kein Wunder – schließlich haben Sie bereits mit 20 ihre Biografie geschrieben!
Mit 18 sogar, aber ich hatte ja damals auch schon mehr erlebt als viele Gleichaltrige.
Fiele die Betrachtung ihrer Jugend anders aus, wenn Sie sie zehn Jahre später nochmals beschreiben würden?
Das Kapitel vor DSDS wäre bedeutend kürzer, weil es damals noch viel aktueller war und ich mit privaten Rückschlägen jener Zeit heute defensiver umginge. Außerdem wäre der Teil im Verhältnis natürlich kürzer, weil ich zwischendurch wieder viel erlebt habe.
Haben Sie im Rückblick alles richtig gemacht?
Um das bewerten zu können, müssen mindestens nochmals 13 Jahre vergehen.
Anders gefragt: Haben Sie irgendwas bereut?
Bereuen klingt so pathetisch. Natürlich hätte ich manches anders gemacht, aber alles hat dazu beigetragen, was für ein Mensch ich heute bin. Selbst der Gurkenlastunfall ohne Führerschein, von dem vielleicht niemand erfahren hätte, wenn die CSU an dem Tag nicht in der Nähe ihren Parteitag gehabt hätte, gehört halt dazu. Und wenn man bedenkt, dass die Tagesschau darüber berichtet hat, scheint es ja seinen Sinn gehabt zu haben.
Ohne DSDS wären Sie aber vermutlich Erzieher geblieben, statt wie jetzt Schauspieler zu werden oder?
Auf jeden Fall, zuvor war die Bühne keine Option. Aber wie da wir in die Öffentlichkeit geworfen wurden, das war schon gewaltig. Heute kennt man von den Kandidaten sogar während der Shows nicht mal die Namen; damals hatte ich als Drittplatzierter Nr-1-Hits – davon können die heute doch nur träumen. Trotzdem war es kein grader Weg zum Schauspiel. Ich hatte kurz darauf Anfragen, die ich zum Glück ausgeschlagen habe, weil ich nicht vom Fach war. Schauspiel war vorher jedenfalls kein Jugendtraum von mir, ich wollte mit Kindern arbeiten. Aber die DSDS-Bühne hat in mir den Wunsch erzeugt, dieses Handwerk wirklich zu lernen. In zwei Jahren bin ich mit dem Studium fertig, dann müssen wir mal sehen.
Ist die Moderation von Verrückt nach Fluss da Teil deines Weges oder ein Abzweig?
Definitiv Abzweig. Ich musste den Schulleiter fragen, ob ich die Zeit zum Drehen freikriege. Er fragte mich dann, für welchen Sender das sei, und als ich ARD sagte, meinte er okay, solange es nicht RTL ist… Ich selber habe das aber gar nicht als Arbeit empfunden, ehr als Tapetenwechsel, zumal ein Teil dieser Flussfahrt durch meine Heimat führt.
Ansonsten reizt sie die Kamera nicht mehr?
Nein. Obwohl mich an diesem Format überzeugt hat, dass verglichen mit RTL wenig gestellt wird, und man etwas über Geschichte erfährt, zum Beispiel, wie nah vor meiner Haustür der Jugoslawien-Krieg stattgefunden hat.
Wen hat die ARD in Ihnen gebucht – den alten DSDS-Daniel oder den neuen Küblböck?
Tja, wenn ich mir das „Verrückt“ im Titel anschaue, hatten die wohl doch auch das Klischee von mir im Hinterkopf, so rein marketingstrategisch.
Der Sender kündigt Sie als „eine der schrillsten Figuren des jungen Jahrtausends“ an.
Ach, ich habe ja auch mit 31 noch meine schrillen Momente, das stört mich gar nicht groß. Und in Deutschland gilt man halt schon als schrill, wenn man schwer einzuordnen ist.
Besonders, wenn man schwul ist…
Ich bin zwar eher bi, aber es stimmt schon – bei dieser Gleichung schwingt Homophobie mit.
Waren Sie damals in Ihrer schrillen Androgynität wirklich Sie selbst oder ein Konstrukt, das RTL aus Ihnen gemacht hat?
Ich glaube, dass alles, was für eine solche Bühne gemacht wird, mehr oder weniger inszeniert wird. Das ist auf seriösen Sprechbühnen nicht anders. So gesehen war auch ich in Teilen eine Kunstfigur, was ich mit 18 Jahren bestimmt nicht immer gemerkt habe und von RTL ziemlich schamlos ausgenutzt wurde. Aber so funktioniert das Geschäft, ich wär mit jemandem wie mir als Sender wohl nicht anders umgegangen. Sie hätten mal meinen Stylisten erleben sollen, wie froh der war, sich mal an einem wie mir austoben zu dürfen; das war schon auch lustig.
