Franziska Weisz: Tatortkarriere & Politresultat

weiszIch streite nicht gern

Seit Franziska Weisz an der Seite von Wotan Wilke Möhring die Hauptrolle im Norddeutschen Tatort spielt, steht die 36-jährige Wienerin voll im Rampenlicht; dabei ist die Quereinsteigerin schon ewig in der Filmbranche erfolgreich. Ihr prägender Auftritt im ARD-Politdrama Die vierte Gewalt (Foto: Marc Meyerbröker/NDR) hat also offenbar andere Gründe als die Krimireihe. Ein Gespräch über ihren Plan A Journalismus, den Plan B Schauspiel und warum sie Politik oder rote Teppiche eigentlich ganz gerne mag.

Von Jan Freitag

Frau Weisz, ist der Begriff „spröde“ in Österreich gebräuchlich?

Franziska Weisz: Ist er. Aber seit ich in Berlin wohne, spreche ich auch ganz gut Deutsch.

Klingt es aus Ihrer Sicht positiv, wenn jemand sagt, Sie hätten spröden Charme?

Sofern damit trockener Humor und leicht erschwerte Zugänglichkeit gemeint ist, klingt das richtig schön. So ein bisschen rissig, will überzeugt werden, nicht umschmeichelt. Ich finde ja meinerseits auch Menschen spannender, die ich ein bisschen knacken muss. Wer von vorneherein alles super findet, ist schnell langweilig. Finden Sie meinen Charme spröde?

In Ihren Rollen ja, Sie persönlich lerne ich ja jetzt grad erst kennen.

Aber meine Rollen, das bin schon auch oft ich. Man kann sein Naturell durchs Spiel ein Stück weit ergänzen, aber nicht völlig ändern. Dass meine Figuren nie total sonnig sind, sondern ein wenig sperrig, entspricht daher auch mir.

In Ihrer Staatssekretärin Katharina Pflüger schwingt eine Art optimistischer Melancholie mit…

Ein schöneres Kompliment hätten sie ihr und damit mir kaum machen können! Aber jemand, der sich auf dem Weg in ein politisch wichtiges Amt wie das einer Bundesministerin befindet, muss natürlich auch tough und ein Stück weit egoistisch sein, aber in diesem Fall eben nicht nur. Sie hat bei allem Ehrgeiz auch Ideale und Skrupel, das finde ich schön. Weil sie nicht gefällig ist, ist sie mir so sympathisch.

Sind gute Politiker darin guten Schauspielern ähnlich?

Absolut. Beide müssen angemessen eitel, aber auch teamfähig sein und den Mut haben, sich mit seinem Text selbstbewusst der Öffentlichkeit zu stellen. Auch unser Umgang mit Medien ähnelt sich, elegant zwischen Pragmatismus und Zielstrebigkeit.

Ein grundlegender Unterschied zwischen Politiker und Schauspieler ist hingegen, dass ein Skandal erstere zurückwirft, letztere aber voranbringt.

Kommt auf den Skandal an. Während man einem Politiker hierzulande Unehrlichkeit zumindest noch nicht verzeiht, darf ein Schauspieler zwar lügen, aber irgendetwas Kriminelles mit Kindern bedeutet für beide das Ende.

Aber wenn Margot Käßmann besoffen autofährt, ist die Karriere vorbei, wenn es Franziska Weisz tut, erhöht die zugehörige Berichterstattung sogar ihren Marktwert.

Zumindest bei Männern, stimmt. Aber Unterhaltung zu machen, ist zwar eine andere gesellschaftliche Verantwortung als das Land politisch zu lenken. Entertainer müssen sich jedoch ebenfalls ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Die muss man erkennen und annehmen.

Tun Sie das?

Ja! Zumal ich es als Chance sehe, durch meinen Beruf von den Menschen in meinem Handeln wahrgenommen zu werden. Ich kann wirklich was bewirken; und sei es nur, ein gutes Leben vorzuleben.

Gefährlich wird es nur, wenn man dadurch langweilig wird. Ein bisschen Glamour darf‘s schon sein oder?

Das gilt aber für immer mehr Bereiche der Gesellschaft. Vergleichen Sie mal Politiker vor 30 Jahren mit denen von heute; wie ich müssen die sich längst alle perfekt repräsentieren können. Am Ende haben Politiker aber die Aufgabe, das Land zu gestalten, und Schauspieler, das Publikum zu unterhalten. Punkt.

Haben Sie nicht das Gefühl, ein Film wie Die vierte Gewalt geht darüber hinaus? Die Verquickung von Medien und Politik darin ist doch Wasser auf die Mühlen derer, die „Lügenpresse“ krakeelen.

Das sehe ich anders: Der Film handelt von Individuen, die aus persönlichen Gründen so handeln müssen, wie sie es tun, dabei aber sehr wohl ständig abwägen, was das für andere bedeutet. So reißerisch Recherche und Berichterstattung dabei manchmal dargestellt werden – es gehtstets um Menschen in einem System gegenseitiger Abhängigkeit. Und wenn die Gesundheitsministerin ihren Einfluss geltend macht, um den todkranken Bruder zu retten, ist das politisch unzulässig, aber menschlich verständlich; sie tut es ja nicht aus Profitgier. Das hält uns allen den Spiegel vor.

Wie würden Sie in solch einer Situation wohl handeln?

Die Frage hab ich mir natürlich auch gestellt, konnte sie aber nicht beantworten. Was nochmals belegt, welchem Druck wir alle Politiker aussetzen, auf keinem Fall je aus persönlichen Gründen zu handeln, keine Fehler zu machen, jedes Wort genau abzuwägen.

Klingt, als wäre der Beruf nichts für Sie?

Das hab ich nicht gesagt! Aber Politik ist wahnsinnig kräftezehrend; Obama sieht nach acht Jahren Präsidentschaft nicht umsonst 20 Jahre älter aus… Außerdem bin ich kein allzu konfliktfreudiger Mensch und streite nicht gern; das sollten Politiker schon mögen. Trotzdem hab ich auch deshalb Politik und Medien studiert, weil mich beides ungeheuer bewegt.

War es demnach ein Unfall, dass Sie 1999 zum Film gekommen sind?

Unfall nicht, weil mein Kindheitstraum das Schauspiel war. Es erschien mir aber lange als so realitätsfern, dass mein Plan A politischer Journalismus war, bis ich 1999 eher zufällig zum Film gekommen bin.

Fehlt Ihnen ihr Plan A nicht manchmal?

Fehlen nicht, aber ich bin nach wie vor totaler Nachrichtenjunkie, auf richtigen Zeitungen aus echtem Papier. Trotzdem ist mein Beruf nun mal Schauspielerin, und das mit vollem Herzen.

Und dieser Beruf hat gerade einen ganz schönen Sprung gemacht oder?

Durch den Tatort? Ich empfinde es zunächst mal als Anerkennung, fast eine Ehre, in diesem tollen Format mitspielen zu können. Und man wird auch ganz anders wahrgenommen. Aber fragen Sie mich am besten noch mal in fünf Jahren.

Mögen Sie denn das neue Rampenlicht, nachdem Sie ja eigentlich auch vorher schon ständig Hauptrollen gespielt haben?

Ach mögen… So sehr, wie ich das Drehen mag, feier ich es halt auch gern. Und da gehört ein wenig Rampenlicht einfach dazu. Ich will nicht täglich über den roten Teppich, aber als mein erster Tatort im Kino eine Fan-Premiere hatte, fand ich das toll.

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