Tim Mälzer: Impossible & Meisterklasse

Das ist hier eine Teller-Therapie

Tim Mälzer war nie weg und ist doch zurück: Als Coach und Kumpel im Sternekoch-Casting Mälzers Meisterklasse, wo er bei Vox diesmal mit Halbprofis in der luxuriösen Inselküche steht. Ein schnodderig-selbstbewusstes Gespräch über Tränen am Herd, Scheitern als Chance und warum er ein Steckrübeneintopf ist, vorab ersscheinen beim Medienmagazin DWDL.

Von Jan Freitag

freitagsmedien: Tim Mälzer, haben Sie die Disney-Serie The Bear um ein hektisches Restaurant in Chicago gesehen?

Tim Mälzer: Ja. Klar.

Und?

Dieses getriebene, lebensschwere Chaos ist mir persönlich viel zu intensiv. Ein Küchenchef, der sein Team heute noch so behandelt, ist nicht nur ein schlechter Küchenchef, sondern bald auch allein und Pleite. Rumgrölen ist Führungsschwäche, nicht Führungsstärke. Wenn du bei Jan Hartwig in der Küche stehst…

Ihr Ko-Juror bei Mälzers Meisterklasse, selber mit drei Sternen dekoriert.

… dann hörst du kaum ein lautes Wort, da läuft alles wie von selbst. Dieses ständige philosophische Überhöhen großer Köche geht mir ohnehin auf die Nerven. Du darfst gerne fürs Kochen brennen, aber am Ende geht es dabei um Essen und Trinken, fertig. Ich vergleiche das gern mit Fußball: Da sind auch elf Leute auf dem Platz, von denen alle spezielle Fertigkeiten haben, aber gewinnen können sie nur gemeinsam.

Die 50.000 Euro für Mälzers Meisterklasse mit dem Bonus eines Duells mit Ihnen bei Kitchen Impossible gewinnt allerdings nur einer oder eine.

Aber auch da ist mir ein gewisses Miteinander wichtig. Schon, um mit Frustrationsmomenten besser umzugehen, die es natürlich gibt. Mein Job dabei ist es ja, die Leute aus ihrer Komfortzone rauszuholen. In der kannst du solide Arbeit abliefern, aber nicht über dich hinauswachsen. Je häufiger du dir die Hände verbrennst, desto klarer wird, wer du bist.

Und Ihre Hände haben öfter gebrannt?

Ja. Und je heißer, desto extremer waren meine Entscheidungen. Mit dem Kochen aufzuhören, zum Beispiel, und lieber Restaurants zu führen als Küchen. Ich wollte schon immer ebenso an mich glauben wie an mir zweifeln und dabei ständig meine eigenen Konzepte verändern. Deshalb wollte ich nach all dem Herumreisen für Kitchen Impossible jetzt auch unbedingt wieder mal ins Studio. Routine ist Langeweile und beides habe ich schon immer als Gift auf dem Weg zur eigenen Persönlichkeit angesehen.

Ein Ziel, dass sie den 15 Kandidatinnen und Kandidaten der Meisterklasse in fast jeder Aufgabe mit an den Herd geben.

Und sie damit bewusst ein bisschen überfordere. Nur so gibt es Lerneffekte, und die sind das Wichtigste an jeder Arbeit.

Das Wichtigste an dieser Art Reality ist wie so oft Emotionalisierung. Ständig sind Tränen, Wut, Verzweiflung in Zeitlupe zu sehen. Gehört das einfach dazu oder stört es Sie?

Es ist Fernsehen und Fernsehen braucht Gefühle! Und ob die wahrhaftig sind, kann ich als Vater und Unternehmer mittlerweile ganz gut einordnen. Tränen, die Druck abbauen, sind meistens echt, die kann man zeigen. Tränen, die aus Missverständnissen entstehen, sind meistens falsch, die sollte man weglassen.

Nicht jede Träne ist ein Trauerfall?