Waren Sie dennoch stets das Subjekt Ihres Handelns oder in gewisser Weise Objekt anderer, um nicht Opfer zu sagen?
Als funktionierende Medienfigur bist du – gerade in dem Alter – immer ein Objekt, gar Opfer. Das beginnt ja schon damit, was alles hineinprojiziert wird, worauf man keinen Einfluss hat. Jedes Bild, das an die Öffentlichkeit gerät, ist manipulierbar. Nehmen Sie die ARD-Doku: Da müsste man nur in der Bildunterschrift „vor dem“ durch „vor seinem“ Schiff ersetzen, schon wäre alles am Foto anders. Jeder will doch sehen, was er will, das macht uns alle zum Objekt.
Sind Sie das heute weniger als früher?
Definitiv!
Haben Sie da zum Abschied noch ein Grußwort an Dieter Bohlen?
Nö. Wir haben uns damals auf einer reinen Geschäftsebene getroffen, von der wir beide profitiert haben. Das Bohlen-Thema nervt.
Die funk-Serie Straight Family (Foto: funk/Pagozdi) mag raspelkurz, günstig gedreht und dann auch noch fürs Internet gemacht sein – selten zuvor jedoch wurde so lässig mit dem Thema Homosexualität unterhalten wie im dreiviertelstündigen Fünfteiler um zwei queere Geschwister in Berlin.
Von Jan Freitag
Auf dem Acker des Fernsehens sind sorgsame Bauern nach wie vor rar. Die meisten tränken ihr Feld ja weiter so intensiv mit den Pestiziden der Uniformität, dass außer Standardgewächsen nur wenig gedeiht. Inhaltlich führt das zur Monokultur aus Krimi, Familiendrama, Krimi, Familienkomödie, Krimi, Familienschnulze, Krimi und alles mit Arzt; personell werden Charaktere jenseits des Mainstreams selbst von den Nebenflüssen penetrant ins Grundwasser abgeleitet. Zum Beispiel Homosexuelle.
Heutzutage mit dem Kürzel LGBTQ erweitert, gibt es besonders im hiesigen Film & Fernsehen schließlich noch immer vor allem drei Arten der Abweichung von unserer heterosexuellen Norm: Lederschwule und Federtunten, Kampf- oder Modellesben. Sie alle kommen in der Realität vor, sie alle haben daher auch fiktional ihre Daseinsberechtigung, weil sie alle jedoch nur Varianten dieser facettenreichen Subkultur sind, fehlt zumeist, was ihr Gros ausmacht: Eher gewöhnliche Menschen mit einer eher ungewöhnlichen sexuellen Identität.
Schon deshalb ist das, was ab heute auf dem öffentlich-rechtlichen Jugendkanal funk läuft, von großer Relevanz im ganz Kleinen: Die Webserie Straight Family zeigt fünf Kurzepisoden lang eine Schar homosexueller Serienfiguren, die nicht nur bemerkenswert glaubhaft sind, sondern mehr noch: nahezu frei von Klischees. Schon die allererste Szene ist zumindest aus deutscher Produktion ein Novum: Im Großraumabteil nimmt die weibliche Hauptfigur Lara (Luise Helm) Augenkontakt zu einer Fremden auf und folgt ihr ans Ende des Zuges, wo beide heftig miteinander fummeln – und zwar weder, um irgendeine Form von Voyeurismus zu bedienen, noch als Vorspiel einer Problemlage unterdrückter Randgruppen.
Bevor der One-Night-Stand richtig Fahrt aufnimmt, findet sich die angenehm unprätentiöse Lara bei ihrem ebenso herkömmlichen Bruder Leo (Ben Münchow) wieder, der die Bier-Kneipe seiner Großmutter (Us Conradi) in eine Queer-Kneipe verwandelt hat. Und hier beginnt ein Problem, dass der Serie absolut zum Vorteil gerät: Mitbesitzer Mehmet (Armin Wahedi) nämlich ist nicht nur Leos Geschäfts-, sondern auch Liebespartner, wovon die konservative Oma als Besitzerin des Ladens nichts wissen, weshalb sich Leo partout nicht outet.
Die Folge ist ein verbissener Kampf um Würde ohne Wahrheit, der dem Wahnsinn bisweilen recht nahe kommt. Wie in der baugleichen ZDF-Serie Just push Abuba, ist Straight Family daher voll überdrehter Momente, in denen sich die kaum zehnminütigen Low-Budget-Miniaturen zu maximal ulkigen Milieustudien auftürmen. Mal wird unterm Gastraum psychedelischer Schnaps gebraut, mal tanzt die homophobe Austauschschülerin dazu auf dem Tisch, meist guckt die 90-Jährige Magda dazu überdreht aus der Berliner Schnauze, doch nie kommt der Verdacht auf, die vier Nachwuchsregisseure der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) würden das Drehbuch des siebenköpfigen Writer’s Rooms dazu missbrauchen, wohlfeile Botschaften über Gleichberechtigung, Emanzipation oder noch schlimmer: Toleranz unters Netzpublikum prügeln.
