Disneys KI & Primes Sophie

Die Gebrauchtwoche

15. – 21. Dezember

Es ist unserer umwerfenden Zeit nicht so leicht zu sagen, welche Medienentwicklung nur disruptiv ist oder schon destruktiv. Dass nach Netflix zuletzt auch Paramount Skydance in den Bieterstreit um Warner eingestiegen ist, lag noch irgendwo in der Mitte. Doch wenn David Ellison mit sagenhaften 108 Milliarden Dollar den gesamten Entertainment-Konzern inklusive CNN erwirbt, wäre das für die Branche, mehr aber noch die Demokratie zwar unfassbar einsturzgefährdend. Momentan deutet sich aber ein Zuschlag für Netflix an.

Anders sieht es bei einer Kooperation der günstigeren, aber wirkmächtigeren Art: Für den vergleichsweise bescheidenen Betrag von einer Milliarde Dollar sichert sich Disney weitere Anteile von OpenAI und vertieft dadurch auch die Nutzung von ChatGPT für eigene Inhalte. So unvollkommen künstliche Intelligenz vorerst noch ist: für die Streaming- und Filmbranche ist der strukturierte Einsatz künstlicher Intelligenz geradezu ein Umsturzversuch mit Ansage.

Den nimmt parallel dazu auch Donald Trump vor, der die BBC wegen eines kleinen Schnittfehlers in seiner Dokumentation über den Sturm aufs Kapitol 2021 auf surreale zehn Milliarden Dollar Schadenersatz verklagt. Nicht, dass er juristisch damit auch nur den Hauch eine Chance hätte; der kleptokratischer Nepotismus versetzt ihn allerdings in die Lage, jedes missliebige Medium pleite zu klagen. Und seit er mit dem britischen Sender erstmals die USA dafür verlassen hat, könnte es auch deutsche Verlagshäuser treffen.

Axel Springer allerdings nicht. Denn dort treibt der AfD-affine Trump/Musk/Thiel-Fan Döpfner seine reaktionären Blätter so weit nach rechts, dass mit Robin Alexander einer der letzten seriösen Journalisten die Welt verlässt. Burda Media hingegen schon eher, die der CEO Philipp Welte nach gut 30 Jahren 2026 nicht wie geplant in den Aufsichtsrat, sondern ganz verlässt. Bei seiner Ankündigung gab es Tränen im Kollegium. Ob man die auch dem ESC nachweinen sollte, ist ebenso Ansichts- und Geschmackssache wie das frisch verhängte Social-Media-Verbot in Australien.

Dennoch macht die Boykottwelle gegen den Song Contest natürlich viele traurig. Aus Protest gegen die Teilnahme Israels bleiben ihm mit Spanien, Slowenien, Irland, Island und den Niederlanden schließlich (vorerst) fünf Länder fern. Dass sie die Beteiligung rechtsextremer Diktaturen in spe wie Ungarn oder Serbien von einer Reise nach Wien abgehalten hätte, nicht überliefert.

Die Frischwoche

22. – 28. Dezember

Kommen wir zu etwas konsistenterem: Dem Streaming-Angebot der Woche. Gestern hat sich ja bereits Denis Moschitto in die Riege all jener, ach was: annähernd aller Schauspielerinnen und Schauspieler eingereiht, die im Tatort mitwirken. Bei Sky/Wow ging gestern auch die relativ werkgetreue Serienversion von Milos Formans Amadeus mit dem White-Lotus-Star Will Sharpe in der Titelrolle online, nachdem Prime Video am Mittwoch bereits Fallout fortgesetzt hat und bei Arte die elegische Biopic-Serie Being Karen Blixen startete.

Zum Start der Weihnachtstage dann macht die ARD-Mediathek den real existierenden Öl-Boom in der Lüneburger Heide vor 125 Jahren zu einer Historytainment-Serie. Trotz Starbesetzung mit Harriet Herbig Matten und Jessica Schwarz als Entrechtete im Kampf gegen Tom Wlaschiha und Henny Reents als Privilegierte allerdings überzeugt Schwarzes Gold nur optisch. Inhaltlich sind die sechsmal 45 Minuten ziemlich berechenbar melodramatischer Gefühlsquark.

Ein wenig besser, wenn auch nicht perfekt, macht es die Prime mit dem Prequel zur Silvester-Legende Dinner for One. Ab heute erzählen Tommy Wosch und Dominik, wie Miss Sophie (Alicia von Rittberg) ihr Schloss nach dem 1. Weltkrieg mithilfe einer lukrativen Heirat vorm Gläubiger retten will. Wenn Moritz Bleibtreu, Jacob Matschenz, Frederick Lau und Christoph Schechinger als Mr. Pommeroy, Sir Toby, Mr. Winterbottom und Admiral von Schneider einen Wettstreit um die Adelige veranstalten, ist die Idee allerdings bisweilen witziger als ihre Umsetzung.

Dennoch hat der Sechsteiler mehr heitere als peinliche Momente und bietet mit Kostja Ullmann als Love Interst James Fortsetzungspotenzial. Das dürfte mit Staffel 4 der Ku’damm-Saga im Jahr 1977 ab Samstag schon deshalb endgültig ausgereizt sein, weil sich die Berliner Tanzschul-Sippe echt nicht noch älter schminken lässt. Parallel dazu läuft mit Bis in die Seele ist mir kalt der nächste Heimatkrimi aus Österreich im ZDF – einer Filmreihe, die ungleich besser ist als ihr dämlicher Titel.



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