Genau, aber das hier ist eine Teller-Therapie in sechs Sitzungen à 90 Minuten. Da sind Selbstzweifel vorprogrammiert. Ich selber zweifle ja ständig an mir, das grenzt ans Hochstaplersyndrom. Deshalb kann ich auch überhaupt nicht gut mit Komplimenten umgehen. Schlimmer ist eigentlich nur der Vorwurf, ich sei arrogant. Das kriegen Prominente zwar gern zu hören, falls sie nach einem harten Arbeitstag nicht mehr die Kraft haben, auch noch das 40. Selfie zu machen. Aber manchmal ist man halt einfach zu müde.

Und zwar auch langfristig, deshalb haben Sie sich öfter aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Was bringt einen Kochunternehmer am Ende weiter: Erfolg oder Scheitern?

(überlegt lang) Erfolg und Anerkennung sind schon wichtig, aber mehr und nachhaltiger lerne ich aus Fehlern. Deshalb ist mir Scheitern so wichtig. Zumal Deutschland eine so blöde Fehlerkultur hat, und das ist durch Giftspritzen auf Social Media nochmals schlimmer geworden. Viele dort können nicht gut mit Niederlagen umgehen, weiden sich aber an denen anderer. Fürchterlich! In der Meisterklasse geht es mir hingegen darum, die Kandidatinnen und Kandidaten voranzubringen. Ich beziehungsweise Jan muss zwar Leute rauswerfen, aber nicht, weil sie schlecht sind, sondern weil andere besser sind. Auch ich bin zwar manchmal destruktiv, möchte aber grundsätzlich konstruktiv sein.

Aber was entscheidet denn nun wirklich abschließend darüber, wer ein wirklich guter Koch ist – Handwerk, Persönlichkeit, Sendungsbewusstsein, Scheitern, Erfolge, Mut?

Ein guter Koch beherrscht sein Handwerk, ein herausragender Koch hat auch noch Persönlichkeit.

Kann man das in Ausbildung, Praxis oder einer Sendung wie dieser rauskitzeln, oder hat man das oder eben nicht?

So ganz genau weiß ich das gar nicht, Die Identität lässt sich allerdings nur erkennen, wenn sie ins Risiko gehen. Und das geht eigentlich nur in der Selbstständigkeit. Als Angestellter einer großen Küche Persönlichkeit herauszubilden, ist schwierig. Ich hab‘ meine deshalb erst herausgearbeitet, als ich dann mein eigener Chef war

In der ersten Folge von Mälzers Meisterklasse sollen die Kandidaten „kochen, was sie sind“. Welches Gericht sind Sie?

Hühnerfrikassee. Und Steckrübeneintopf. Das bin ich, das ist meine DNA. Wenn ich den koche, schweigen meine Gäste oft andächtig. Ich koche ihn mit der Leidenschaft und den Zutaten wie meine Oma, das lässt sich nicht verbessern.

Gleichzeitig fordern Sie in der Meisterklasse doch ständig, sich was zu trauen, ins Risiko zu gehen, vom Erwartbaren abzuweichen. Ist Omas Steckrübeneintopf nach zu kochen nicht das Gegenteil davon?

Nee, das ist mutig, weil weglassen mutig ist. Das hilft, eine Persönlichkeit herauszubilden und ihr auch treu zu bleiben, wenn man im Sturm steht. Über mich ist schon jeder Dreckkübel ausgekippt worden. Das mithilfe meiner Persönlichkeit wieder abzukriegen, ist vielleicht die größte Fertigkeit, die ich in 20 Jahren Fernsehkochen entwickelt habe.

Welche noch?

Immer absolut ehrlich zu sein. Wenn du mich auf dem Bildschirm siehst, dann bin das immer ich – auch wenn ich dort lauter bin als zuhause, wo ich beim Kochen ganz ruhig bin, eher als würde ich im Atelier stehen und ein Bild malen.

Was genau sind Sie denn nun: Entertainer, Koch, Unternehmer, Food Content Creator?

Also das letzte schon mal nicht. Im Wesentlichen bin ich Gastwirt. Und mit meiner großen Klappe? Geschichtenerzähler.


