Richterschelte & Katzenaugen

Die Gebrauchtwoche

14. – 20. Juli

Was unsere Medienlandschaft so komplex, Tendenz kompliziert macht, ist nicht allein die Unmenge an Medien und Landschaften. Es sind auch ihre Marken und Bewohner. Kaum haben wir uns Ferda Ataman oder Thomas Haldenwang gemerkt, werden sie von Frauke Brosius-Gersdorf verdrängt. Seit fast zwei Wochen besetzt die Verfassungsrichterin in spe nahezu jedes publizistische Forum, Markus Lanz Talksessel. Dort erklärte sie was Vernunftbegabten links hinlänglich bekannt war.

Auf dem glatten Weg ins höchste deutsche Gericht sind demnach nicht mal mehr untadelige Juristinnen vorm Diffamierungsfeuer populistischer Demagogen gefeit, mit dem neben AfD und Bild längst auch die Scharfmacher aus CDU/CSU spielen. Wie sie damit Demokratie und Pluralismus gefährdet, ist die Union einem Donald Trump, der wegen seiner Weigerung, sämtliche Akten zu Jeffrey Epstein freizugeben, selbst unter MAGA-Jüngern kritisiert wird, längst näher als sie denkt.

Noch nutzen Jens Spahn und Friedrich Merz ihre Macht und Millionen zwar nicht dafür, kritische Medien unter Druck zu setzen. Im Klima, das sie grad vergiften, ist es aber zusehends denkbar, dass Jan Böhmermann demnächst Stephan Colberts Schicksal ereilt. Weil Paramount Trumps Zustimmung für einen Besitzerwechsel braucht, hat die Sendertochter CBS offenbar dem erfolgreichsten US-Talkhost trotz steigender Quoten gekündigt.

Vielleicht wird er ja bald schon von Grok ersetzt. Schließlich hält Elon Musk seine KI, die sich selbst mal MechaHitler nannte, für „intelligenter als alle Doktoranden der Welt“. Anhand solcher Aussagen könnte die EU-Kommission im Zoll-Streit mit den USA nun wirklich mal energisch auf eine Besteuerung sozialer Medien und Messenger wie die Propaganda-Plattform X dringen. Was allerdings geschehen wird? Außer der Aufweichung europäischer Standards: Nichts. Was geschehen ist? Sebastian Hotz alias El Hotzo wurde jetzt für seine Freude über sterbende Faschisten angeklagt.

Wie gut, dass deutsche Gerichte vor 80 Jahren nicht über die alliierten Todesurteile für NS-Verbrecher geurteilt haben… Was noch war die Woche? Apple TV bemüht sich um die Rechte an der Formel 1. Und Patricia Schlesinger kriegt zwar einen Monat Ruhegelde vom RBB, könnte aber für ihr Versagen in punkto digitales Medienhaus haftbar gemacht werden. Es bleibt spannend in Berlin.

Die Frischwoche

21. – 27. Juli

Spannender jedenfalls als im Sommerloch, dass dank der Streamingdienste doch eigentlich der Vergangenheit angehören sollte. Hervorzuheben wäre darin noch Das Attentat auf Arte. Acht hochinteressante Folgen lang geht es darin um die Ermordung des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Đinđić. Vor 22 Jahren führte sein Tod zum Ende der Aufarbeitung des Jugoslawien-Kriegs und damit schnurstracks in die nächste Tyrannei des Balkans.

Ganz so folgenschwer ist The German zwar nicht. Mit dem Deutschen Oliver Masucci als Mossad-Spion, begibt sich die israelische Thriller Donnerstag bei Magenta TV allerdings tief in die Abgründe des Nahostkonflikts. Dagegen sind vier aktuelle Serienstarts eher harmlos. Bereits gestartet ist die südafrikanische ARD-Serie The Morning After, in der das Party Girl Nina nach ihrem One-Night-Stand in seinen meist dramatischen, mitunter komischen Abwärtsstrudel gerissen wird.

Komisch möchte auch die Actionserie Cat’s Eyes sein, in der drei bildschöne Schwestern den Tod ihres Vaters rächen. Wie sie dafür in die Pariser Kunst-Szene abtauchen, ist jedoch auf so depperte Art oberflächlich, dass man sich stattdessen auch acht Stunden durch Lifestyle-Videos bezahlter Insta-Influencerinnen scrollen kann. Dann doch lieber die Abenteuer-Serie Washington Black ab Mittwoch bei Disney+; die macht uns wenigstens nicht vor, in der Realität zu spielen.

Das gilt auch für die deutsche Frechheit der Woche: Rembetis. Ab Freitag mutiert ein griechischer Gastronom und seine Kinder darin achtmal 25 Minuten in der ZDF-Mediathek zu Geisterjägern. So löblich es ist, ihre zahlenmäßig starken, popkulturell ausgegrenzten Landsleute ins Rampenlicht einer Seriengroteske zu rücken: Vielleicht hätte man dafür doch jemanden vom Fach gesucht, als amateurhafte Quereinsteiger auf Fanta-Korn.



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