Trumps TikTok & Primes Target
Posted: January 20, 2025 | Author: Jan Freitag | Filed under: 1 montagsfernsehen |Leave a commentDie Gebrauchtwoche
13. – 19. Januar
Nun ist es also amtlich. So amtlich zumindest, wie es in den USA aktuell sein kann:
weil der Supreme Court chinesische Infiltration befürchtet, ließ er TikTok am Sonntag sperrt. Eigentlich unbefristet, faktisch aber nur bis heute, wo Donald Trump das Verbot gleich nach seiner Inauguration als Teil einer immensen Zahl präsidentieller Erlasse wieder zurücknehmen und damit weiteres Öl ins Feuer der gesellschaftlichen Zerrüttung schütten will.
Denn auch den Messenger wird der globale Rechtsruck mindestens so weit nach rechts rücken wie aktuell X oder Facebook, denen Trump-Fans wie Elon Musk und Mark Zuckerberg die Faktenchecks verbieten. Dafür sind in der Regel computerisierte Prüfverfahren zuständig, die in der Tat zuweilen mindestens ebenso bedenklich sind wie der Kniefall praktisch sämtlicher Medien- und Tech-Akteure vorm neuen Herrscher im Weißen Haus.
Nach Zeit-Recherchen, also durch Reporter*innen aus Fleisch und Blut, haben Facebook und Instagram allein zwischen Oktober 2023 und 2024 in Europa 168 Millionen Posts gelöscht, weil sie angeblich Hate Speech aller Art enthielten. Zu dumm, dass 161 Millionen davon mit vielfach absurder Begründung durch KI auf den Index kamen, weil der Mutterkonzern Meta die Arbeit echter Menschen massenhaft ersetzen ließ.
Aber gut – wie das Beispiel Katapult zeigt, sind auch die nicht vor Fehleinschätzungen gefeit. Das mecklenburgische Magazin hatte den pfiffigen Einfall, Hunderttausende von AfD-Wahlprogrammen voll volksverhetzender, demokratiefeindlicher Zitate zu verteilen. Zu dumm, dass bereits ein oberflächlicher Faktencheck diverse Fehler aufdeckte der originellen Aktion aufdeckte. Damit schoss Katapult ein ähnliches Eigentor wie die Kommission zur Ernennung vom Unwort des Jahres.
Eigentlich ein lobenswertes Ranking, gewann dieses Jahr Biodeutsch, weil der Begriff angeblich rassistisch sei. Falsch! Denn wie sein Vorvorgänger Herdpremie ist er nicht diskriminierend, sondern prangert Diskriminierung an. Und damit zur einzig irgendwie angenehmen Nachricht der Medienwoche: Die sachkundig-sympathische Sportmoderatorin Esther Sedlaczek bleibt der Sportschau bis 2029 erhalten.
Die Frischwoche
20. – 26. Januar
In der ARD darüber hinaus aktuell sehenswert, ist etwa die Fortsetzung von Tokyo Vice über einen US-Amerikaner, der es nach realem Vorbild zum Reporter der größten Zeitung Japans brachte und uns in einer herausragenden Serie die Lebensart des fernöstlichen Landes näherbringt. Neu ist dagegen der sechsteilige Mediatheken-Thriller The Next Level, in dem es ab Freitag um den mysteriösen Tod einer US-Touristin in Berlin geht. Und eine Serie müssen wir hier noch nachholen, weil Netflix nichts darüber verlauten ließ: American Primeval.
Regisseur Peter Berg reist darin nach Mark L. Smiths Drehbuch ins Jahr 1857, als die US-Regierung radikale Mormonen mit Waffengewalt davon abhielt, Utah zum Gottesstaat zu machen. Die Geschichte um eine Siedlerin, die mit Sohn und Scout vorm Gesetz westwärts flieht, mag in ihrer endlosen Abfolge bestialischer Zivilisationsbrüche zwar fast schon surreal brutal sein. Weil sie inklusive mehrerer Protagonisten historisch verbürgt ist, versteht man darin ein bisschen besser, warum die USA den Faschisten Donald Trump erneut wählen konnte.
Komplett fiktionale und dennoch tief in der Realität verwurzelt ist dagegen die Apple-Serie Prime Target. Ab Mittwoch versuchen Geheimdienste einen Cambridge-Studenten davon abzuhalten, das Rätsel der Primzahlen zu entschlüsseln, weil er – Obacht Verschwörungsmythos – damit die Sicherungsprogramme sämtlicher Computer knacken könnte. Das ist zwar manchmal ein bisschen plakativ, aber ungeheuer fesselnd und trotz aller Abstraktion ein bisschen realistischer als die Disney-Serie Whiskey on the Rocks.
Die persifliert parallel dazu nämlich den Kalten Krieg in einer wilden Satire und ist eher drollig als wahrhaftig. Um die Wahrheit geht es der neuen Folge 37° Leben Freitag in der ZDF-Mediathek, wo Nachkommen den Nazi in meiner Familie suchen. Bliebe noch die Disney-Serie High Potential um eine alleinerziehende Ermittlerin ab Donnerstag, und damit alles Gute für die nächsten vier Jahre Donald Trump.