Jonathan Berlin: Josef Mengele & Ernst Michel

Wir sind alle in der Verantwortung

Kurz, nachdem er im ARD-Biopic Die Nichte des Polizisten einen Neonazi verkörpert hatte, spielt Jonathan Berlin im großartigen Dokudrama Nürnberg ‘45 an gleicher Stelle den Auschwitz-Überlebenden und Prozess-Beobachter Ernst Michel. Ein Gespräch über reale existierende Figuren, seine Angst davor, ihnen nicht gerecht zu werden, und was eine KZ-Uniform mit Darstellern macht.

Von Jan Freitag

Jonathan Berlin, Sie sind unmittelbar hintereinander als Neonazi und Holocaust-Überlebender in ARD-Filmen zu sehen. Sind das einfach nur zwei unterschiedliche Figuren, die man mit seinem Rüstzeug als Schauspieler füllt?

Jonathan Berlin: Die Reihenfolge der Ausstrahlung war zufällig und beim Dreh nicht in der Form absehbar. Beide Projekte, so unterschiedlich sie sind, haben schon einen speziellen Zugang erfordert, den ich so noch nicht kannte. Auch inhaltlich haben sie mich länger als andere Figuren beschäftigt. Bei der Nichte des Polizisten lag das auch daran, dass sich die Realisierung seit 2018 immer wieder verzögert hatte.

Warum?

Unter anderem wegen des damals noch laufenden Zschäpe-Prozesses im NSU-Kontext. Selbst beim Drehen wurde lange gewartet mit einer Startmeldung, weil die Reaktionen – gerade aus rechten Kreisen – schwer einschätzbar waren. Was das schauspielerische Rüstzeug angeht, ist das einfach ein Balanceakt bei einer solchen Figur. Man läuft schnell Gefahr, etwas auszustellen und in schauspielerische Fallen zu treten. Zum Glück war da das sehr präzise geschriebene Drehbuch und eine sehr feine Regie.

Ist der Grat bei einem jüdischen NS-Opfer wie Ernst Michel, der beim Nürnberger Prozess 1945 als Reporter über die Täter berichtet, ähnlich schmal?

Mindestens. Deshalb war essenziell, dass seine Tochter Lauren und Seweryna Szmaglewskas Sohn Jacek am Projekt beteiligt waren. Für mich hat das dem Projekt eine andere Form der Legitimation gegeben, die ich in diesem Kontext als zwingend empfand. Dementsprechend akribisch bereitet man sich natürlich auf so eine Figur vor.

Ernst Michl ist ein jüdisches Opfer aus Zeiten Jahrzehnte vor Ihrer Geburt, der Neonazi Duric ist dagegen zwar ebenfalls Millennial, steht aber politisch auf der völlig entgegengesetzten Seite als Sie. In wen war es leichter, sich hineinzufühlen?

Mir fällt es schwer, das gegenüberstellend zu beantworten. Duric ist in jeglicher Form das Gegenteil meiner Werteansichten. Er steht für all das, was die AfD in den letzten Jahren an Populismus und Rassismus geschürt hat. Insofern musste ich die Figur sehr handwerklich nehmen und setze woanders an. Im Kontrast dazu ist Ernst Michel jemand, vor dem ich kaum größeren Respekt haben könnte. Sein Schaffen beeindruckt mich zutiefst. Und im Angesicht dessen, was ihm angetan wurde, kann ich lediglich all meine Empathie und Hochachtung aufwenden, um mich seiner Biographie anzunähern. Es wäre vermessen zu sagen, ich könnte mich in ihn hineinfühlen; ich kann ihn lediglich verkörpern. Und auch davor hatte ich eine gewisse Scheu. Und Angst.

Angst?

Ernst Michel nicht gerecht zu werden. Auch weil seine Schilderungen für die Schicksale so vieler anderer stehen. Wie gesagt: es ist nicht nachzuempfinden, man kann sich nur annähern.

Hilft es dabei, eine KZ-Uniform anzuziehen?

