Presse of Germany & Tattooist of Auschwitz

Die Gebrauchtwoche

TV

29. April – 5. Mai

Klingt eigentlich nach einer guten Nachricht: Deutschland ist im Pressefreiheitsranking der Reporter ohne Grenzen vom 21. auf den 10. Platz vorgerückt. Dass es zwischenzeitlich abgerutscht war, lag zwar nicht an staatlicher Repression, sondern der neuen SA, die AfD und andere NS-Fans auf Journalist*innen gehetzt haben. Aber auch private Gewalt setzt der freien Berichterstattung massiv zu.

Wenngleich weit weniger als nahezu überall sonst. In weniger als einem Dutzend Ländern außerhalb Europas ist die Lage auch nur zufriedenstellend. Für fürchterliche 36 dagegen ist sie sehr ernst – mehr denn je, seit RSF diese Zahlen erhebt. Und eine Ahnung davon, wie es hierzulande aussähe, falls die barbarischen Angriffe auf Wahlkämpfer von SPD und Grünen wie am Wochenende in Sachsen das Klima weiter verrohen.

Abgesehen davon, dass sie durchaus mal einen ARD-Brennpunkt wertgewesen wären, muss man Nils Minkmar angesichts öffentlich-rechtlicher Gesprächsangebote an die parteipolitischen Steigbügelhalter dieser Eskalation rechtgeben. In der Süddeutschen Zeitung nannte er Talkshows Orte der Repräsentation, nicht der Weiterbildung, weshalb er von Einladungen an AfD-Sturmbannführer dringend abrät.

Da hilft – anders als beim Fußball – auch keine Mediation. Dort nämlich ist sie nötig geworden, seit die DFL ihre Verhandlungen mit DAZN aussetzen musste, weil das (zumindest in Deutschland) unprofitable Unternehmen keine Bankbürgschaft beibringen konnte. Nun soll ein Schiedsgericht schlichten, aber die Fronten sind verhärtet. Das schien lange Zeit auch beim Grimme-Institut der Fall zu sein.

Jetzt aber ist es vor der Pleite gerettet. Denn sein neuer Interims-Direktor Peter Wenzel, zuvor Sozialdezernent in Datteln, kriegt vom Volkshochschulverband 100.000 Euro. Damit ist nicht nur die Preisverleihung gesichert, auch der abgesetzte Online Award kann zurückkehren. Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreise haben am Freitag derweil Koproduktionen der üblichen Sender gewonnen – allein siebenmal das ZDF.

Der Preis für den schlimmsten Angriff auf die Pressefreiheit geht parallel an – Benjamin Netanjahus Regierung dafür, Al-Dschasira in Israel zu schließen. Was (für alle, die jetzt impulsiv „Antisemitismus“ schreien) weder eine israelische, geschweige denn jüdische, sondern schlicht rechtsradikale Verletzung pluralistischer Prinzipien ist. Und um zu erleben, wohin das führen kann, empfehlen wir an dieser Stelle eine Bestseller-Verfilmung.

Die Frischwoche

0-Frischwoche

6. – 12. Mai

Die Sky-Serie The Tattooist of Auschwitz, handwerklich Hausmannskost, überzeugt mit Harvey Keitel als Holocaust-Überlebender, der mit über 80 seine Erlebnisse im Vernichtungslager als Love-Story erzählt. Die schonungslose Dichotomie von Abstumpfung und Allmacht in der Tötungsfabrik mag manchmal arg konventionell sein. Ihre Nüchternheit geht ohne Umweg des Herzens in die Magengrube und sorgt dort ab Mittwoch für schmerzhaftes Erinnern.

Das Gegenteil davon startet tags drauf bei Prime. Ebenfalls eine Bestseller-Adaption, erzählt Maxton Hall sechs Teile lang eine Aschenputtel-Geschichte am gleichnamigen Elite-College, in dem sich die arme Ruby und der reiche James zugleich verlieben und bekämpfen. Das klebt zwar vor Klischees, dürfte aber zumindest in der Zielgruppe maximal 29-jähriger Frauen weltweit Erfolg haben. Mit erweiterter Zielgruppe gilt das auch für die Apple-Serie Dark Matter.

Worum es zeitgleich geht, ist verwirrend. Irgendwas mit Teleportation, Schroedingers Cat, dem Multiversum alternativer Lebensentwürfe eines Physikdozenten. Aber Blake Crouch wickelt es in so unterkühlte Bilder, dass man kaum davon loskommt. Das gilt leider nicht fürs neue Projekt der Kleinen Brüder. Die fünfteilige Reality-TV-Mockumentary Player of Ibiza hat zwar originelle Fremdschammomente, aber weniger Esprit als Die Discounter.

Was sonst noch so läuft: Die sehr solide schwedische Familiendrama-Serie Meaning of Life (Montag, Magenta), die ziemlich glamouröse Betrugsdoku Hollywood Con Queen (Mittwoch, Apple). Die gut renovierte Beatles-Legende Let it be (Mittwoch, Disney), das deutsche Christian-Schertz-Porträt Der Staranwalt (Sonntag, ARD-Mediathek). Und zwischen natürlich, wer’s mag – den ESC.



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