Alfred Döpfner & Claas Relotius

Die Gebrauchtwoche

TV

13. – 19. März

Der schlechtgealterte Best-Ager Mathias Döpfner sieht sich bekanntermaßen als allgewaltige Fügung deutsch-amerikanischer Publizistik, wenn nicht gar Gottkaiser an. Als solcher hat er jetzt entsprechend absolutistisch verfügt, sein Himmelreich auf Erden neu zu besetzen und die gesamte Bild-Chefredaktion entlassen. Nun fällt es dem vernunft- und empathiefähigen Teil der Weltbevölkerung naturgemäß schwer, Johannes Boie, Alexandra Würzbach oder Claus Strunz nachzutrauern, aber die Kaltherzigkeit, mit der Döpfner drei digitalaffine Demokratieverächter:innen durch zwei aus der papierraschelnden Printhistorie ersetzt, ist bemerkenswert.

Der Move, Marion Horn aus der PR und Robert Schneider vom Focus zu holen, um seinen Verlag zukunftsfähig zu machen – das scheint selbst für einen Springer-Boss, der dem alten NS-Steigbügelhalter Alfred Hugenberg längst näher ist als dem jungen Feuilletonspund Mathias Döpfner, verblüffend irrational. Mal sehen, wen er noch so auf die Kreuzberger Führungsetage lässt. Frei hätte zum Beispiel grad Michael Wendler.

Keine 24 Stunden nämlich, nachdem RTLzwei den verschwörungsschwurbelnden Ex-Schlagerstar mit einer Schwangerschafts-Dokusoap quersubventionieren wollte, hat man sie mit der zerknirschten „Entschuldigung, sollten wir hier Gefühle verletzt haben“, wieder abgeblasen weil – hoppla – irgendwer bemerkt haben muss, dass der Wendler ein verschwörungsschwurbelnder Ex-Schlagerstar ist. Aber darüber hatte die linksgrünversiffte Lügenpresse zuvor ja auch echt kein Wort verloren…

Springer-kompatibel wären selbstverständlich auch jene BBC-Verantwortlichen, die den beliebten Sportmoderator Gary Lineker für einen regierungskritischen, also nicht rechtsnationalen Tweet zu Großbritanniens menschverachtender Flüchtlingspolitik rausgeworfen und – hoppla – nach einer Reihe Kündigungen solidarischer Kolleg:innen plus Shitstorm – gleich wieder eingestellt haben. Verzichten muss Alfred Döpfner hingegen auf Louis Klamroth.

Der darf trotz seiner Beziehung zur Klima-Aktivistin Louise Neubauer weiter Hart, aber fair moderieren und lässt somit die Frage im Raum, ob seine Unabhängigkeit wohl auch in ebendie gestellt worden wäre, wenn er vorab erklärt hätte, täglich fünf Kilo Industriefleisch zu essen und sonst nichts ohne Palmöl. Ist aber eh alles egal, denn Im Westen nichts neues hat vier Oscars abgeräumt und ist damit der erfolgreichste deutsche (Netflix-)Film aller Zeiten.

Die Frischwoche

0-Frischwoche

20. – 26. März

Dass Netflix auch anders, also richtig anders kann, zeigt derweil die RomCom Faraway um eine deutschtürkische Frau über 50, die ihr Leben im Eheknast spontan gegen den Freiraum einer geerbten Finca in Kroatien tauscht und damit ein kleines Juwel reifer Selbstermächtigung liefert. Die Agentenserie The Night Agent ab Donnerstag an gleicher Stelle scheint dagegen keiner Erwähnung wert zu sein.

Aus Skandinavien ganz neu auf Magenta TV: die seltsame Real-Fantasy-Serie Fenris um unsere Angst vor Wölfen, die Todesstrafen-Auseinandersetzung Cell 8 ab Donnerstag und bereits auf Arte online: Blackport, ein achtteiliges Gesellschaftspolitökonomiedrama aus dem Island der frühen Achtziger. Zwischendurch auf Paramount+: Sly Stallones Rückkehr als Mafioso Tulsa King in Oklahoma oder das niedliche Londoner WG-Experiment Flatshare und bei Apple, zum Dritten: Ted Lasso.

Bei joyn geht Freitag derweil die pubertäre, aber liebenswerte Große-Jungs-Youtube-Empowerment-Zote Intimate der Kleinen Brüder Bruno Alexander, Oskar plus Emil Belton in Serie. Und auf RTL schlüpft Katharina Thalbach in Raute und Blazer von Miss Merkel, die nach ihrer Kanzlerschaft nun also zur Ulknudel drolliger Landkrimis degradiert wird, was selbst die Mitschuldige an Klimawandel und Putinmacht nicht verdient hat.

Unweit ihres Brandenburger Comedy-Exils spielt der ARD-Mittwochsfilm Wolfswinkel, in der Claudia Eisinger ein Dorf rechts unterwandert, während das Erste mit der Promi-Presenter-Reportage Wir können auch anders ab heute nur good news verbreitet und Freitag einen vierteiligen Schritt zum Abgrund eines Stalking-Thrillers geht. Das Beste zeitgleich zum Schluss: Erfundene Wahrheit, ein Dokumentarfilm von Daniel Sager, der nach den Recherchen zur Ibiza-Affäre erneut unter seinesgleichen wühlt: in der Spiegel-Affäre um Claas Relotius. Und zwar brillant.

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