Das würde ich so in keinem Fall sagen, denn auch das ist ein äußerst ambivalenter Punkt, über den ich mit Regie und Produktion am meisten gesprochen habe, denn der Grat solcher Szenen ist schmal und heikel. Es ist ja kein Kostüm, sondern ein in Stoff erkennbares Schicksal vieler Millionen Menschen. Das muss in jedem einzelnen Moment klar sein.


Kann man mit so vielen Bürden auf der Schulter und Menschen, die Sie darüber hinweg beobachten, überhaupt einfach das tun, was Ihren Beruf ausmacht, nämlich spielen?

Ich würde es nicht als Bürde bezeichnen, schlichtweg als eine Verantwortung der Figur und in diesem Fall einer realen Persönlichkeit gegenüber. Wie es mir damit ging, muss egal sein. Ich kann nur ins aufrichtige Zwiegespräch mit der Figur gehen und mich fragen, wie Menschen zu solchen Verbrechen fähig sein können und wie jemand wie Ernst Michel danach trotzdem ein lebensbejahendes Leben führen konnte.

Ist die Verantwortung für und der Respekt vor realen Figuren grundsätzlich größer als bei fiktiven?

Ich denke schon. Aber auch die Frage, wie oft Biographien schon erzählt wurden, spielt eine Rolle. Wenn sie noch nicht sonderlich bekannt ist, ist die Tragweite einer Erzählung noch größer. Bei fiktiven Charakteren erlaube ich mir, mehr von mir auszugehen und freier zu gestalten. Es sind schon zwei andere Dinge, auch wenn man das im Moment des Spielens natürlich ausblenden muss.

Dabei fällt auf, dass Sie zwar sehr viele sehr unterschiedliche Rollen gespielt haben, inklusive dieser hier aber mittlerweile sechs, die ums Jahr 1945 herum handeln. Angefangen mit dem ZDF-Nachkriegsdrama Tannbach vor zehn Jahren. Gibt es so etwas wie ein historisches Gesicht, das bestimmte Epochen gut widerspiegelt?

Das habe ich mich auch schon öfter gefragt, aber diese Kategorisierung überlasse ich anderen. Vielleicht zieht man auch eine bestimmte Art von Konflikten an. Sicherlich interessiert mich an diesen Stoffen, dass dort ein Wertesystem gänzlich neu verhandelt wird. Außerdem ist es ja nicht so, dass diese Themen der Vergangenheit angehören. Erst kürzlich haben einige Unions-Politiker dafür plädiert, die Brandmauer zur AfD abzubauen. Da frage ich mich, ob die sich ernsthaft mit der Geschichte und den Abgründen des eigenen Landes auseinandergesetzt haben. Genau aus diesem Grund haben meine Kollegin Luisa-Céline Gaffron und ich Anfang des Jahres einen offenen Brief gegen das Einreißen der Brandmauer zur AfD initiiert.

Den Hunderte Kulturschaffender unterzeichnet haben.

Genau. Wir erleben gerade aufs Neue, wie Minderheiten angegriffen werden, Antisemitismus zunimmt, Rassismus wächst, Gedenkstätten attackiert werden und gleichzeitig gut 25 Prozent eine gesichert rechtsextremistische Partei wählen würden. Wir sind alle in der Verantwortung, genau hinzusehen. Mich selbst beschäftigt seit einiger Zeit ein massiver Missstand in Günzburg, der Stadt, in der ich als Jugendlicher aufgewachsen bin. Wissen Sie, wer noch von dort kommt?

Nein.

Josef Mengele.

Oh, dem Ihre Figur in Nürnberg 45 leibhaftig in Auschwitz begegnet.

Obwohl sich die Stadt mit diesem Erbe beschäftigt und eindrückliche Mahnmäler zu Mengeles Verbrechen errichtet hat, sind noch zwei Günzburger Straßen nach Verwandten Mengeles benannt. Sein Vater Karl ist 1933 in die NSDAP eingetreten. Sein Bruder Alois soll Mengele nach dessen Flucht finanziell unterstützt haben. Wie kann es sein, dass sie als Namensgeber geduldet werden? Ich fordere den Stadtrat daher auf, diese Straßen endlich umzubenennen.