Homosexuelle dürfen einfach Homosexuelle sein, deren Homosexualität gesellschaftlich zwar nach wie vor problematisiert wird, privat aber nur ein Aspekt unter vielen großstädtisch prekärer Existenzen ist. Und das hat Straight Family vielem voraus, was queere Lebensentwürfe fiktional behandelt. Seit sich der Bayrische Rundfunk 1977 aus Wolfgang Petersens Schwulendrama Die Konsequenz geklinkt hat und zehn Jahre darauf in der Lindenstraße erstmals die Zunge bei einem gleichgeschlechtlichen Kuss zum Einsatz kam, mag die Zahl queerer Charaktere zunächst langsam, dann zügig gestiegen sein; ihre Funktion bleibt nicht nur am Bildschirm dramaturgisch aufgebläht. Edgar Selge mochte zuletzt als verkappt schwuler Prediger einer freichristlichen Gemeinde im ARD-Film So auf Erden ein sensationelles Coming-Out feiern. Und wie Ina Weisse im Melodram Ich will dich! zwei Jahre zuvor einer vergleichsweise guten Ehe ins lesbische Abenteuer entflieht, war frei von der Enge früherer Stoffe.
Doch einfach nur schwul, geschweige denn lesbisch sein – das ist bis heute allenfalls made in USA die Regel, wo Serien wie Will & Grace und The L-Word oder zuletzt Banana zwar das Vorurteil von der eleganten Libertinage Andersliebender mit gutem Auskommen und Geschmack verfestigen; hierzulande dagegen muss sich fast jedes Format abschließend entscheiden, ob es bierernst oder ulkig ist, also eher Fremdschamfutter wie die Culture-Clash-Comedy Andersrum oder Mitfühlstoff wie das Kinodrama Freier Fall um zwei schwule Polizisten. Kein Wunder, dass die lesbische Schauspielerin Ulrike Folkerts seit 67 Tatorten auf so etwas wie ein funktionierendes Liebesleben wartet.
In diesem Umfeld wirkt Straight Familiy wie eine Frischzellenkur. Wenn der Schwule Fußballfan ist, sein Freund Türke und die Schwester ganz nebenbei auf Frauen steht, wird das Außergewöhnliche unterhaltsam alltäglich. Trotzdem bitten die Darsteller zwischen den Folgen, online mitzudiskutieren. So verbreitet Homosexualität am Bildschirm ist – davor dreht sich die Uhr der Emanzipation ja gerade wieder zurück. Auch darum verleiht ihr die Serie im Dialog Normalität. „Wie war‘s…“, treibt Leo mit Lara Smalltalk. „In Neuseeland?“, vervollständigt sie den Satz, fügt „ist schon so, wie alle sagen: grün, weit, schön“ hinzu und ergänzt rotzig: „Wenn irgendwat perfekt ist, kommt bei mir immer’n bisschen Kotze hoch.“ Mit Homosexualität hat das erstmal wenig zu tun, mit guten Drehbüchern sehr, sehr viel.
Die Lügenpresse also, schon wieder die. Als Michael Kretschmer vorigen Mittwoch medienwirksam meinte, es habe in Chemnitz „keinen Mob, keine Hetzjagd, kein Pogrom“ gegeben, musste er den altrechten Kampfbegriff neurechter Populisten zwar nicht explizit aussprechen; dramaturgisch allerdings befand sich Sachsens Ministerpräsident auch ohne das böse L-Wort voll der Seite jener, die eine ostdeutsche Stadt stundenlang zur national besetzten Zone gemacht hatten. Und dann sprang dem – man muss das an dieser Stelle kurz erwähnen: CDU-Mitglied auch noch der oberste Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen zur Seite und behauptete bar jeder tieferen Erkenntnis, die Authentizität des längst berühmten Hase-Videos sei ebenso wenig bestätigt wie Hetzjageden.
Unabhängig davon, dass Hetzjagd ein juristisch undefinierter Begriff ist und niemand ernstlich von Pogrom, sondern allenfalls der zugehörigen Stimmung gesprochen hat, fehlt da eigentlich nur noch die Beteuerung, es habe weder Angriffe auf Reporter noch Hitlergrüße gegeben. Im Wahlkampf um die Deutungshoheit des Konservativen, muss man „Lügenpresse“ eben schon längst nicht mehr in den Mund nehmen, um damit Machtpolitik zu betreiben. Der gesellschaftliche Diskurs, das zeigen die Tage von Chemnitz aufs Neue, dreht sich zusehends weniger um Inhalte als Symbole, geredet wird nur noch über-, statt miteinander. Und das wird besonders dort deutlich, wo die Debattenkultur bereits zwei, drei Eskalationsstufen verrohter ist als hierzulande.
