Halo, Aquaserge, Arnold Burk

Halo

Sprichworte sind nostalgischer Bullshit, der in einer disruptiven Welt Kontinuitäten sucht. Gilt also auch für “Gut Ding will Weile haben”. Das Debütalbum von Halo aber klingt, als hätten sich zwei Musikerinnen richtig Zeit gelassen, um Gutes zu erstellen, das nicht in die Falle ihrer Zusammenkunft von 2012 tappt. Als Masha Qrella und Julia Kliemann damals in Berlin zum Duo wurden, war der Hype um die Hamburger Boy schließlich noch in vollem Gange.

https://www.youtube.com/watch?v=0vIcjDQw3gk

Zwölf Jahre später haben sie ihr Material kompiliert und daraus In The Company of No One gemacht – ein neunteiliges Werk bittersüßer Popkultur, die so schön kratzt und hakt und kriecht und flattert und dabei dennoch ein Ohr am Puls der Harmonie behält, dass es einem mitunter kribbelnd den Rücken runterläuft. Wie im grandiosen Cups & Laps zum Beispiel, wo sich Fifties-Harps, Sixties-Chöre, Eigthies-Bässe elegant über den gehauchten Indie-Gesang legen. Boy waren gut, Halo sind besser.

Halo – The Company of No One (Edition Dur)

Aquaserge

Aquaserege dagegen sind nicht nur zehn Jahre älter und sechs Platten reicher. Das experimentelle Pop-Projekt aus Frankreich schreddert seine elektronisch angehauchte Eleganz auch ungleich radikaler als Halo. Ihr neues Album La fin de l’economie bildet da keine Ausnahme, wirkt aber noch verschrobener als einige der Vorgänger. Und damit nicht schlechter, sondern origineller. Gewiss, man muss sich manchmal ein wenig selber quälen, um hinter die Metrik zu kommen.

https://www.youtube.com/watch?v=moiLFLIN1mI

Wenn das klappt, entdeckt man allerdings eine Melange fantastischer Soundkaskaden zwischen Krautrock und Psychobeat, LoFi und Big Beat, Free Jazz und Filmmusik. In den eingängigeren Momenten (Le saut du tigre) Sommets) wirkt das wie ein guter Trip unter Freunden, in den komplizierteren (Sommets) wie ein ähnlich guter Trip unter Fremden. Immer jedoch regen Aquaserge zum Nachdenken beim Mitwippen ein.

Aquaserge – La fin de l’economie (Crammed Discs)

Arnold Burk

Ein bisschen eingängiger, ohne gleich geschmeidig zu sein, ist Arnold Burk, der eigentlich anders heißt und weder aus Berlin noch Wien, sondern Heidelberg stammt, aber an den ersten zwei Standorten eine Art von Singer/Songwriter-Trashpop macht, der mit eklektisch noch kongruent beschrieben wäre. Als studierter Jazz-Kontrabassist gibt sich der angehende Musiktherapeut halt nie mit der nächstbesten Idee zufrieden.

https://www.youtube.com/watch?v=3Tabc9gsgV8

Im Netz seiner avantgardistischen Punkdisco Elf Stücke mit Text hat daher alles Platz, was lustig durch die Pfützen seiner geistigen Gewitter stiefeln möchte – dadaistisch-wahrhaftige Psychogramme wie “Komm mit mir aufs Parkhausdeck / da sind die Sterne nicht so weit weg” inklusive, in denen Arnold Burk woke Großstadt-Bohémiens seziert, also ein bisschen sich selber. Das zugleich zynisch und liebevoll mit einer Spur Wahnsinn zu tun, ist fast ein Alleinstellungsmerkmal.

Arnold Burk – Elf Stücke mit Text (asdfghjkRECORDS)



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