Mit Erfolg?

Das steht noch aus, aber ich befinde mich dazu gerade im Austausch und versuche, das Thema erneut auf den Tisch zu bringen. Schließlich sehen viele in der Stadt die Straßennamen ebenso kritisch und sprechen sich gegen den Missstand aus.

Betreibt dieses Engagement gegen rechts nur der Mensch oder auch der Schauspieler Jonathan Berlin?

Beides bedingt einander. Ich finde, dass man für die Figuren, die man spielt, auch im Hier und Jetzt eine Verantwortung hat, wenn sie realpolitische Kontexte treffen. Wenn ich ein Projekt wie Nürnberg ‘45 zusage, aber nichts gegen die beiden Mengele-Straßen täte, dann würde ich doch letztlich die Figur, nein, Ernst Michel als Person, verraten. Diese Verantwortung besteht zwar auch ohne diese Projekte, aber sie vergrößern sie erheblich, finde ich.

Wussten die Verantwortlichen von ARD und Zeitsprung vorm Casting als Ernst Michel, dass Sie im selben Ort wie Josef Mengele großgeworden sind?

Meines Wissens nicht, aber ich habe es sehr früh in der Vorbereitung angesprochen.

Und was hat es mit Ihnen gemacht, von dieser Konstellation im Drehbuch zu lesen?

Ich würde sagen, es hat mich gleichzeitig zurückschrecken und auf den Stoff zubewegen lassen. Denn ganz klar war: diese Figur zu spielen verpflichtet dazu, diesen Missstand vehementer anzugehen. Dem Bürgermeister der Stadt habe ich auch deshalb bereits die Umbenennung in die Ernst-Michel-Straße vorgeschlagen. Denn wir haben es Personen wie ihm zu verdanken, dass Worte für das gefunden wurden, wofür es kaum Worte gibt.


Khesrau Behroz: Cui Bono & Capoeira

Ihr braucht mich!

Mit dem Podcast Cui Bono über den Verschwörungsideologen Ken Jebsen wurde Khesrau Behroz (Foto: Holger Talinski/Turi.One) quasi über Nacht zum Star der Audio-Szene. Vier Jahre, fünf wegweisende Nachfolger und eine Firmengründung später ist das 38-jährige Kind afghanischer Flüchtlinge buchstäblich die Stimme einer Generation Radiomacher. Ein Gespräch von Turi.One übers Hören statt Sehen, deutsche Migrationsbiografien, sein Mitteilungsbedürfnis und wie oft er moralischen Furor rausschneiden muss.

Von Jan Freitag

freitagsmedien: Khesrau Behroz, kennen Sie die Stern-Rubrik „Was macht eigentlich…?“

Khesrau Behroz: Klar, letzte Seite, gibt es seit 1000 Jahren, warum?

Was macht eigentlich Ken Jebsen?

Gute Frage. Ich glaube, er macht das, was er vorher gemacht hat.

Also ungefähr jene Art Verschwörungsideologie verbreiten, über die Sie vor vier Jahren den preisgekrönten Podcast Cui Bono – WTF happened to Ken Jebsen gemacht haben?

Genau. Ab und zu blitzt er irgendwo auf, weil Leute mir neue Videos oder Gespräche mit ihm schicken. Aber es gibt einfach genügend aktuelle Themen, da beobachte ich ältere nicht unbedingt. Bei Ken Jebsen bin ich also ein bisschen raus.

Dabei war sein rechtes Geschwurbel früher ein Nischenthema, jetzt ist es Mainstream.

Stimmt, aber wenn ich ein Thema im Kasten habe, lasse ich es hinter mir. Ich mache ja keine Langzeitbeobachtungen, sondern abgeschlossene Geschichten in fünf, sechs Teilen. Falls sie neue Entwicklungen nehmen, kann man grundsätzlich über zweite Staffeln nachdenken. Die haben sich allerdings weder bei Ken Jebsen noch dem Drachenlord ergeben. Und nach dem Stresstest beider Themen war ich ehrlich gesagt auch froh, mich aus den ganzen Discord- und Telegram-Channels ausgeloggt zu haben

Wobei besonders Ken Jebsen nicht nur journalistische, sondern biografische Relevanz für Sie hat. Vorm Podcast über ihn waren Sie als Audio-Journalist im Kommen, danach fast schon berühmt. Hat Ken Jebsen Ihr Leben verändert?

