Shovels & Rope, Matthew & The Atlas, Hodgy

tt16-shovelsShovels & Rope

Wenn dieser Tage etwas allzu arg nach USA klingt, das allzu aufdringlich great again werden will, reagieren liberale Gemüter instinktiv skeptisch. Der Genremix Americana, stilistisch zwischen Country und Folk angesiedelt, hat es demnach gerade schwer, unpolitische Aufmerksamkeit zu kriegen. Durch diese hohle Gasse müssen Cary Ann Hearst und Michael Trent also erstmal kommen, um zu uns durchzudringen. Dann aber schaffen sie es spielend. Unterm Duett-Namen Shovels & Rope zelebriert das Ehepaar aus South Carolina bereits seit fast zehn Jahren seine alternative Version des Westernsounds. Unterm Titel Little Seeds erscheint ihr fünftes Album jetzt auch in Deutschland. Und es ist ganz hinreißend.

Mit einem klingenden Fuhrpark analoger Instrumente, grundiert von Gitarre (Trent) und Schlagzeug (Hearst), schlingert ihr bezaubernder Doppelgesang durch Harmonien, die nie harmonisch sein müssen, aber sind, weil sie Harmonie als Zusammenspiel, nicht Wohlklang definieren. Gewiss, manchmal klingt das schon wie Dolly Parton und Willie Nelson im Duett. Zwischendurch aber kratzt und hakt ständig es in den Arrangements, die dadurch etwas Räudiges, Ungeschliffenes kriegen. Mit einer gehörigen Portion Humor und Politik in den Texten hat das Ganze dann mit den hässlichen Seiten der USA ohnehin weniger zu tun als Donald Trump mit einem Intellektuellen.

Shovels & Rope – Little Seeds (New West Records)

tt16-mataMatthew & The Atlas

Mit Vergleichen sollte man sich tunlichst zurückhalten, wenn man den Vergleichssubjekten keine allzu große Last auf die Schultern bürden möchte wie Atlas die Erdkugel, an der er sich bekanntlich schwer verhoben hat. Den unscheinbaren Singer/Songwriter Matthew Hegarty als “britischen Bon Iver” zu bezeichnen, mag also atmosphärisch nahe liegen, ist aber wenig konstruktiv. Zu gediegen ist das Werk des kanadischen Vergleichsgegenstands; zu eigensinnig ist der Verglichene als Kopf des Folk-Quartetts Matthew & The Atlas, also der mit dem Globus. Ihn scheint der singende Gitarrist durchaus herumzutragen, so gequält klingt sein Gesang manchmal. Aber das umschreibt es nur wenig erschöpfend.

Auf der Unplugged-Version ihres zweiten Albums Temple, das im Frühjahr zumindest ein paar Experten des Genres verzückt hat, entspringt dem strikt analogen Gemisch aus Gitarren, Kontrabass, Harfe nämlich etwas Außergewöhnlich: Lebensbejahende Melodramatik, die den Eindruck erweckt, Matthews Schultern trägt die Last des Planeten durchaus gern. So gesehen könnte man einen weiteren Vergleich anstellen und gleich widerlegen: Antony and the Johnsons. Nicht, weil beide Sänger den Nachnamen teilen, sondern tief verwurzelte Schwermut in bezaubernde Melodien pressen. Der britische Hegarty schafft es dabei jedoch anders als der aus New York, ein bisschen am Pathos zu sparen. Ohne Strom übrigens noch schöner als mit.

Matthew & The Atlas – Temple unplugged (Communion)

tt16-hodgyHodgy

Kein Sonderzeichen im Titel, aber dafür umso mehr Text wie in seinem Metier üblich, verabreicht uns ein alter Bekannter des HipHop: Hodgy (Beats). Ohne sein kalifornisches Rap-Kollektiv Odd Future Wolf Gang Kill Them All, kurz OFWGKT, also auch ohne Tyler, the Creator, treibt er für seine Lyrics diesmal allerdings nicht in einem Seitenarm seines Metiers und macht aus Splatterfilm-Sequenzen Horror-Sprechgesang, sondern krault in einen der Hauptströme, die man schon fast vergessen hat. Auf seinem Solo-Debüt Fireplace: TheNotTheOtherSide macht Hodgy nämlich eine Art Gangsta-Rap, allerdings ohne jede Gangsta-Attitüde, wofür man sich allerdings mühsam am Gangsta-Vokabular vorbeihören muss.

Schon im dritten Track Barbell dekliniert er schließlich so unfassbar oft das bös N****-Wort durch, dass Pulp Fiction im Vergleich völlig frei davon wirkt. Auch danach wird wild weiter geniggert, gelegentlich angereichert um jene “Fucks” und “Bitches”, die sich selbst moralisierender Conscious-Rap wie dieser nicht verkneifen kann. Dennoch sprechen drei Gründe dafür, zuzuhören: Die Texte ironisieren das selbstreferenzielle Ghettogelaber eher als es zu feiern; Gaststars wie Busta Rhymes oder Salomon Faye verweisen wie Hodgy selbst auf eher kritische Perspektiven zu den inkriminierten Lyrics. Und dann ist der Sound so großartig reduziert, dass man nicht umhin kommt, Fireplace als gelungenen Jahresabschluss des HipHop zu bezeichnen. Fucking Christmas, N****z!

Hodgy – Fireplace: TheNotTheOtherSide (Sony)

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