2 Bier – 1 Platte

IMG_4755Fuck Art, Let’s Dance & Red Hot Chili Peppers + Sigur Rós

Noch schwelgen viele in Erinnerungen ans bunt-glitzernde Fusion-Festival, das gestern zu Ende ging. Auch Fuck Art, Let’s Dance waren dort und haben mit ihrem Indiesynthiepop die Menge tanzen lassen. Für ihre experimentierfreudigen Auftritte sind die vier Hamburger mittlerweile über alle Genregrenzen hinweg bekannt. Beim Sonntagsbier am Dienstag im Café May sprechen Nico und Romeo heute über ihre musikalische Inspiration und Vorbilder in Sachen Performance.

Von Marthe Ruddat 

freitagsmedien: In vergangenen Interviews fiel das Gespräch immer wieder auf eine gewisse Rockband, wenn es um Eure musikalische Entwicklung ging. Sprechen wir heute auch über diese Band?

Romeo: Also bei mir geht es da immer um die Red Hot Chili Peppers, falls du die erwartet hast.

Bingo! Welches Album ist dein liebstes?

Romeo: Definitiv die Blood Sugar Sex Magik. Es gibt auch noch viele andere richtig geile Platten von denen, aber die hat mich so richtig geprägt. Und ich glaube auch bei Tim und Damian ist das so. Nico ist da ganz anders.

Nico: Ganz anders!

Blood Sugar Sex Magik, ja, mit K! Das fünfte Studioalbum der Red Hot Chili Peppers ist bis heute ihr kommerziell erfolgreichstes Album. Mit Give it Away und Under The Bridge enthält es zwei immer noch oft gespielte Funkrock-Klassiker.

Ihr seid zusammen zur Schule gegangen und ward eine Gang, aber habt ganz unterschiedliche Musik gehört?

Nico: Nee, wir waren nur zusammen in der Grundschule. Die Jugend habe ich gar nicht mit den anderen verbracht, das zählt also gar nicht so richtig.

Romeo: Genau. Die anderen und ich haben so mit 14 oder 15 angefangen die Peppers zu hören. Mich hat das sofort total geflasht. Die Blood Sugar Sex Magik Marthe-RHCPwar für mich eine ganz neue Musikrichtung. Und dann auch noch diese Live-Auftritte und das Improvisieren auf der Bühne, das war einfach der Shit.

Nico ging also auf eine andere Schule und hörte auch andere Musik?

Nico: Ja schon. Mein Bruder ist bei seinem Vater aufgewachsen und war in dieser Happy-Hardcore-Szene, Terrorcore und so einen Shit hat der gehört. Und sowas hab ich mir mit acht Jahren dann auch reingezogen. Das habe ich zwar lange gehört, aber eigentlich zählt das auch nicht so richtig. Was mich aber so richtig geprägt hat, ist Coldplay.

Oh no…

Nico: Jaja, du lachst! Jeder hasst Coldplay, du hasst Coldplay! Aber ganz ehrlich, als ich mit 14 die erste Coldplay-Platte gehört hab, war das wirklich der Hammer! Die hat mich dazu gebracht, dass ich selber irgendwie Musik machen wollte. Mittlerweile sind die natürlich ziemlich scheiße. Die haben ihre Seele verkauft. Spätestens als die angefangen haben irgendwas mit Justin Bieber zu machen. Die beste Anekdote ist eigentlich noch, dass Chris Martin mal selber die Story erzählt hat, dass David Bowie nicht mit ihm zusammen arbeiten wollte. Kann man irgendwie verstehen…

Coldplay wollten David Bowie tatsächlich mal für ein Feature gewinnen. Wortwörtlich soll er geantwortet haben: „It’s not a very good song, is it?“ Wirklich böse waren Coldplay ihrem Idol aber wohl nicht.

Wählst du als Platte jetzt also das Debut von Coldplay?

Nico: Nee. Also ich bin schon immer sehr exzentrisch gewesen, was Musik angeht. Ich habe schon immer krasses Zeug gehört: japanischen Noise, Avantgarde und alternative Dancemusik. Field recordings sind auch super. Ein Track ist sieben Minuten lang und mit Vogelgezwitscher oder irgendwie so was untermalt. Aber meine Lieblingsplatte, die ich auch rauf und runter höre, die ist von Sigur Rós.

Sigur Rós. Die isländische Band um Sänger und Gitarrist Jón Thór Birgisson ist unmöglich in eine bestimmte Schublade zu stecken. Trotzdem schafften sie es mit Fantasiesprache und fantasievollen Arrangements weltweite Aufmerksamkeit zu erzeugen. David Bowie outete sich als Besucher ihrer Konzerte als Fan.

