Shadow-Banning & Almost Fly

TV

Die Gebrauchtwoche

21. – 27. März

Gute Nachrichten sind zurzeit rar aus Russland, der Ukraine, ach – eigentlich weltweit. Aber diese hier hatte doch beinah was Positives an sich: nachdem Wladimir Putin kritische Medien aus heimischer Produktion längst restlos verboten hatte, ließ er nun auch Facebook und Twitter sperren, gestern gefolgt von Bild.de. Ausgerechnet jene Plattformen also, auf denen Lügen und Hatespeech ähnlich zuhause sind wie im Kreml. TikTok dagegen darf weiterlaufen. Vorerst.

Was wiederum auch damit zu tun haben dürfte, dass die politisch eher belanglose Video-App aus der gleichgesinnten Diktatur Chinas stammt und schon deshalb ein russisches Verhältnis zur Zensur hat. Gerade erst wurde schließlich bekannt, dass TikTok sogenanntes Shadow-Banning betreibt. Wobei Worte wie „Porno“ oder „Sex“ zu canceln zumindest aus Jugendschutzgründen durchaus nachvollziehbar erscheint; aber „schwul“ und „LGTBQ“ oder „Auschwitz“ und „Nationalsozialismus“?

Mit ihrem Digital Markets Act (DMA) setzt die EU den Tech-Konzernen von Google bis Apple derweil ganz andere Fesseln: eigene Apps dürfen denen der Konkurrenz gegenüber demnach nicht mehr bevorzugt werden. Außerdem herrschen fortan strengere Regeln bezüglich der Nutzer*innen-Zustimmung, beides unter Androhung drakonischer Strafen hoch in den zehnstelligen Bereich. Milliardenbußgelder wünscht man sich auch fürs bedruckte Toilettenpapier Bild. Dass der Presserat entschieden hat, deren Headline Lockdown-Macher verstoße nicht gegen den eigenen Kodex, ist da beinahe banal.

Abseits dieser wissenschaftsfeindlichen Agenda galten 2021 stolze 26 von 60 Rügen der Propaganda-Abteilung des Springer-Konzerns, während sich die restlichen 34 auf 31 Medien verteilt haben. Obwohl sich einige nach Julian Reichelts Rauswurf anderes erhofft hatten: beim publizistischen Querdenker Johannes Boie ist Bild demokratiezersetzender wie eh und je. Bloß korrupt sind dagegen laut ZDFMagazin Royale offenbar MDR-Kader, die aus Profitgier Sendezeit an Florian Silbereisens Schlager-Mafia verhökern.

Die Frischwoche

28. März – 3. April

Damit startet abermals eine Woche, in der das Fernsehen wahlweise egal oder Eskapismus ist. Aber gut – irgendwie muss es ja auch dort weitergehen. Etwa mit Euer Ehren, deutsche Version der israelischen Thriller-Serie Kvodo, die Showtime erst 2020 mit Bryan Cranston als Your Honor adaptiert hatte. Ab Samstag spielt Sebastian Koch den rechtschaffenen Richter, der zur Rettung seines straffälligen Sohnes sechs Teile lang in der ARD-Mediathek all seine Prinzipien über den Haufen wirft.

David Nawrath verarbeitet also sechs Teile Gebrauchtware, er macht das auch dank seines Ensembles aber bärenstark. Gleiches gilt ab Samstag für die gleichlange AppleTV-Serie Slow Horses mit Gary Oldman als MI5-Agent, dessen Team ab Freitag in einer Art Geheimdienstasyl gescheiterter Spione einer ganz großen Verschwörung auf die Spur kommen. Was überdies zu sehen ist: die ersten neun Teile der Netflix-Romcom Business Proposal ab heute aus – Überraschung: Südkorea. Parallel startet die Magenta-Serie The Responder mit Martin Freeman als weicher Cop im harten Liverpool. Und Dienstag dann setzt Sky das sehenswerte Finanzpolitdrama Devils fort.

Zum Wochenende läuft das sechsteilige Peacock-Familienepos Wolf Like Me bei Prime Video. Samstag ermitteln Julia Jentsch und Ernst Stötzner in Ostfriesensühne erneut an der schroffen Nordseeküste. Am tags zuvor beginnt das Erste wie immer um diese Jahreszeit, aber online first, sein FilmDebüt, diesmal mit Hossein Pourseifis bemerkenswerten Erstlingswerk Morgen sind wir frei über eine ostdeutsche Frau (Katrin Röver), die ihrem persischen Mann 1979 kurz nach der islamistischen Revolution in den Iran folgt.  Und nächste Woche berichten wir an dieser Stelle dann auch ausführlicher vom ersten Oscar als bester Film für ein Werk von Apple mit taubstummem Hauptcast.

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