Er hat nicht nur mein Leben und die Arbeit darin verändert, sondern unsere gesellschaftliche Sicht auf journalistische Podcasts gleich mit. Deswegen besetzt er, so seltsam es klingen mag, einen besonderen Platz in meinem Herzen. Trotzdem hatte ich nie das Bedürfnis, mich auf diesem einen Erfolg auszuruhen.

Das haben Sie auch definitiv nicht getan. Ihre anschließenden Podcasts über Mesut Özil, Amanda Knox, Daniela Klette oder das Hacker-Kollektiv Anonymous sorgen für ebenso enorme Aufmerksamkeit. Wäre das alles ohne Cui Bono möglich gewesen?

„Cui Bono“ hat natürlich den Grundstein für alles gelegt und viele Türen geöffnet; ich glaube, das steht nicht nur Debatte. Mein Ziel ist es, bestehende Sinnzusammenhänge neu zusammenzusetzen und den Menschen so die Gelegenheit zu geben, ihre Sicht darauf, eigene Haltungen zu überdenken – in welche Richtung auch immer. Deshalb frage ich vor jeder Recherche nicht nur, was passiert ist, sondern vor allem, wie es passieren konnte.

Haben Sie dabei ein didaktisches Aufklärungsbedürfnis?

Ich würde keinen Journalismus machen, ohne aufklären zu wollen, aber nicht von oben herab. Ich möchte mein Publikum zu einer eigenen Perspektive auf komplexe Zusammenhänge befähigen. Ob sie dann am Ende zu denselben Ergebnissen kommen, ist zweitranging. Es gibt Jebsen-Fans, die „Cui Bono“ gehört und mir geschrieben haben: „Fair enough, aber ich bin anderer Meinung.“ Ich finde, das ist ein gutes Ergebnis.

Das klingt angesichts der Recherchetiefe Ihrer Podcasts ein bisschen nach Understatement…

Mag sein. Aber wenn ich als privater Konsument einen Podcast höre, worin der oder die Host vorgibt, mehr Antworten als Fragen zu haben, also eigentlich alles schon zu wissen, bleibe ich tendenziell keine sechs Folgen dabei. Der Schlüssel zum Interesse der Menschen ist spürbare Neugier. Und zwar selbst für Antagonist*innen, die womöglich unsympathisch sind. Mein privates Mitteilungsbedürfnis muss da zweitrangig bleiben.

Und Ihre Moral bestenfalls drittrangig?

Moralischer Furor hat im journalistischen Endergebnis meines Erachtens nichts zu suchen. Wenn er mir mal durchrutscht, schneide ich ihn raus.

Und gibt es da viel zu schneiden?

Ach, mal so, mal so. Öfter muss ich saloppen Tonfall oder falsche Gags zur falschen Zeit herausschneiden. Ich bin auch besonders allergisch dagegen, wenn ich als Host hochnäsig klinge, also damit den Leuten das Gefühl gebe, ich würde über den Sachen stehen. Man muss sich das Vertrauen der Zuhörer*innen erst einmal verdienen. Was für mich heißt, dass ich in den ersten Episoden anders spreche als in den letzten.

Andererseits surfen Hosts mit dem journalistischen Anspruch umfassender Recherche vor der Welle. Das hat kein Podcast mehr gezeigt als der über die Capoeira-Gruppe der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette. Sorgt das nicht für ein Gefühl von Erhabenheit?

