Presseratschläge & Weihnachtsabenteuer

Die Gebrauchtwoche

4. – 10. Dezember

Respekt, Hubert Aiwanger. Nachdem der Presserat sämtliche Vorwürfe gegen die Süddeutsche Zeitung wegen publizistisch unsauberer, womöglich gar falscher Berichterstattung zum Stapel Nazi-Propaganda im Schulranzen des späteren Vize-Ministerpräsidenten Bayerns abgewiesen hatte, nahm der Hubsi, wie ihn seine Fans nur nennen, den Vorwurf einer Schmutzkampagne zurück und zollte dem liberalen Blatt…

Ach nee.

Seit das Selbstkontrollgremium deutscher Medien zwar wie immer zahllose Rügen an Springer-Blätter ausgesprochen, deren Münchner Qualitätskonkurrenz allerdings freigesprochen hatte, kam exakt – nichts. Kein Kommentar, kein Einlenken, geschweige denn eine Entschuldigung, also nullkommanull Abrücken vom demokratiezersetzenden Konfrontationskurs des regierenden Rechtspopulisten aus Rottenburg an der Laaber.

Den publizierenden Rechtspopulisten von Welt.de war es dagegen mindestens herzlich egal, tendenziell sogar sehr recht, dass Carola Rackete dort aufs Übelste verunglimpft wurde. Selbst die widerlichen Kommentare übers Äußere der linken Seenotretterin wurden nicht gelöscht. Dass der Presserat auch Bild.de mit Verurteilungen überhäufte, empfindet Springer indes als Ritterschlag im Kampf gegen Demokratie und Pluralismus.

Im Kampf um die absolute Alleinherrschaft im europäischen Fußball, ist die Premier League derweil einen Schritt weitergekommen. Bis 2027 erhält die erste englische Liga künftig pro Saison knapp zwei Milliarden Euro für die Fernsehrechte, ungefähr das Doppelte der Bundesliga. Und die Auslandsvermarktung – vorzugsweise im Duett mit Diktaturen aller Art – trägt nochmals die Hälfte bei. Sport war gestern. Es lebe das Fußball-Business.

Die Frischwoche

11. – 17. Dezember

Dessen Manager noch mal kurz die letzten Spiele vor der Winterpause austragen, bevor sie das Podium voll und ganz dem Wintersportgeschäft überlassen. Motorsport gibt es zwischendurch auch noch, wenngleich vor allem als Rückblick: In Being Michael Schumacher lässt die ARD-Mediathek ab Donnerstag fünf Folgen lang das Leben des klimaschädlichen Multimillionärs Revue passieren, als wäre absolut alles an ihm liebenswert.

Das ist es nicht, aber auch ein bisschen egal, da sich selbst Macker mit Benzin im Blut mangels deutscher Erfolge nur noch am Rande für haltungsstarke Autoraser wie Schumi interessieren. Außerdem rücken die Festtage näher. Mit einer Überraschung: die ARD-Komödie Abenteuer Weihnachten, das ein Starensemble um Maria Furtwängler und Juergen Maurer ab Mittwoch im Chaos zerstrittener Eltern schreddert, was trotz aller Klischees bisweilen tief gründet.

Stereotypen, die Jan Georg Schüttes Improvisationsbrigade beim Fest der Liebe Mittwoch auf gleicher Plattform vier Teile lang realsatirisch überzeichnet. Linear läuft parallel Dominik Grafs Familiendrama Mein Falke, worin Anne Ratte Polle nach Drehbüchern von Beate Langmaack ihre Beziehungsunfähigkeit mit einem Greifvogel aufzuarbeiten versucht. In seiner Ereignislosigkeit einfach nur brillantes Fernsehen.

Und während das Netflix-Sequel der Knetfiguren-Reihe Chicken Run oder die Apple-Serie The Family Plan mit Mark Wahlberg als Ex-Killer mit Kind-und-Kegel-Existenz konventionellere Kost liefern, verdienen drei deutsche Formate erhöhte Aufmerksamkeit. In der Mockumentary Olaf Jagger entdeckt Olaf Schubert, dass er der uneheliche Sohn des Stones-Sängers ist, was auf die pullundrige Art des Comedians ab Sonntag bei Magenta TV sehr, sehr lustig ist.

Zeitgleich startet Sarah Bosetti abends bei 3sat in die zweite Folge ihrer Late Night, deren Auftakt vier Wochen zuvor ungeheuer verheißungsvoll war. Und keinesfalls verpassen sollte man(n) die ARD-Doku Mythos Jungfernhäutchen am Mittwoch, die das Hymen genannte Schleimzeug im Innern der Frau analog zur MFG-Star-Gewinnern ELAHA als Erfindung patriarchaler Machtverhältnisse entlarvt.



Leave a comment

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.