Marthe-RosNicht wirklich populäre Musik. Du bewegst dich also weiter lieber in ungewöhnlichen Gefilden?

Nico: Ja, wie gesagt, ich habe früher immer diese Sachen gehört und irgendwann bin ich auf die () von Sigur Rós gestoßen .

Das hat also auch was mit deiner Computer-Affinität zu tun. Wie muss ich mir das vorstellen?

Nico: Ich hab da so meine Standardseiten. Die klappere ich immer mal wieder ab und manchmal findet man da wirkliche Schmuckstücke. Zum Beispiel ein paar richtig geile Indierock-LPs von irgendwelchen Japanern. Die würdest du sonst niemals hören und die Band kommt wahrscheinlich auch niemals hier her. Aber so entdeckt man viel und ich habe SigurRós gefunden. Trotzdem ist mein Musikgeschmack sehr breit gefächert. Nur Schlager mag ich nicht.

Manch anderer hat SigurRós vielleicht bei Game of Thrones entdeckt. In der vierten Staffel hatten sie einen Gastauftritt als Musikanten auf der königlichen Hochzeit und spielten eine Version ihres Songs The Rains of Castamere.

Romeo, erinnerst Du dich, wer die Peppers angeschleppt hat?

Nico: Stimmt, wer war bei euch eigentlich so der Erste? Das würde mich auch mal interessieren.

Romeo: Ich glaube, ich habe mit meinem Bruder immer zusammen Musik gehört und irgendwann kam Damian mit der Blood Sugar Sex Magik an. Wir fanden die alle ziemlich geil. Dann haben wir angefangen selber Musik zu machen, indem wir die Platte gecovert haben. Das waren dann so unsere Anfänge als Schülerband.

Das klingt, als hätte die Begeisterung mit dem Erwachsenwerden etwas abgenommen?

Romeo: Ja, die Peppers haben schon etwas an Charme verloren. Was uns immer beeindruckt hat und was uns als Band auch total wichtig ist,ist das, was live passiert. Sich ausprobieren und improvisieren. Und das haben die Peppers ein bisschen verloren.

Hörst Du die Platte denn noch?

Romeo: Ja schon. Aber ich höre heute ganz anders Musik und bastele mir immer neue Playlists. Bei den aktuellen ist sie dann eher nicht dabei. Wenn, dann höre ich sie eher komplett durch. Seitdem wir selber Musik machen ist das aber auch irgendwie anders. Es gibt einfach immer noch viele kleine Dinge zu entdecken, neue Gitarren oder Parts.

Trotzdem kennt die Platte eigentlich jeder. Bei Sigur Rós ist das anders. Nico, wie würdest du die Platte jemandem beschreiben, der sie nicht kennt?

Nico: Hmm, also sie ist sehr ruhig, sehr nachdenklich. Irgendwie ist sie gemütlich. Aber nicht so gemütlich, dass man einpennen will. Da sind so viele Kleinigkeiten drin, die man erst hört, wenn man sie zum zehnten Mal hört.

Um mal auf andere Art und Weise auf dem Kunstding eures Namens rumzureiten: Mit welchen Farben würdest Du die Platte beschreiben?

Nico: Oh, sehr düster! Noch dunkler als grau, grau-schwarz vielleicht. Oder ein düsteres Marineblau. Als wenn du 1000 Meilen unter dem Meer bist und eigentlich gar nichts mehr siehst. Schon echt böse und deprimierend.

Wann kam der Moment, als ihr euch von Vorbildern gelöst habt und den FALD-Stil entwickelt habt?Marthe1

Romeo:Für mich war das dieses New-Wave-Ding. Zu der Zeit hat sich unsere Schülerband aufgelöst und ich habe angefangen mit Nico Musik zu machen. Das war 2005 oder 2006. Ich wollte unbedingt dieses neue Zeug ausprobieren und wusste, dass Nico so etwas macht. Der Rest war irgendwie Schicksal.

Nico: Es gab bei uns wirklich mal einen entscheidenden Punkt. Wir saßen zusammen und haben irgendeinen Digitalism-Kram gemacht. Nach drei Wochen haben wir dann gemerkt, dass das nicht unser Ding ist. Wir sind einfach eine Band! Und dann haben wir Tim ins Boot geholt, später dann Damian und nun sind wir eine richtige Band. Auch wenn bei uns immer viel Elektronik dabei ist, ist uns eine Sache besonders wichtig: viel Rock’n’Roll.

Den Rock’n’Roll von Fuck Art, Let’s Dance kann man in diesem Jahr noch auf zahlreichen Festivals live erleben. Alle Termine und weitere Infos gibt’s auf faldmusic.com.

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