Höckes Mett & Artes Kant
Posted: April 16, 2024 | Author: Jan Freitag | Filed under: 1 montagsfernsehen |Leave a commentDie Gebrauchtwoche
8. – 14. April
Die Nachricht der Medienwoche ist, dass – nein, nicht Olaf Scholz nun TikTok nutzt und gleich mal vorführt, was er in seiner Aktentasche hat. Die Breaking News besteht eher in der gleichermaßen naheliegenden und überraschenden Erkenntnis, dass Björn Höcke ein brauner Schaumschläger ist. In den knapp zehn Jahren seiner rechtsextremistischen Selbstdämonisierung dachte man ja lange, er sei zu gerissen für Selbstentlarvung.
Im Zwiegespräch mit dem Thüringer CDU-Fraktionschef Mario Voigt allerdings ist die westfälische AfD-Pumpgun zur Luftpumpe geworden. Man mag an Voigts Eigen-PR via Welt TV am Freitag alles Mögliche kritisieren: Dass Ministerpräsident Bodo Ramelow nicht dabei war. Dass über Mettbrötchen gestritten wurde. Dass man Nazis nicht entzaubern kann, weil ihre Fans nun mal ausschließlich an Magie glauben.
Tatsache aber bleibt: AfD-Verantwortliche sind auch in den Studios von ARZDF häufiger zu Gast. Und am Ende dieser Einladung stand Björn Höcke als blaubrauner Wüterich bar nennenswerter Argumente da, dem unter Druck ständig Propaganda und Gesichtszüge entgleiten. So gesehen war dieser seltsame Abend beim Springerkanal zwar kein Sieg für Demokratie und Pluralismus, aber doch über seine ärgsten Feinde.
Schwer davon zurück in die Spur beiläufiger Fernsehunterhaltung zu kommen. Egal: Sebastian Puffpaff hat Mittwoch zum 100. Mal TV total moderiert und kurz nach Stefan Raabs Rückkehrankündigung wurde dabei zum 100. Mal deutlich, wie missraten, vor allem: unwitzig die Sendung ohne ihren Erfinder ist. Ein paarmal seltener hat Elton Schlag den Star geleitet, taugte aber wie in jedem seiner Formate zum Sympathieträger.
Umso erstaunlicher, dass ihn Pro7 nun ziemlich rüde rausgeworfen hat. Noch erstaunlicher war hingegen, wie lautstark er seinem Ärger darüber Luft gemacht und vielleicht gerade deshalb unmittelbar danach ein irgendwie unmoralisches Angebot von RTL-Programmchefin Inga Leschek erhalten hat, doch einfach zur Konkurrenz zu wechseln. Schwer vorstellbar, aber vielleicht könnte es ja helfen.
Die Frischwoche
15. – 21. April
Denn auch in dieser Woche hat RTL absolut gar nichts von auch nur annähernder Bedeutsamkeit im Programm, wie es dieser Tage überhaupt verblüffend dünn mit Neuerscheinungen aussieht. Herausragend ist da schon, dass Netflix ab Dienstag Greta Gerwigs erste, maximal gelungene Solo-Regie Lady Bird mit Saoirse Ronan als Schülerin beim Versuch, aus Kalifornien an die Ostküste zu gelangen, zeigt.
Bemerkenswert scheint auch die Sky-Serie The Sympathizer um einen Spion des Vietcongs zu werden, der am Ende des Vietnamkrieges in die USA geht und dort zwischen zwei Loyalitäten zu seiner alten und der neuen Heimat schlingert – woran nicht nur die bissige Kapitalismuskritik überzeugt, sondern Robert Downey jr. in einer ganzen Reihe Nebenrollen, die das amerikanische Establishment jener Tage aufs Korn nehmen. Ansonsten?
Tja…
Am Dienstag gehen Joko & Klaas ins 50. Duell gegen ProSieben, was schon ein echtes Highlight dieser Woche werden dürfte. Am Mittwoch läuft Das Experiment der Freiheit, in dem Arte Immanuel Kant zum 300. Geburtstag dokumentarisch auf die Spur kommt. Freitag setzt das Erste in seiner Mediathek Phil Laudes Kartoffel-Püree Almania fort, das in der ersten Staffel ganz gut, aber ausbaufähig war.
Und Sonntag darf Felicitas Woll im ZDF-Herzkino Neuer Wind im Alten Land erneut beweisen, dass sie eigentlich zu talentiert ist für öffentlich-rechtliche Schnulzen. Was natürlich auch für die unendliche Flut mittelmäßiger Krimis gilt, von denen tags zuvor in der Mediathek ein weiterer Fall vom Kommissar und die Angst zu sehen ist. Einer Krimireihe eines – Achtung! – seelisch irgendwie vernarbten Polizeiermittlers mit Paranoia und … ach, lassen wir das.

