Medienprodukte & Nummerndetektive

Die Gebrauchtwoche

TV

18. – 24. September

Medien sind Menschenprodukte. Umgekehrt sind Menschen aber auch Medienprodukte. Wozu beides führt, ließ sich Donnerstag gut am Beispiel Rupert Murdochs ablesen, der im Greisenalter von 92 Jahren die Herrschaft über sein Zeitungs- und Fernsehimperium an seinen Sohn übergab – nur leider nicht an den liberalen James, sondern den reaktionären Lachlan, dessen Weltbild fraglos in Papas Blätterwald radikalisiert wurde.

Wenn er des Deutschen mächtig wäre, hätte aber auch die Weltwoche Einfluss auf den Thronfolger gehabt, das schweizvölkische Kampfblatt des Obersturmbannführer-Doubles Roger Köppel, der es digital ins 1000jährige Reich exportieren will, also nordwärts, wo die Gossip-Spalten des Kölner Express von einer nimmermüden Netzreporterin namens Klara Indernach gefüllt werden. Und ihre Initialen deuten an, um welche Daseinsform es sich dabei handelt. Gut, dass es Journalisten aus Fleisch & Blut wie Matthias Killing gibt.

Als der Blut-und-Boden-Barde Heino im Sat1-Frühstücksfernsehen gegens Gendern wetterte („den‘ ham’se ins Gehirn geschissen“) und Nazi-Lieder pries („ich werd‘ weiter Lustig ist das Zigeunerleben singen“), hat ihm der Moderator klar wider… – ach nee: Er drückte ihm nur feste die Daumen. Was so peinlicher war wie die Verwechslung des Reichstags mit einer georgischen Kuppel in der neuen CDU-Kampagne, deren Leitfarbe kaum zufällig nun ins Blaue changiert, wie uns das aktuelle ZDF Magazin Royale plausibel macht.

Da es Accounts Jugendlicher öffentlich gestellt hat, muss TikTok derweil 345 Millionen Euro Strafe an die EU zahlen. Weil Abertausende von Fans Soli-Abos der schlingernden Satire-Magazine Titanic und Katapult gekauft haben, sind beide vorerst gerettet. Und der rasend nette Sascha Schwingel beerbt den rasend netteren Nico Hofmann als CEO der Ufa, die letzterer jedoch weiter im Aufsichtsrat beobachtet. Viel los auf der Medienführungsebene.

Die Frischwoche

0-Frischwoche

25. September – 1. Oktober

Weniger los ist dagegen dort, wo sie Teile ihrer Arbeit erledigen: im Film- und Streamingprogramm. Es zählt daher zu den Top-News dieser Woche, dass am Freitag eine ZDF-Institution Abschied nimmt, wenn auch von heiterer Belanglosigkeit: Nach fast 27 Jahren geht das Boulevardmagazin Leute heute am Freitag vom Sender, anfangs immerhin von der seriösen Nina Ruge moderiert, zuletzt nur noch, na ja – irgendwie egal.

Fernsehhistorisch von ähnlicher Bedeutung, aber nicht totzukriegen sind die Sonntagsschnulzen von Inga Lindström an gleicher Stelle, die zwei Tage drauf zum 100. Mal Herzen bricht und wieder kittet. Letzteres steht nicht zu befürchten, wenn Annette Frier und Christoph Maria Herbst (wieder im Zweiten) am Donnerstag die vierte Runde im Scheidungskrieg Merz gegen Merz einläuten.

Ebenfalls zur 4. Staffel lädt die Sky-Serie Babylon Berlin ab Sonntag im Ersten. Allerdings zum letzten Mal. Schließlich hat das Bezahl-Portal angekündigt, keine deutsche Fiktion mehr zu kreieren. Ein herber Schlag fürs öffentlich-rechtliche Programm, das Premium-Produkte wie das historisch unterhaltsame Zwischenkriegs-Epos – auf der Zeitachse grad im Straßenkampfjahr 1931 angekommen und entsprechend voller Hakenkreuzfahnen – kaum alleine stemmen dürfte.

Was Sky hingegen weiter bezahlt sind Lizenzen des NBC-Krimikanals 13th Street wie die Detektiv-Serie So Help Me Todd (Dienstag), in den USA ziemlich erfolgreich. Grenzenlose Mittel hat dank Amazon im Rücken auch Prime Video, das sein Spin-Off Gen V der erfolgreichem Superhelden-Serien The Boys (ab Freitag) per Kaffeekasse finanziert, woraus auch Netflix seine Real Crime Der Mord an Jill Dando (Dienstag) über die 1996 ermordete US-Journalistin zahlen dürfte.

Das Wochenfilet aber ist schwedisch. Eine unehrenhaft entlassene Staatsanwältin bedient sich der Hilfe eines genialen Flüchtlings mit Fotogedächtnis, um dank der Lösung eines kniffligen Entführungsfalles Sonntag in der ZDF-Mediathek ihren Job wiederzukriegen. Das Besondere an Detective No. 24 ist dabei weniger die weibliche Sherlock-Holmes-Variation, sondern der schwarze Humor, mit dem sechs Teile gesellschaftlich heiße Themen von Rassismus bis Populismus behandeln, ohne falsche Rücksichten zu nehmen.



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