QTY, Beans On Toast, Dialects

QTY

Schnodderschnodder, Schrammelschrammel, Rotzrotz – Gitarrenrock ist genetisch betrachtet keine Sache orchestraler Arrangements und feingliedriger Poesie. Gitarrenrock entstammt dem Gestus der Rebellion auf Turbinenlautstärke bei Zimmertemperatur. Gitarrenrock will die Welt nicht umstürzen, aber in klein wenig aufwühlen. Gitarrenrock will, in wenigen Worten: eigentlich seit jeher klingen wie der von QTY. Und da ist es wirklich überhaupt kein Wunder, dass dieses Duett aus New York stammt, wo der Gitarrenrock von den Talking Heads bis Moldy Peaches, von Ramones bis Strokes, von Velvent Underground bis zu den Beasty Boys immer und immer wieder an seine Wurzeln erinnert.

Das selbstbetitelte Debütalbum der singenden Gitarristin Alex Niemetz mit ihrem singenden Gitarristen Dan Lardner (mit namenlosen Drummer) sortiert sich mit seiner entspannt mäandernden Mischung aus Garage, LoFi und Eastcoast-Americana zu Texten über dieses und jenes, aber nichts Besonderes schön verschroben ein zwischen all den Nachbarn früherer Tage. “Undeniably brilliant” urteilt der NME über die zehn kurzen Tracks und meint das gewiss nicht im Sinne vertrackter Tiefe oder komplizierter Fingerfertigkeiten. Es geht um die Reduktion des Genres aufs Wesentliche: eine gute Zeit mit einfachen Mitteln, um Lebensgefühle auf den Punkt zu bringen, die manchmal eben gar nicht so kompliziert sind wie die Welt ringsum. Ein fantastisches Album für einfach so.

QTY – QTY (Dirty Hit)

Beans on Toast

Jay McAllister sieht schwarz, pechschwarz. Scheißwelt da draußen. Big Data stiehlt uns die Privatsphäre und Massentierhaltung alle Lebensgrundlagen, Populisten lügen, Kapitalisten betrügen, überall Fake, Verfall und Gewalt. „The world is dying/shit is getting serious/everybody’s lying/it’s impossible to tell the truth“, singt er mit zerkratzter Stimme und folgert beweint von einer wimmernden Geige gleich achtfach, wie uns die Angst im Griff hat. Worryworryworryworry… Selbst für Berufsoptimisten wie den Songwriter Beans on Toast aus Sussex, als der er ein Drittel seiner 36 Jahre den Anti-Folk seiner englischen Heimat aufmischt, wirkt die Zeit hoffnungslos. Nur ernst, das ist sie nicht.

Und deshalb steckt sich der Zauselbart zum Auftakt seiner neunten Platte eine Sonnenblume an die Kappe, tanzt durchs Industriegebiet, betont im zugehörigen Video, er sei nun seine eigene Propagandamaschine und glaubt einfach nur noch, was sie ihm einflüstert. Es muss was Schönes sein. Denn so beschwingt, furchtlos und humorvoll, wie Beans on Toast auf Cushty die Untiefen des Lebens feiert, scheint ihn nichts auf Erden je unterkriegen zu können. Nicht mal der Brexit, für den er in The Ignorant Englishman zur Quetschkommode auf Deutsch um „Entschuldigung“ bittet. Der Untergang kann echt unterhaltsam sein!

Beans on Toast – Cushty (Xtra Mile Recordings)

Dialects

Es ist natürlich ein schöner Twist, sich als nahezu wortlose Instrumental-Band Dialects zu nennen. Weil die vier dicken Freunde aus Glasgow bis auf seltene Refrainpeitschen weitestgehend auf Gesang verzichten, sind sprachliche Färbungen ja per se ziemlich ausgeschlossen. Umso erstaunlicher ist es, wie sehr ihr Debütalbum mit sich und dem Publikum zu reden scheint. Schon die erste Singleauskopplung, das vielschichtig schöne Auftaktstück Superluminal, feilt mitunter hauchzartes Picking ins Gitarrenbrett, als bäte es schüchtern um Gehör. Später dann beginnt die High-Hat von Szyman Ostasz aufgeregt in Sechzehnteln zu flüstern, als zwischendurch mal für einen Moment lang Ruhe herrscht.

Überhaupt – der Drummer. Er firmiert meistens als ordnende Hand, nur um die Soundwände ringsum kurz darauf dekonstruktiv zum Einsturz zu bringen. Wie im Mathcore üblich ist Because Your Path Is Unlike Any Other schließlich Schlagzeugmusik, für ungeübte Ohren völlig unberechenbar, für geübtere oft reine Notenzählerei. Doch anders als beim Mathcore üblich, ergehen sich die Dialects dabei nicht im Wettbewerb der vertracktesten Taktlängen, sondern machen die zehn Stücke zum Gesprächsstoff. Dem schönstes des Genres seit langem.

Dialects – Because Your Path Is Unlike Any Other (Throuhg Love Records)

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