Felix Eitner, unterschätzer Komödiant

Hinterm roten Teppich

Der geborene Komödiant Felix Eitner ist Feinschmeckern des Fernsehens eher unbekannt. Dabei kann er weit mehr als Schnulzen mit debilen Namen wie Alles für meine Tochter (Freitag, 20.15 Uhr, ARD), für die er sein Talent zur Authentizität verschwendet.

Von Jan Freitag

Humor ist, wenn es optisch kracht, wenn Gesichtsausdrücke gute Pointen ersetzen und Gesten gehaltvolle Worte. Aufgerissene Augen zum Beispiel, die funktionieren immer. Der schmallippige Schmollmund natürlich auch. Nicht zu vergessen dieses halbseitige Lächeln, Typ ironische Zustimmung – geht alles eigentlich immer, sobald der Fernsehvorabend beginnt. Zumindest, falls die ARD dort lustig sein will und diesen Versuch obendrein Heiter bis tödlich tauft.

Also hieß es eine Weile lang auch für Felix Eitner: Augen auf, Lippen schmal, Lächeln halbieren, vor einem Jahr etwa, fast vier Monate am Stück. Da verkörpterte der rührige Schauspieler nämlich im neuesten Schmunzelkrimi, dem seriellen Quotendesaster vor Thomas Gottschalks, die männliche Hauptfigur Paul Degen. Dessen weibliches Pendant hieß Klara Kleinert (Wolke Hegenbarth), was nicht nur putzig alliteriert, sondern den noch putzigeren Titel Alles Klara herausforderte. Was seinerseits nun auch nicht richtig lustig war. Wie überhaupt die ganze Reihe um einen Kommissar und seine nebenbei ermittelnde Tippse, die es in der Harzer Provinz mit überraschend tödlichen Verbrechen in Reihe zu tun haben, alles Mögliche ist. Außer sonderlich lustig.

„Finden Sie?“, fragt Felix Eitner da ehrlich erstaunt. Lachen, beteuert er, rechtfertige doch grundsätzlich jeden Humor, und der in Alles Klara werde schon seine Lacher finden. Die eigenen zum Beispiel, obwohl Eitner selbst eher auf schwarzen Humor stehe, besonders den britischen, „es darf gern böse sein“. So wie im Ersten, dessen heiter gemeinte Vorabendermittlungen Schwerstverbrechen zur Pointe erheben, die wiederum Missverständnisse kultivieren und Dialoge erzeugen wie folgenden, den Felix Eitner beim Interview mit Alsterblick aus dem Nichts auf die publikumslose Interviewbühne in Hamburg zaubert:

Einer sagt was.

„Was hast du gesagt?“

„Du hörst mir gar nicht zu!“

„Natürlich hör ich dir zu!“

„Also was hab ich eben gesagt?“

„Warum soll ich dir sagen, was du gesagt hast?“

„Weil ich wissen will, ob du es gehört hast?“

„Warum soll ich das nicht gehört haben?“

„Weil du mich gefragt hast.“

„Was jetzt?“

Und dann komme, wie im hiesigen Formathumor üblich, ein Dritter hinzu und verwirre sie alle, Prinzip Missverständnis eben. „Mir gefällt das.“ Und wie der Mittvierziger Eitner mit dem kreisrund gelichteten Haar es verteidigt, mit Händen und Füßen, mit Showeinlange, Hüsteln, Stirnrunzeln, aber ohne spürbares Konzept, voll aus dem Bauch, da spürt man: Der brennt für seine Sache. Nur – wie sehr er brennt, das wissen die wenigsten, wie überhaupt die wenigsten wissen, wer Felix Eitner eigentlich ist.

Sein filmischer Aggregatszustand ist schließlich die personifizierte Nebenrolle, der Sidekick, ein Ergänzungsspieler, seit jeher im zweiten Glied, so wie er es auch morgen im berechenbar schnulzigen ARD-Freitagsfilm mit dem berechenbar debilen Holzhammertitel Alles für meine Tochter tut. Seit er als 14-Jähriger die erst Kinderrolle übernahm und 2001 als Fluchthelfer im preisgekrönten Drama Der Tunnel das „History-Event“ als TV-Genre gebären half. Es war eine ernste Rolle, gespielt mit jener beiläufigen Leichtigkeit, die Felix Eitner auszeichnet, die ihm ein durchaus erträgliches Schauspielerleben gewährleistet, aber eben keins auf den Titelseiten der Aufmerksamkeitsindustrie.

„Bevor ich den roten Teppich betrete, höre ich oft das Kameragewitter“, er lächelt ein bisschen bitter, „aber wenn ich drauf bin, hört es auf.“ In diesem Schaufenster nicht erkannt, geschweige denn „von der Celebrity-Reporterin nach der Marke meines Mantels gefragt“ zu werden, sagt er im Singsang seiner badischen Heimat, „das tut schon auch brutal weh“. Da gehe er lieber hinten rein – und spielt sich von da aus ins Rampenlicht, ganz leise. Denn Felix Eitner spielt alles und das regelmäßig, er tut es im Arthaus-Kino wie Doris Dörries Kirschblüten – Hanami oder in ZDF-Hochglanz wie Margarethe Steiff, in der ARD-Klamotte Für immer 30, wo er kürzlich mal die Besetzungsliste anführte, ebenso wie im Stuttgarter Tatort, wo er kürzlich sogar Dialekt sprechen durfte. Er kann fast alles, sogar Hochdeutsch. Am besten aber kann er Komödie.

Das wusste schon Rainer Matsutani, als er Felix Eitner 1995 in der Zombie-Groteske Nur über meine Leiche besetzte. „Ein neuer Tony Randall“, schwärmte der Regisseur damals. Jener Zuspieler also, der gern als überdrehter Spießer zwischen Rock Hudson und Doris Day vermittelte. Dieser Typus liegt auch dem früheren Klassenclown mit späterer Clownausbildung, dem Sohn zweier Lehrer, der selbst einer werden wollte und jetzt immerhin hier und da spielt, geprüft und abgenommen von seiner volljährigen Tochter.

Früh geheiratet, rasch Vater, Häuschen im Allgäu, Haarausfall ohne Kopfrasur, Spießer als Paraderolle – Felix Eitner grinst: „Es gibt bei mir einen gewissen Zug zum Bodenständigen“. Und sei es nur, um sich im hektischen Filmbetrieb mit all seinen Eitelkeiten zu erden. Er pflegt diesen Zug auch in der ARD-Schnulze zum Wochenende wie er es eben bei Alles Klara pflegte. Dass das weder lustig noch gehaltvoll ist – an Felix Eitner liegt es nicht.

Der aktualisierte Text ist i m April 2012 in der Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau erschienen


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