In den USA hat David Remnick, furchtloser Chef der New York Times, Steve Bannon, sinistrer Chef aller Verschwörungstheoretiker, zum Dialog aufs jährliche Festival seiner Zeitung gebeten. Doch weil viele Besucher die Anwesenheit desjenigen ablehnen, der die Welt erklärtermaßen ins rechtspopulistische Chaos stürzen will, wurde er wieder ausgeladen. Das jedoch ist noch viel, viel schlimmer, als ihm Auge in Auge Argumente entgegenzusetzen – was wohl niemand besser könnte als der versierte Interview-Profi Remnick.
Außer vielleicht Ellen DeGeneres. Streitlustig stellt sich die Moderatorin seit jeher in den Sturm des kommunikativen Durcheinanders. Nach 15 Jahren Abstinenz von ihrem Kernmetier Stand-up kehrt sie nun endlich zurück auf die Witzbühne. Und dass es ausgerechnet Netflix ist, das sie ihr am 15. Dezember bereitet, spricht abermals Bände über die Entwicklung im linearen Fernsehen. Die zwei spannendsten Formate der Woche sind daher im Grunde längst Digitalprodukte.
Die Frischwoche
10. – 16. September
Heute zeigt der BR die Netzserie Servus Baby über eine Frau Anfang 30 auf der Suche nach Sinn und Glück um 20.15 Uhr am Stück, dürfte damit aber trotz der guten Sendezeit ähnlich verheerende Quoten einfahren wie die grandiose Provinz-Satire Hindafing. Und die Kurzfilm-Serie Straight Family ist zwar das Beste, was im öffentlich-rechtlichen Auftrag zum Thema Homosexualität gedreht wurde, läuft ab Dienstag aber auf dem Youtube-Channel funk.
Die Muttersender pflegen derweil ihre Kernkompetenzen. Am Sonntag zeigt das Berliner Tatort-Team Meret Becker/Mark Waschke im neuen Fall Tiere der Großstadt endlich, was in ihm steckt. Im ARD-Mittwochsfilm Toulouse sorgt der österreichische Regie-Berserker David Schalko dafür, dass sein Kammerspiel um Matthias Brandt als Lover seiner Ex-Frau (Catrin Striebeck), dessen Alibi durch einen Terror-Anschlag buchstäblich in sich zusammenbricht, zu herausragender Unterhaltung gerät. Immerhin solide ist Der Fall K., in dem das ZDF heute das Schicksal des real existierenden Psychiatrie-Opfers Gustl Mollath mit Jan Josef Liefers nachstellt.
Während RTL ab Donnerstag seine Endlos-Explosion Cobra 11 mit der 33. Staffel im 22. Jahr elf Folgen lang fortsetzt, schärft Arte sein Profil als Ort umfassender Dokumentationen. In Krieg der Träume führt Regisseur Jan Peter den Erfolg seiner gefeierten Analyse des Ersten Weltkriegs anhand von 14 Tagebüchern verschiedener Protagonisten Richtung Zweiter Weltkrieg fort. Der Achtteiler zeigt damit einerseits, wie heiß die Zwischenkriegszeit jener Jahre war. Andererseits ist er ein warnendes Beispiel für die Gefahr, in der sich unserer Demokratie auch heute befindet – was 3sat zeitgleich zum Staffel-Finale am Mittwoch durch die Dokus Wie antisemitisch ist Deutschland? und Die rechte Welle belegt.
Am Ende der Folgen 4-6 beleuchtet das Erste dagegen, wie sich das Internet gegen digitale Gegner zur Wehr setzt. Im Schatten der Netzwelt begibt sich am Dienstag um 22.45 Uhr nach Manila, wo The Cleaners soziale Plattformen wie Facebook für Hungerlöhne vom Dreck der Hater, Trolle, Neonazis bereinigen. Arte zeigt derweil Donnerstag um 22 Uhr das Mediendrama Die Lügen der Sieger mit Florian David Fitz als Enthüllungsjournalist im Kampf mit den eigenen Berichtsobjekten. Die Wiederholungen der Woche sind dagegen von großer Leichtigkeit. In Claude Sautets Liebeskomödie César und Rosalie von 1972 zeigt sich Romy Schneider Sonntag (20.15 Uhr, Arte) von ungewohnt heiterer Seite. Federico Fellinis La Dolce Vita war zwölf Jahre zuvor ohnehin Inbegriff dessen, was der Titel verheißt. Und Tills Schweigers Tatort-Premiere als Nick Tschiller (Montag, 21.45 Uhr, HR) hatte unfreiwillig den Tiefgang von Balsaholz und war schon deshalb saukomisch.