Brezel Göring, Peter Thomas, Bright Eyes

Brezel Göring

Es ist immer schwierig, sich die Einzelteil eingespielter Duos isoliert vorzustellen. Und falls diese Duos auch noch für brillanten Dilettantismus stehen, fällt das umso schwerer, ist aber möglich – sofern es sich um Brezel Göring handelt, Mastermind von Stereo Total und damit gleichermaßen Nachlassverwalter der unfassbar früh verstorbenen Francoise Cactus und in eigener Sache. Wie gut, dass ein Solo-Album weder nach dem einen noch dem anderen klingt.

Friedhof der Moral wildert zwar eifrig im Trashpop des Berliner Underground-Projektes der hedonistischen Millennials. Die 13 Hardcore-LoFi-Tracks blasen Görings Sound allerdings so auf und specken ihn zugleich ab, dass daraus ein sehr eigensinniges, retrofuturistisches Kammerspielorchester für alle jene entsteht, denen Stereo Total am Ende doch zu poppig war. Auf dem Friedhof der Moral ruht daher auch das Cheezige von früher. Gut so.

Brezel Göring – Friedhof der Moral (Stereo Total Records)

Peter Thomas

Wer den Retrofuturismus musikalisch zur Perfektion brachte, ist einer von Brezel Görings heimlichen (weil womöglich unbekannten) Helden: Peter Thomas. Nie gehört? Nur dem Namen nach vermutlich. Denn als Komponist der Titelmelodie des SciFi-Trashs Raumpatrouille Orion und ähnlicher Absurditäten wie Edgar-Wallace-Soundtracks war er eine Weile in aller Ohren und hat dort ein imposantes Gesamtwerk orchestral verspleenter Sixties-Sinfonien hinterlassen.

Damit die wiederentdeckt werden können, hat Mocambo Records gemeinsam mit Backseat das Werk des deutschen Henry Mancini kurz vor dessen 100. Geburtstag zu einer fantastischen Platte gebündelt. The Tape Masters Vol. 1 – Library Music enthalten dabei alles, was Thomas’ Epoche kennzeichnet: schrille Beat-Gewitter, elegante Cocktailparty-Harmonien, existenzialistischer Souterrain-Jazz, Hammondorgel-Spektakel der Extraklasse. Unbedingt anhören, durchhören, weiterempfehlen.

Peter Thomas – The Tape Masters Vol. 1 – Library Music (Mocambo Records)

Bright Eyes

Um zum Schluss die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und doch daraus zu schöpfen, gibt es hier noch mal eine Art Supergroup, die seit bald 30 Jahren aus den Vollen ihrer vielen Mitglieder und Features schöpfen kann: Bright Eyes, das ewige Start-up des umtriebigen Conor Oberst, für das er auf seiner neuen Platte mal wieder das Who-is-Who alternativer Americana von Cat Power, The National, Matt Berninger oder Alex Orange Drink um sich schart.

Gemeinsam erschaffen sie ein Kompendium skurriler Pop-Texturen, die ebenso unfertig wie übersteuert klingen und damit größtenteils fantastisch. Das liebevoll verfrickelte, bläserlastig aufgeplusterte, jederzeit funkensprühende Five Dice, All Threes schafft es dabei vor allem dank Obersts proklamatorisch zerkratztem Gesang heiter und melancholisch, anrührend und ironisch, psychisch labil und dabei seltsam durchsetzungsstark zu wirken.

Conor Oberst – Five Dice, All Threes (Dead Oceans)



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