Rezos Zerstörung & Drogen im Netz

Die Gebrauchtwoche

20. – 26. Mai

Nun hat ist es also aus und doch noch am Anfang: Nach 73 Folgen in 8 Staffeln sind die letzten Kriege gefochten, die letzten Ränke geschmiedet, die letzten Feinde besiegt, die letzten Freunde verraten, doch nach dem Game of Thrones ging das Spiel des Publikums ja erst los. Uninspiriert, langweilig, banal, einfallslos, schlicht scheiße lautet die Kritik an einem eigentlich sehr kreativen, weil bedächtigen Ende. Das liegt allerdings weniger am Inhalt als an Verlustängsten; schließlich hat die erfolgreichste TV-Serie aller Zeiten ihre Fans neun Jahre lang von Zuschauern zu Angehörigen einer Großfamilie gemacht, in der jeder Stimmrecht beansprucht.

Seither geistern Petitionen für a) ein Staffel-Remake oder b) die Fortsetzung durchs Netz. Angesichts der glaubhaften Feststellung von HBO, GoTxit meens GoTxit, wäre es allerdings wahrscheinlicher, dass die ARD bei der Übertragung eines Pokalendspiels der Bayern gegen Dosenbrause Leipzig a) auch nur ein Wort über die sportverachtende Wettbewerbsverzerrung beider Finalisten verliert oder b) Fifa-Besitzer Infantino in der Pause zu Korruption und Diktatorenkuscheln befragt. Ähnlich undenkbar: dass Heinz-Christian Strache sein Ibiza-Video a) wiederholen oder b) weiterspinnen darf.

Dafür könnte man dann a) Shahak Shapira oder b) Philipp Amthor einsetzen, der aber zuvor noch einen Beef mit a) seiner juvenilen Greisenhaftigkeit oder b) dem Youtuber Rezo ausfechten muss, dessen fast acht Millionen Mal geklickter Film Die Zerstörung der CDU ein journalistisch teils unausgewogenes, aber sehr kraftvolles Bekenntnis der jungen Objekte bürgerlichen Regierungshandelns zur politischen Partizipation ist, das – bei aller Kritik am renitenten Mitglied einer unionsfremden Alterskohorte – nun mal vollumfänglich der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes unterliegt.

Die Frischwoche

27. Mai – 2. Juni

Pünktlich zum 70. Verfassungsgeburtstag startet übrigens der wunderbare Indie-Entertainer Micky Beisenherz unterm Namen des unabänderlichen Grundrechts eine Comedy-Show, in der genau diese Art konservativer Ignoranz durch den Kakao gezogen wird. Schade, dass Artikel 5 ab Donnerstag vorerst zehnmal auf Magenta TV, nicht öffentlich-rechtlich zu sehen ist. Dort läuft dafür heute bisschen spät, aber immerhin im Ersten (23.30 Uhr) die sehenswerte Doku Der Schwulen-Paragraf, mit dem die Bundesrepublik nationalsozialistisches Unrecht bis tief in die Gegenwart fortgesetzt hatte.

Das passt gut zum musikalischen Themenabend, an dem 3sat am Mittwoch ab 20.15 Uhr das Rechtsrockland von Neonazi-Band bis Blut-und-Boden-Barde erkundet und im Anschluss das thüringische Themar besucht, wo sie sich die singenden Demokratiefeinde Jahr für Jahr versammeln. Gewissermaßen zurück zur Quelle geht tags zuvor Arte, wenn es erst die Menschenversuche der Nazi-Wissenschaft unters Mikroskop nimmt und im Anschluss den Nazi-Jäger Fritz Bauer porträtiert.

Eher links der Rechten, letztlich aber jenseits parteipolitischer Grenzen stößt Jessy Wellmers Reportage- und Talkformat Sportschau-Thema ab Samstag um 18.25 Uhr in die Bundesligapause und erkundet dort investigativ die Abseiten des Leistungssports. Fiktional, aber nicht unrealistisch spielt der spanisch-deutsche Achtteiler La Zona ab Samstag, 22.15 Uhr, auf Neo durch, wie es drei Jahre nach einem Atomunfall im unbewohnbaren Nordspanien zugeht. Darüber hinaus aber laufen die Serien der Woche online. Auf Netflix zum Beispiel startet Freitag der Vierteiler When They See Us, in dem fünf Farbige 1989 nach einer wahren Begebenheit fälschlich für eine Vergewaltigung im Central Park verurteilt werden.

Parallel dazu beginnt dort die Eigenproduktion How to Sell Drugs (Fast), in der ein deutscher Provinz-Nerd aus Liebeskummer mit seinem körperbehinderten Kumpel Drogen im Darknet verkauft. Das ist volle acht Teile lang angenehm aberwitzig, ohne völlig durchzudrehen. Letzteres mag ja für alles Mögliche gelten, aber sicher nicht für Good Omens. Mit Stars wie Michael Sheen oder Jon Hamm als Engel und Dämonen, die nach einem Roman von Terry Pratchett mit viel groteskem Humor versuchen, den jüngsten Tag einzuläuten – wofür die Videoabteilung des diabolischen Einzelhandels- und Umweltzerstörer Amazon sicher nicht der unpassendste Sender ist.

So wie RTL ein adäquater Kanal fürs Remake von Ben Hur am Donnerstag um 20.15 Uhr ist, das mehr Musik und Effekte, dafür weniger Pathos und Moral als 1959 hat. Damals spielte Charlton Heston den jüdischen Revoluzzer, neun Jahre später war er die Titelfigur der farbigen Wiederholungen der Woche am selben Tag (23 Uhr, Kabel1), als der spätere Waffennarr Planet der Affen zur Filmlegende machte, also elf Jahre nach dem Westernklassiker Zähl bis drei und bete mit John Ford als Farmer im Clinch mit Banditen (Montag, 20.15 Uhr, Arte). Den Tatort-Klassiker gibt’s 90 Minuten später beim HR: Schichtwechsel um einen Mord im Kieler Werftenmilieu, 2004 noch mit Borowskis wunderbarer Kollegin Frieda Jung.

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