Gordon Raphael, Superchunk, Pete Astor
Posted: February 16, 2018 | Author: Jan Freitag | Filed under: 5 freitagsmusik |1 Comment
Gordon Raphael
Nein, wir wollen uns nicht täuschen lassen von äußerem Schein und bunten Flitterkram, wir wollen vorm Vorurteil ins Innere schauen und allem Anschein wenig Beachtung schenken. Wir wollen also, gelobt sei der Tiefgang, Gordon Raphael trotz des geschmacksverirrten Plattencovers eine Chance geben. Sie lohnt sich. Als Produzent von den Strokes oder Regina Spektor bislang eher Backstage bekannt geworden, begrüßt uns seines Debüt als Solo-Musiker mit einer altrosa wabernden Krautrock-Hülle, die auch klanglich zugekiffte Gitarrenteppiche mit synthiebegleitetem Selbsterweckungsgefasel befürchten lässt. Gut, all dies gibt es auf Sleep On The Radio durchaus. Aber eben noch so viel mehr.
Der Wahlberliner aus Seattle schafft es nämlich, Stoner so funkensprühend mit LoFi-Pop zu verweben, dass daraus eine der charmantesten Platten des – zugegeben noch jungen – Jahres wird. Sein Meisterwerk Is This It klingt darin ebenso durch wie ein viriler Mix aus Iggy Pop, Joe Jackson, Frank Zappa und Velvet Underground, die allerdings allesamt so lange durch den Wolf moderner Studiotechnik gedreht werden, dass es glockenklar schön wirkt. Wenn man sich Gordon Raphael jetzt noch auf Tour mit seiner Live-Band Half Full Flashes vorstellt, die aus Kollegen von Die Nerven bis Sea & Air besteht, möchte man sofort reinhüpfen in diese Scheußlichkeit von Cover und auch was von dem Zeug haben, das darin verabreicht wird.
Gordon Raphael – Sleep On The Radio (Zero Hours Records)
Superchunk
Ein bisschen nach gestern und doch modern zu klingen, mag für neue Bands bisweilen heikel sein. Für Superchunk ist es das denkbar größte Lob. Schon als ein George Bush ohne W. dazwischen US-Präsident war, drosch sich das Quartett aus North Carolina den Frust über den Rechtsruck ihres Heimatlandes aus den Saiten. Drei Jahrzehnte später nun ist dieser Rechtsruck zum vulgärnationalistischen Irrsinn angeschwollen, und die vier Freunde haben mehr Grund denn je, optimistisch dagegen anzurocken. “Es wäre einfach seltsam gewesen, wenn eine Band wie unsere das ignoriert hätte”, sagt Mitgründer Mac McCaughan und erklärt das Erscheinen von What A Time To Be Alive. War er nicht erklärt: Wie man so schlecht gelaunt so fröhlich wirken kann.
Ähnlich dem knappen Dutzend Platten zuvor, strahlt auch diese hier nämlich einen gut gelaunten Trotz aus, der mit den geschredderten Fuzz-Gitarren oder McCaughans lustig hochgepitchtem Geschrei allein nicht erklärbar wäre. Superchunk haben sich einfach die unbeschwerte Leichtigkeit der College-Garage bewahrt, ohne dabei je den Ernst des Großen Ganzen davor zu vergessen. Und das Schönste: Endlich gibt es hier Punk, dem man kein verschämtes Post voranstellt, kein Wave, das aufs No folgt. Alles ist ohne Punkt und Komma einszweidreiviergo, dabei jedoch filligran genug, um sich abermals vom genregemäßen Dilettantismus zu lösen.
Superchung – What a Time to Be Alive (Merge)
Pete Astor
So richtig lange dabei, wenngleich in einem völlig anderen Genre, ist auch Pete Astor. Angefangen im Indiepop vor mehr als 30 Jahren, blieb der Frontmann von Indiepop-Bands wie The Weather Prophets oder The Loft auch solo dem Indiepop treu und macht bis heute, genau: Indiepop. Ein schwieriges Metier, stets am brüchigen Rand von Kitsch und Mainstream. Nur zu weit vorbeugen darf man sich da eben nicht. Peter Astor wagte sich manchmal gefährlich nah an die Kante. Aber eben nie zu nah, heute – mit bald 60 – weniger denn je.
Schon vor zwei Jahren schaffte es sein achtes Album Split Milk, Leichtigkeit so mit Tiefgang zu verlinken, dass man ihn kaum wahrnimmt, aber untergründig spürt. Und der Nachfolger One For The Ghost führt das nun fort. Die zehn Stücke klingen, als säße Lou Reed mit den Beach Boys im Countryclub. Dank Pete Astors alterungsresistenter, fast hippieesker Stimme erinnert das manchmal an Emorockjungs der Neunziger wie Better Than Ezra oder Deep Blue Something. James Hoare (Gitarre), Franic Rozycki (Bass) und Jonny Helm (Drums) holen den Sound aber zurück in die Gegenwart des Urban-Folk. Klingt heiter, fühlt sich gut an, hört man so weg. Schönes Album.
Pete Astor – One For The Ghost (tapete records)
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