Dschungel-GiGi & Dämonen-Gellar

Die Gebrauchtwoche

TV

16. – 22. Januar

Auch wenn der kulturelle Sonnentiefstand die Schatten kleiner Gernegroße meilenhoch wachsen lässt – unsere Zivilisation wird zurzeit gewiss anderswo angegriffen als im australischen Dschungel. Durchschnittlich fünf, sechs Millionen Fernseh- und nur unwesentlich weniger Online-Zuschauer:innen ergötzen sich zwar – widerwillig oder lustvoll – am Leid anusessender G-Promis. Das aber nimmt meistens nur einige der 120 Minuten pro Nacht ein. Den Rest dominieren soziale Interaktionen, die viel aussagen übers Land und seine Menschen.

Gut zusammengefasst im Statement des melodramatischen Machos Gigi, er werde hier „normal und alle anderen immer verrückter“, hat sich das stetig fortalphabetisierte Feld sexueller Diversität dank solcher Reflexionen eines maximal testosterongesättigten Mannes gerade auf LGiGiBTQI+ erweitert und verdeutlicht, was die Leute von IBES wirklich wollen: einen Bewusstseinswandel, der nicht sie selber betrifft. Veränderung, die andere durchmachen. Metamorphosen ohne Eigenanteil.

Die macht gewissermaßen auch RTL gerade durch, indem es fortan ohne Live-Bilder der heteronormativen Deppen-Raserei Formel 1 auskommen muss. Eine Rechte- und Bedeutungsverlust, den Deutschlands Leitmedien unterschiedlich bewerten dürften – darüber geben ja schon die Zusammensetzungen ihrer Führungsetagen Auskunft. Während linksliberale, also Redaktionen von der taz über Die Zeit bis zur SZ relativ viele (bis auf erstere aber weiterhin viel zu wenige) Frauen an der Spitze haben, sind rechtskonservative von Welt über Bild bis zum absoluten Schlusslicht FAZ überwiegend Männerbünde.

Apropos: Die Rolling Stones haben jetzt endlich auch einen TikTok-Kanal. Und nebenbei: die ZDF-Krimireihe Nord Nord Mord kratzt quotenmäßig mittlerweile an der Zehn-Millionen-Marke und damit am Tatort-Nimbus. Was umso erstaunlicher ist, als Streamingdienste ihre Zugriffszahlen noch immer nur zögerlich veröffentlichen. Das dürfte im Fall der Neustarts dieser Woche kaum anders bleiben.

Die Frischwoche

0-Frischwoche

23. – 29. Januar

Dabei tut die klitzekleine Seriensensation alles, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Zumindest alles, was schon mal erfolgreich war. Sarah Michelle Gellar ist zurück, und dass ihre Buffy der Neunziger im Fernsehen von heute abermals Dämonen jagt, hat nur am Rande mit der Monsterhatz von Wolf Pack zu tun, aber viel mit Markenkalkül von Paramount+ und anderen Portalen. MagentaTV zum Beispiel, dass parallel den BritBox-Sechsteiler Hotel Portofino zeigt.

Historische Dramen aus der Luxusgastronomie (Riviera) bildgewaltiger Jahrzehnte (Twenties) – trotz der wunderbaren Natascha McElhone als Hotelerbin ein eher berechenbares Thema. Das gilt auch für Shrinking, womit Arte tags drauf auf den gerngesehenen Zug therapiebedürftiger Psychotherapeuten und ihre Marotten, Laster, Konventionsbrüche springt – in diesem Fall Jason Segel und Harrison Ford bei Apple+.

Bei Arte reist The Newsreader ab Donnerstag dann zurück in die telegenen Achtzigerjahre, wo das Kollegium eines australischen Nachrichtenkanals seine Profilneurosen und Machtspielchen pflegt. Zwei Tage später dann erweitert One mit dem englischen Krimi Charlie Says den Kanon fiktionaler Deutungen rund um Charles Manson (Matt Smith) – diesmal aus Perspektive seiner weiblichen Sektenmitglieder. Nur allzu real ist hingegen der Themenschwerpunkt Vor 90 Jahren, in dem Arte zum Jahrestag der Machtergreifung (und der Auschitzbefreiung) den Aufstieg des Nationalsozialismus nachzeichnet.

Und zwei Tage nach dem 30. Geburtstag des tapferen kleinen Spartenkanals Vox, der mit Formaten wie Schmeckt nicht, gibt’s nicht oder dem Club der roten Bänder regelmäßig Fernsehgeschichte schreibt, kehrt zum Wochenende die heute-show auf den Bildschirm zurück bevor auch Böhmermanns ZDF Magazin Royale aus dem Winterschlaf erwacht – zunächst allerdings nur mit einen Live-Konzert der aktuellen Ehrenfeld Intergalactic Tour 2023.

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