Naja, die Welle der Erhabenheit bei der Klette-Recherche kam ja erst später. Insofern sind wir, um die Metapher endgültig zu begraben, auf dem Scheitelpunkt des Zufalls gesurft. Im Ernst: Themen gibt es wie Sand am Meer; die Herausforderung besteht dann darin, sie zu sortieren und erzählenswert aufzubereiten. Das macht den Erfolg aber keineswegs planbar. Mit „Cui Bono“ wollten wir einfach einen Podcast machen, den wir so in Deutschland bislang noch nicht gehört hatten. Dass daraus eine Art Lagerfeuer entstanden ist, an das sich so viele Menschen gesetzt haben, war überhaupt nicht vorhersehbar.

Zuvor mussten Sie wie so oft in Abgründe der Niedertracht blicken. Das Cyber-Mobbing zum Beispiel, dem der Drachenlord über Jahre ausgesetzt war, schmerzt schon beim Zuhören. Was machen solche Recherchen mit Ihnen als Journalist, Podcaster und Mensch?

Ich komme ganz gut mit Abgründen klar, möchte das aber nicht als zynische Regung verstehen, sondern als einen gesunden Abstand zu meiner Arbeit und den Menschen, über die ich berichte. Das können allerdings nicht alle, und ich habe den größten Respekt vor denen, die hier Grenzen für sich ziehen – und sie dann auch konsequent nicht übertreten. Wir hatten damals für den Drachenlord-Podcast viele Redakteur:innen für eine Zusammenarbeit angefragt, die allerdings ablehnten, weil sie mit dem Drachengame, also der gezielten Vernichtung einer hilflosen Person, nichts zu tun haben wollten. Eine meiner Stärken besteht hingegen womöglich in einem eher analytischen als emotionalen Blick auf meine Arbeit. Deswegen fällt es mir auch leicht, sie danach einfach hinter mir zu lassen.

Hat das womöglich mit Ihrer Biografie zu tun? Als afghanisches Flüchtlingskind haben Sie Ende der Achtzigerjahre schließlich in den größtmöglichen Abgrund eines disruptiven Bürgerkriegslandes geblickt.

Ob ich dank der Taliban nun besser mit dem Drachengame klarkomme: weiß ich nicht. Es gibt auch andere, die mit solchen Geschichten gut klarkommen, und die mussten nicht erst einem Bürgerkrieg entfliehen. Aber natürlich hat meine Biografie mich stark geprägt, daran besteht kein Zweifel.

Insbesondere der kurze Teil mir Ihrer Flucht aus Afghanistan?

Sie schafft, obwohl ich sie mit drei Jahren kaum bewusst erlebt habe, einen anderen Blick auf die Welt. Im Schicksal Geflüchteter steckt ein besonderer Wert für mich, aber auch für die Gesellschaft. Um Empathie und Solidarität zu entwickeln, braucht sie nämlich auch Menschen, die Schlimmes erlebt haben und davon berichten. Nicht nur solche, bei denen als glattgelaufen ist. Meine Biografie ist wichtig für Deutschland, das sage ich ganz selbstbewusst. Ihr braucht mich!

Wie schaffen Sie es in dem Bewusstsein, dass dieser Teil Ihrer Biografie nicht alle anderen überlagert?

Indem ich mich weigere, aufs Etikett „Geflüchteter“ reduziert zu werden. Natürlich prägt die Flucht meine Biografie, aber sie erklärt nicht alles. Wenn ich mich selbst nur auf meine Flucht zurückstutzen lasse, mache ich mich kleiner, als ich bin. Meine Aufgabe ist es, mir diese Vielschichtigkeit immer wieder zurückzuholen. Auch wenn ich immer wieder für Interviews angefragt werden, wenn ich Afghanistan wieder etwas passiert.

Sie sagen solche Anfragen also alle ab?

Nee, ich mache das manchmal trotzdem. Schließlich sind drei Jahre plus Familiengeschichte mehr, als Deutsche in der Regel haben. Ich kommentiere solche Einladungen dann nur gerne mit dem Hinweis, dass ich bei aller Bescheidenheit auch als Unternehmer und Podcaster einen ganz guten Job mache.

