Maximo Park, Olympya, Nightshift

Maximo Park

Wenn sich die Welt da draußen fast noch schneller wandelt als das Klima, wenn Pandemie und Populismus, Dummheit und Ignoranz alles durcheinanderwirbeln, wenn das Heute im gleichen Augenblick schon wieder die Geschichte von morgen ist, dann tut es unglaublich gut, mal etwas ewig Bleibendes zu hören. Maximo Park zum Beispiel. Seit ihrem hochgelobten Debüt A Certain Trigger von 2005 und mehr noch dem Nachfolger Our Earthly Pleasures, geht der emotionale Indie-Rock aus Newcastle fast unverändert mit hoher Geschwindigkeit zu Herzen.

Auf dem 7. Album Nature Always Wins bleibt demanch alles, wirklich alles bleibt beim Alten – da kann ein Stück wie Meeting Up gern mal ein bisschen Synthiepop zwischen die Riffs quetschen. Paul Smith pitcht sein Bryan-Ferry-Gedächtnis-Organ wie eh und je hoch über Gitarrennetze, durch die sich Fäden filigraner Drums und Keaboards winden, als seien alle von allem überwältigt. Und das dürfen sie ja auch. Wie in den Nullern, als Maximo Park dabei mithalfen, Grunge und Alternative zukunftstauglich zu machen, geben sie uns auch heute ein vertrautes Gefühl von Zuversicht jenseits männlicher Wir-packen-das-Posen.

Maximo Park – Nature Always Wins (Prolifica)

Olympya

Sich unbedingt verändern zu wollen, also grundlegend und substanziell, ist allerdings auch nicht so einfach in einer Zeit, wo ohnehin alles Zitat zu sein scheint. Marcus Borchert aka Pierre Sonality jedenfalls, Fans als Kopf der HipHop-Formation Funkverteidiger bekannt, war auf der Suche nach Ausdrucksformen abseits vom Rap und glaubt ihn jetzt, im Pop gefunden zu haben. Also natürlich nicht irgendein Pop, sondern die bombastische Version, in der alles durcheinanderscheppert – wie in seinem Sideprojekt Olympya.

Dessen Debütalbum Auto versucht, der Klammer des deutschssprachigen Sprechgesangs mit einem Mash-up mit maximaler Bandbreite zu entkommen. Produziert vom benachbarten Jurik Maretzki, grölt sich der Hamburger unter der Wall of Sound des Multiinstrumentalisten Kay Petersen hindurch in ein Konglomerat aus Stadionrock, Powerpop und Schlagermetal. Das erinnert ein bisschen an Kraftclub im Jägermeisterrausch, ist also nicht sonderlich filigran, aber sehr unterhaltsam und gönnt sich dabei gern mal eine Ladung Oi-Punk mit spaßpolitischer Feine-Sahne-Attitüde. Audiolith at it’s best!

Olympya – Auto (Audiolith)

Nightshift

Christa Päffgen, Arte feiert das in seiner Mediathek gerade mit einem hinreißend skurrilen Biopic, galt kurz als trüb schillerndste Figur des Pop. Unterm Kunstnamen Nico war sie nicht nur Andy Warhols Muse, sondern Teil von Velvet Undergrounds Debütalbum und damit eine Ikone, der man gar nicht oft genug huldigen kann. Wobei die Frage ist, ob Eothan Stearn wirklich das singende Model aus Köln im Kopf hatte, als ihr eigenes Werk daraus hervorquoll. Nightshift heißt die zugehörige Band, und was das Quartett aus Glasgow auf ihrer ersten Platte Zöe macht, ist ein Monument des minimalistischen Retrofuturismus.

In schönstem Nico-Nihilismus überklebt die Keyboarderin einen Sound, der so ziellos durch Zeit und Raum schwebt wie ihr gedrungener Antigesang. Aufgekratzt und zugleich träge schleppt sich Andrew Doigs psychedelischer Bass an Chris Whites Hi-Hat-Uhrwerk vorbei, das David Campbells Gitarrentupfer eher unterwandert als begleitet. Alles an diesem Jazzrockgelee wirkt irgendwie asynchron und schräg. Gerade daraus aber gewinnt Zöe eine Harmonie, die uns ins New York von 1967 zurückversetzt, als Musik noch Grenzen sprengte. Die schönsten Tribut-Alben sind vielleicht jene, die gar keine sein wollen.

Nightshift – Zöe (Cargo-Records)

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