Toni Kater, Warmduscher, Homer, Fazerdaze

Toni Kater

Singer/Songwriting aka Liedermachen – schwieriges Terrain. Allzu oft gehen mit jungen Männern dabei die white tears durch und zwingen uns zur Anteilnahme. Meist nervt das, bei Toni Kater strahlt es. Auch, weil es gar kein Mann ist, sondern Anett Ecklebe, die seit 20 Jahren unterm Radar der Öffentlichkeit singt, was weder Radar noch Öffentlichkeit schmeichelt. Denn ihr achtes Album ist wie die sieben zuvor ein umwerfendes Plädoyer fürs Überwältigungsunderstatement.

Wenn sie im zweiten Track übers Scheitern an Bürokratie, Alltag, sich selbst zehnmal Fuck you singt und ein episches Fu-u-u-u-u-u-u-uuuck obendrauf setzt, ist alles über uns und die Welt da draußen gesagt – nur hier eben mit einer wundervoll zerkratzten Gitarre und Toni Katers lieblichem Trotz in der Stimme, dem man sich zwölf seelenschwarzen, hoffnungsfrohen, selbstverlegten Singer/Songwritings nicht entziehen kann.

Toni Kater – Jemals (Toni Kater Records)

Warmduscher

Gut anderthalb Jahre sind vergangen, furchtbare 19 Monate, seit Warmduscher ein Album veröffentlicht haben. Und wer das neue hört, darf sagen: es war viel zu lang, es ist wunderbar! Denn erneut zerdeppern Clams Baker Jr., Benjamin Romans Hopcraft, Adam J. Harmer, Marley Mackey, Quinn Whalley, Bleu Ottis Wright in ihrer bizarren Mischung, die man am ehesten vielleicht als Swimmingpool-Noise bezeichnen könnte, alle Kategorien und ein paar darüber hinaus.

Elf tiefenentspannt hektische Tracks für sedierte Zitteraale, passt hier oft ohrenscheinlich nichts zusammen und bleibt doch seltsam kongruent, ja zwingend. Denn psychedelischer Trashpop gibt theatralischem Punkwave hier elektrisch geladene Klinken in die Hand, hinter deren Tür nur immer neue Türen ins Unterbewusstsein verschrobener Bigband-HipHop-Speedfolk-Bedroom-Metal Parodien führen. Verstörend. Und grandios.

Too Cold to Hold (Strap Originals)

Homer & Fazerdaze

Und damit zu zwei Platten, die dem Begriff der Harmonie unabhängig voneinander ungeahnte Facetten verleihen. Der Schlagzeugvirtuose Homer Steinweiss definiert auf seinem Solo-Debüt Ensatina (Big Crown Records) die Grenzen, vor allem aber Stichwege von Soul, Pop und HipHop neu aus und klingt dabei dank seiner Engelsstimme der Earthgang auf einer Überdosis Andersen .paak, also einfach hingebungsvoll toll.

Amelia Murrey alias Fazerdaze hat uns seit Morningside ewig zappeln lassen. Volle sieben Jahre, also fast dreieinhalb quälende Minuten, danach ist jetzt Soft Power (Partisan Records) erschienen und macht ihrem Titel alle Ehre. Denn wie damals singt sie ihren Westcoast-Pop durch Wände aus Watte ins Gemüt und klingt dabei nach Lust auf Chillen oder doch lieber Feiern, also Feierchillen, falls das geht. Und ja: es geht!



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