Förderprogramme & Margot Friedländer
Posted: November 6, 2023 Filed under: Uncategorized Leave a commentDie Gebrauchtwoche
30. Oktober – 5. November
Die Entscheidung der ARD ist gefallen: Weil der FC Bayern am Mittwoch in einem denkbar öden Pokalkick kurz vor Schluss ausgeschieden ist, überträgt sie am 5. und 6. Dezember keine der Achtelfinal-Partien. Wie Sportschau-Chef Karl Valks mitteilt, wolle man ausschließlich Münchner Spiele zeigen, selbst wenn sie ereignislos und langweilig seien, „sonst kriegen wir Ärger mit Uli Hoeneß“.
Okay, das Zitat ist erfunden oder könnte einer KI entstammen, die fünf Jahrzehnte Fußball-Übertragungen ausgewertet und dabei das gebührenfinanzierte Förderprogramm für den Serienmeister herausgefunden hat, demzufolge natürlich auch das – bis zur 96 Minute völlig einseitige – Match in Saarbrücken gezeigt wurde, während sportlich originellere wie Dortmund – Hoffenheim oder St. Pauli Schalke keine Extra-Kohle aus Köln wert waren.
Und damit zur Politik, die mit Fußball meist nur zu tun hat, wenn die Fifa mal wieder ihre gierigen Finger ausstreckt. Der Rest? Ist Schweigen. Ein Schweigen, dass Deniz Yücel zu Recht für alle einfordert, die nicht bereit sind, sich öffentlich zu äußern, womit der PEN-Vize auf die Hamas-Attacken am 7. Oktober anspielt. Was er nicht sagt: wie laut das (auch und grad linke) Schweigen über den islamistischen Terror verglichen mit dem globalen Protest gegen Israels Selbstverteidigung ist.
Ein Brüllen, dass zum Glück mehrere US-Film- und Fernsehgewerkschaften anprangern. Was nochmals verdeutlicht, wie leise Deutschlands Kreative diesbezüglich bleiben. Die einzig gute Nachricht daher zum Schluss: Seit Elon Musks Übernahme hat sich der Wert von Twitter aka X auf weniger als 19 Milliarden Euro praktisch halbiert, was immer noch 18,99 Milliarden zu viel sind, aber immerhin.
Die Frischwoche
6. – 12. November
Immerhin Hoffnung auf bessere Zeiten macht Margot Friedländer, der das ZDF am Dienstag sein beeindruckendes Dokudrama Ich bin! zum 102. Geburtstag schenkt – und damit uns allen. Das realfiktionale Leben der Holocaust-Überlebenden eignet sich geradezu perfekt als filmisches Monument, wie man dem Bösen trotzt, ohne jemals wütend zu werden. Herzlichen Glückwunsch!
Den wir hier ausdrücklich nicht die ARD aussprechen. Denn wo Showrunnern Michaela Taschek die ausgezeichnete Brigitte Hobmeier da ab Donnerstag zunächst in der Arte-Mediathek reinquatschen konnte, das ist mit Theaterdonner noch naturalistisch umschrieben. Im Mystery-Thriller Schnee spielt sie eine Wiener Ärztin, die in düstere Vergangenheitsbewältigungen eines Tiroler Skigebiets mit Umweltschutz-Ärger gerät. Das strotzt sechs zähe Folgen so düster vor Effekthascherei, dass man sich zum Retreat in eine 100-Watt-Birne wünscht.
Dann doch lieber die günstiger produzierte ARD-Online-Serie Wer wir sind mit Lea Drinda als Umweltaktivistin, die Freitag in einen Strudel aus politischer Radikalisierung und Racial Profiling gerät. Das ist nicht nur schauspielerisch, sondern auch thematisch intelligenter als (wenngleich nicht halb so opulent kostümiert wie) die Apple-Serie The Buccaneers um heiratswütige Damen in der englischen Upper-Class des 19. Jahrhunderts, die ab Mittwoch sehr offensichtlich an Bridgerton erinnert.
Was sonst noch bemerkenswert werden könnte: Der großartige Michael Fassbender als Titelfigur im Netflix-Thriller The Killer ab Freitag. Parallel bei Neo das achtteilige belgische Medical-Drama Sense of Tumor aus Belgien, das also ebenso wie Mit Herz und Holly am ZDF-Sonntag im medizinischen Fiktionsfach spielt. Oder Nadja Uhl als Die Jägerin ähnlich Krimineller tags drauf in der ZDF-Mediathek.
Bereits Mittwoch startet ein vierteiliges Netflix-Porträt von Robbie Williams. Und irgendwie bisschen außer Konkurrenz sachlich bewertbarer Formate: Good Luck Guys, eine Art 7 vs. Wild für Reality-Weltstars wie Aurelia Lamprecht, Dominik Brcic oder Zoe Saip, die bei joyn in karibische Container ziehen, also Big Brother vermutlich näher sind als echter Herausforderung.

