Os Barbapapas, MMHT, Danny Brown
Posted: November 18, 2023 | Author: Jan Freitag | Filed under: 5 freitagsmusik |Leave a commentOs Barbapapas
Man fragt sich ja gelegentlich, etwa beim Zappen durch Kulturradios, warum klassische Musik immer und immer und immer noch wiedergekäut wird, hundertjähriges Zeug, tausendfach interpretiert, Beethovens 9. zum 9999. Mal. Oder Jazz, für Eingeweihte vielschichtig, für Außenstehende eintönig, für Os Barbapapas ein Quell vielschichtiger Klassik, die alles andere als wiedergekäut klingt. Im Gegenteil.
https://www.youtube.com/watch?v=FwmdAqfSpng
Denn das selbsternannte “Tropicalia-Space Age-Jazz-Quartett” aus São Paulo entlockt seinem Fachgebiet Harmonien und Töne, die nostalgisch und futuristisch klingen, ohne jetzt gleich Spinett mit Techno zu unterlegen. Enigma ist eher afrikanisch angehauchter Spelunken-Soul mit Marimba und Glasharfe, der nach Schwarzweißfilmmusik klingt, aber nicht zuletzt dank Barbara Mucciollos fantastischem Schlagzeug auf jede Festivalnebenbühne passt.
Os Barbapapas – Enigma (Fun in the Church)
MMTH
Ostfriesland ist nicht grad die Keimzelle kultivierter Kunst. Scooter kommt von der Nordsee oder Otto, ansonsten Krabbenpuler, Nutzvieh, Sturmböen, aber flächenbasierter Garagenrock, der es spielend mit den bayerischen Vorbildern Slut oder Instrument aufnehmen kann? Genau das schaffen MMTH und wirken dabei zu keiner Zeit so bemüht wie viele Provinzkapellen, die es partout aus dem Schatten der Großstadt schaffen wollen.
Das zweite Album Infinite Heights, das englische Texte andeutet, aber strikt instrumental bleibt, scheppert sich durchs Labyrinth krautumwucherter Endlosgänge und legt es mit Gitarrenteppichen von virtuos breiiger Knotendichte aus. Kein Wunder, dass die Platte nur sechs Stücke enthält, denn jedes davon walzt so kraftstrotzend um sich selbst, dass die 31 Minuten wie drei Stunden klingen und dabei kurzweilig sind.
MMHT – Infinite Heights (Poly Unique)
Danny Brown
Kurzweilig, das trifft es auch für Danny Brown. Zehn Jahre nach seiner ersten Platte, seinerzeit zu einem der besten HipHop-Debüts ever gewählt, versagt sich der Rapper aus Michigan zugunsten unbedingter Kreativität noch immer jedem Mainstream-Appeal. Und das ist auch auf dem siebten Album Quaranta oft hart an der Grenze des Erträglichen, bleibt aber dennoch so furios, dass man den Mund kaum zukriegt.
Mit blecherner Angriffsstimme peitscht der 42-Jährige seine Verachtung für alles Gewöhnliche durch elf Tracks von ausgesuchter Unzugänglichkeit, die den Gesang wie sonst selten heutzutage ins Zentrum stellt und dennoch Rundreisen durch Musikstile aller Art unternehmen. Jazz vor allem, der sich nicht zu ernst nimmt und dennoch filigran ist. Bisschen wenig Bass manchmal vielleicht, aber das gleicht Quaranta durch Frickelei aus.
Danny Brown – Quaranta (Warp)