Wunns Claqueure & Lambys Wahlkampfhilfe
Posted: February 10, 2025 | Author: Jan Freitag | Filed under: 1 montagsfernsehen |Leave a commentDie Gebrauchtwoche
3. – 9. Februar
Würden Wahlen etwas ändern, wären sie verboten – so lautet ein fatalistisches Bonmot staatskritischer Kräfte, das auch auf die medialen Kräfte der aktuellen Duelle und Quadrelle übertragbar ist. Würden Fragen etwas ändern, den Eindruck haben nach Andreas Wunn im Zweiten gestern auch Sandra Maischberger und Maybrit Illner im Ersten verfestigt, hätte man sie womöglich gestellt. Weil weder ARD noch ZDF, geschweige denn CDU und SPD daran interessiert sind, die wichtigen Probleme zu erörtern, fiel das Wort Klimawandel bisher kein einziges Mal.
In Worten: Null.
Weil das auch für Mietexplosion oder Verkehrswende gilt, sind die Arenen am Ende bloß PR-Shows mit AfD-Fetisch. Dazu passt, dass im ZDF-Schlagabtausch nur Tino Chrupallas Einstiegsstatement vom Saalpublikum benachbarter Unis bejubelt unterbrochen wurde, während der Schnitt eines heute-Beitrags vom CDU-Parteitag de facto Tatsachen verdreht. Wie gesittet Olaf Scholz und Friedrich Merz gestern debattiert haben, ist da ein Beleg für den Konsens aller medienpolitischen Akteure auf realitätsferne Themenauswahl.
Damit ist der deutsche Fernsehzirkus zwar noch nicht auf dem Niveau der Merz-Wahlkämpferin Bild oder Fox, wo Lara Trump künftig Schwiegerpapa Donald feiern darf, der zugleich liberale Medien wie Politico aus dem Weißen Haus wirft und durch rechtsradikale wie Breitbart ersetzt. Aber wenn 500 Kreative eine Brandmauer der demokratischen Kräfte gegen AfD und ihre Steigbügelhalter fordern, sollten einige davon dringend zuvor in den Spiegel sehen.
Um Geister zu vertreiben, die man rief, kann sonst irgendwann nur noch Buffy helfen, die 22 Jahre nach ihrem Abschied mit Sarah Michelle Gellar in der Hauptrolle zurückkehrt – sonst droht uns irgendwann endgültig das Recht des Dschungels. Apropos: Gestern ging IBES mit routinierter Ödnis zu Ende, hat RTL aber nochmals Topquoten beschwert, die der Superbowl anschließend geschreddert von gefühlt 274 Werbespots nochmals toppte.
Die Frischwoche
10. -16. Februar
Von solch einem Zuspruch darf das Quadrell am Sonntag schon angesichts des zahmen Moderationsduos Günther Jauch und Pina Atalay wohl ebenso nur träumen wie davon, dass Faktenchecks endlich während der Ausstrahlung anstatt hinterher erfolgen. So kann Alice Weidel auch Donnerstag beim ZDF-Klartext die Zahl jüdischer AfD-Mitglieder gewiss unwidersprochen auf 1000 beziffern, obwohl es keine zwei Dutzend sind, oder die Lüge verbreiten, regenerative Energie würde als einzige subventioniert.
Bleibt als seriöse Entscheidungshilfe eigentlich nur noch Stephan Lambys gewohnt grandios recherchierte Dokumentation Die Vertrauensfrage über die Wahlkämpfe aller großen Parteien, Montagabend zur besten Sendezeit im Ersten. Oder man lenkt sich einfach ein bisschen ab vom Weltgeschehen. Mit der True Story of Rihanna zum Beispiel, ab Dienstag in der ZDF-Mediathek, die natürlich alles außer der Wahrheit liefert, aber sehr kurzweilig ist.
Außerdem feiert ProSieben ab Donnerstag die 20. Staffel Germany’s Next Topmodel, bevor der frühere Kanzlerduell-Moderator Stefan Raab tags drauf bei seiner Chefsache ESC als King of Kotelett firmiert. Fiktional dagegen hat die Woche eher wenig zu bieten. Parallel zur Entwicklungshilfe für den NDR startet Paramount+ die 3. Staffel der immer noch fesselnden Robinsonade Yellowjackets.
Am Samstag dann startet das ZDF sein amüsantes Online-Experiment, aus dem abgedroschenen Zombie-Genre einen Endkampf der englischen Generation Z gegen untote Boomer zu machen. Und zeitgleich verabschieden wir uns nach 920 Einsätzen in 382 Jahren von Stubbe, der tatsächlich und abschließend in Rente geht. Genieß ihn bitte, Wolfgang Stumph.