Feldmans Rufmord & Rise of the Raven
Posted: June 2, 2025 | Author: Jan Freitag | Filed under: 1 montagsfernsehen |Leave a commentDie Gebrauchtwoche
26. Mai – 1. Juni
Philipp Peyman Engel ist Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen. Ein Posten, der nicht zwingend, aber naturgemäß damit einhergeht, Jude zu sein. Und daran hegte auch niemand je Zweifel. Außer Deborah Feldman. Die Publizistin, der Maria Schraders Netflix-Serie Unorthodox vor fünf Jahren ein weltweit geachtetes Denkmal setzte, spricht Engel nämlich seine Religionszugehörigkeit ab. Und das ist in vielerlei Hinsicht skandalös.
Zum einen legt Feldman dafür bestenfalls vage Indizien vor. Zum anderen tut sie das gänzlich unwidersprochen in der neugegründeten Weltwoche des seinerseits umstrittenen Verlegers Holger Friedrich. Zu guter Letzt öffnet dieser – offensichtlich haltlose – Rufmord einem Antisemitismus Tür und Tor, der aus dem Inneren jüdischer Publizistik heraus noch ruchloser wirkt. Es stimmt also nicht ganz, wenn Michel Friedman in der Zeit schreibt, Feldmann könne „nicht mehr ernst genommen werden“.
Denn Medienmenschen wie sie betreiben die überaus ernstzunehmende Vorfeldarbeit rechtsextremer Parteien. Ein Teilzeitjob, für den sich mittlerweile auch Markus Lanz berufen fühlt. Abgesehen von seinem Fimmel, ständig AfD-Größen einzuladen, hat er die Mietpreisbremse in seiner Talkshow kürzlich „sozialistisch“ genannt und geriert sich auch sonst gern als Besitzstandswahrer. Wenn da mal nicht ein Immobilienbesitzer um Kontostand und Privilegien bangt…
Jan Böhmermann geriert sich derweil zusehends eher als linker Aktivist, denn Humorist. Witze fanden sich im ZDF Magazin Royale vom Freitag zum Thema Queerfeindlichkeit jedenfalls kaum. Also auch keine über den Gottseibeiuns des progressiven Feuilletons: Wolfram Weimer. Was auch daran liegen könnte, dass der Kulturstaatsminister Techkonzerne besteuern will, woran ja nun beiderseits der Mitte niemand bei Verstand etwas haben dürfte.
Die Frischwoche
2. – 8. Juni
Nicht auf Weimers Liste steht als Streamingdienst eines Telefonanbieters MagentaTV. Dennoch sollte das Portal zahlen. Schmerzensgeld nämlich: Für sein Mittelalter-Epos Rise of the Raven. Darin kämpfen ungarische Helden ab Donnerstag zehn Teile lang bildgewaltig gegen türkische Invasoren. Und für dieses Game of Thrones scheint der österreichische Regisseur Robert Dornhelm direkt aus Viktor Orbáns Propagandaministerium instruiert worden zu sein – so suppt sein faschistoider Rassismus aus jeder Szene.
Verglichen mit derlei softpornografischem History-Quatsch erreicht die fünfteilige Coming-of-Age-Serie Softies von Jonathan Westphal und Yves Guillaume geradezu Weltniveau. In seiner Jungs-WG hat Damian Hardung ab Freitag bei RTL+ mit Sorgen von Impotenz bis Tinnitus zu tun. Das ist mitunter zwar testosterongesättigt, wird durch tolle Frauencharaktere wie jene von Carmen Redeker und Aysha Joy aber doppelt ausgeglichen.
Im Gegensatz zur deutschen Schul-Klamotte Club der Dinosaurier jedenfalls, deren weibliches Personal ab Freitag in der ZDF-Mediathek nichts daran ändern, dass sich über die Verwandlung männlicher Außenseiter in Echsen allenfalls Achtjährige beömmeln. Witziger wird’s diese Woche aber auch nicht. Das sechsmal zehnminütige Familiendrama El’sardine (Montag, Arte-Mediathek) um algerische Fischer zwischen Klimawandel und Beziehungsstress jedenfalls ist relativ nüchtern.
Auch die italienische Geheimdienst-Crime Sara, tags drauf bei Arte, bleibt sechs Folgen lang eher actionreich als amüsant. Ab Donnerstag sorgt die Apple-Serie Stick mit Owen Wilson als Ex-Golfer beim Versuch, als Trainer eines Wunderkindes Fuß zu fassen, für Heiterkeit. Wirklich ernst wird es zeitgleich aber bei Arte, wo das spanische Vergewaltigungsdrama Querer nach wahren Motiven in der Mediathek steht.
Zum Abschluss noch zwei angenehm überraschende Real-Crime-Dokus: Am Freitag beleuchtet Arte online die Europapokal-Katastrophe im Heysel-Stadion, wo beim Endspiel zwischen Liverpool und Juventus vor genau 40 Jahren 39 Menschen zu Tode kamen. Und parallel arbeitet Love Scam bei Sky drei Teile lang einen echt absurden Betrugsfall in der Kölner Schwulenszene auf. Real Crime geht also auch ohne Serienkiller…