Lo Moon, Brett

Lo Moon

Und wenn über dem Keyboard getragen die Stimm fleht, wenn darunter noch getragener das Schlagzeug zappelt, wenn mittendrin Synthesizer zucken, wenn Gitarre und Bass mit Text und Sound ein melodramatisches, aber irgendwie hoffnungsfrohes Gespinst verknüpfen, dann sind wir in einem ganz, ganz schwierigen Genre. Es nennt sich Dreampop und wird gewiss nicht weniger anfällig für kommerzielles Pathos, weil das Marketing ein künstlerisches “Art” davor klemmt. Also gut: Lo Moon ist also ein “L.A.-Art-Pop-Trio”, dem es offenbar darum gelegen ist, so viel Gefühl zu vermitteln, dass durch die zehn Stücke um Liebe, Leid, das Leben schon mal trotzig die Trombone wimmert. Könnte also furchbar sein. Ist es aber nicht.

Die angloamerikanische Mischung aus dem Kalifornier Matt Lowell (Gesang), Bassistin Crisanta Baker (Denver) und an der Gitarre Samuel Stewart (London) mag von hinten durch die Brust ins Auge Emotionalität schießen. Doch ihr selbstbetiteltes Debütalbum verliert dabei nie die Bodenhaftung und klingt dadurch nicht nur ein wenig nach dem New Wave der Achtziger von Talk Talk bis zum Newnew Wave der Nuller von The XX, sondern fast immer ungemein angenehm. Die athmosphärischen Synths sorgen gemeinsam mit der feinen Restrock-Attitüde für eine Eleganz, die man so manchem Schlabber-R’n’B nur wünschen kann. Lo Moon ist vielleicht etwas pathetisch, es bleibt aber stets lässig und cool.

Lo Moon – Lo Moon (BB*Island)

Brett

Brett ist ja mal eine Ansage. Brett heißt musikalisch betrachtet volle Breitseite. Um Brett zu heißen muss man demzufolge auch Brett liefern. Und Brett liefert. Brett ist eine Band, die aus allen Teilen Deutschlands, wie es scheint, zusammengewürfelt in Hamburg zusammengefunden hat, um aus Brettern Rock zu machen oder umgekehrt. Und das Debütalbum mit dem ziemlich grandiosen Titel WutKitsch macht genau das: Postpunkrock, der kachelt. Aber eben nicht nur das. Er kachelt mit Stil und Bedacht. Ganz im Sinne des progressiven Philosphiestudentenhatecore der Marke Messer, Trümmer, 208, Die Nerven und wie sie alle heißen, wird Empörung zu Krach und Krach zu Empörung und das klingt, meistens zumindest, ziemlich gut.

In der Videoauskopplung Ein schöner Tag (schade, dass Krieg ist), dekliniert Sänger Max zu grob verzerrter Gitarre in leicht überhitztem Geschrei durch, wie schön die Welt doch wäre, wenn die Welt denn kollektiv an ihrer Schönheit teilhaben dürfte und nicht nur ein paar Privilegierte. Das ist so der Tonfall. Textlich ausgefuchst, musikalisch vielschichtig, manchmal etwas ostentativ revoltierend und vom Sound her metallisch, aber im Grunde völlig angemessen angesichts einer Zeit, die eigentlich dringend einer Revolte der Entrechteten bräuchte, stattdessen aber bloß eine stumpf nationalistischer Rassisten kriegt. Ein Brett gegen Stumpfsinn und Populismus. Harte Zeiten.

Brett – WutKitsch (Chimperator)

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