Der als Person of Colour mit Fluchtgeschichte bestimmt auch für Abwehrreflexe bei bestimmten Teilen der Gesellschaft sorgt, also rassistischen Hass auf sich zieht. Welche Art negativer Reaktion auf Ihre Podcasts überwiegt da – die auf Herkunft oder Inhalte?

Dass ich dorthin zurücksoll, wo ich hergekommen bin, kriege ich oft zu hören. Aber wie gesagt: Ich kann ganz gut mit Abgründen. Ein paar anonyme Social-Media-Cowboys bringen mich da nicht um den Schlaf.

Rührt diese Gelassenheit auch daher, ein akustisches Format zu machen, also unsichtbar zu bleiben?

Na ja, einem rechtsradikalen Ausländerhasser fällt es womöglich leichter, mich zu hören als zu sehen. Aber das war keine bewusste Entscheidung, um mich nicht als vermeintlich Fremder zu exponieren. Ich sage ja auch meinen Namen, der mich schnell auffliegen lässt.

Woher kommt unter den drei journalistischen Darreichungsformen Fernsehen, Print und Audio dann Ihr Faible fürs Audioformat?

Dahinter steckt jetzt leider keine tiefergehende Metaebene nach reiflicher Überlegung. Ich bin da einfach organisch reingewachsen. Außerdem mag ich die sensorische Reduktion, die das Audio-Format mit sich bringt. Trotzdem haben wir voriges Jahr unseren ersten Film gedreht – und sind auf den Geschmack gekommen.

Sorgt der Podcaster dann instinktiv dafür, dass der Youtuber mit weniger visuellen Effekten auskommt?

Effekte sind nicht das Problem, Bauerntheater schon. Man wird mich daher nie dabei sehen, wie ich vor der Kamera am Telefon sitze und recherchiere oder bedeutungsschwanger durch die Gegend laufe und an Türen klingle. Wir wollen Dinge dokumentieren, nicht uns selber präsentieren.

Andererseits arbeiten Sie ja auch im Podcast mit Effekten wie Musik oder Geräuschen.

Das sind für mich auditiv-sensorische Tools, die uns zur Verfügung stehen, um eine gute Geschichte zu erzählen. Wir nutzen sie sehr bewusst. Auch, um für gute Unterhaltung zu sorgen. Musik ist dabei beispielsweise stets dramaturgisch eingebunden, sie sorgt an entscheidenden Stellen aber auch dafür, die Aufmerksamkeit hochzuhalten. Wir sind schließlich ein Nebenbei-Medium.

Beim Bügeln, Baden, Autofahren.

Genau. Die wenigsten unserer Hörer:innen hören uns stundenlang hochkonzentriert zu. Sie dabei mit Soundeffekten bei der Stange zu halten, darf man natürlich ebenfalls manipulativ nennen; es geht dabei aber um die Story, nicht dem Erzähler.

War es da eine inhaltliche oder eine wirtschaftliche Entscheidung, dass Sie sich vor zwei Jahren mit Ihrer eigenen Firma Undone selbstständig gemacht haben, anstatt punktuell im Auftrag von Studio Bummens, Florida Factual oder den Öffentlich-Rechtlichen zusammenzuarbeiten?

Beides. Den ganzen Stress einer eigenen Produktionsfirma macht sich ja niemand, weil ihm langweilig ist. Eine der Gründungsregeln heißt deshalb: Wir machen keinen Scheiß, sondern nur, worauf wir wirklich Lust haben, worauf wir stolz sein können. Außerdem will ich eigene Entscheidungen darüber treffen, was ich machen möchte, und nicht auf Angebote warten. Zu wissen, da steht kein fremdes Label, sondern das eigene drauf, erhöht die Motivation noch mehr als ohnehin. Es kommt aber noch etwas hinzu.

Nämlich?

Ich wollte schon immer ein Unternehmer sein. Ich wollte meine eigene Bude haben, eigene Mitarbeiter:innen, ein selbstbestimmter Teil des Wirtschaftslebens in Deutschland sein. Ich wollte, dass in diesem Land irgendetwas auch mir gehört.

Ist dieser bewusste Weg ins unternehmerische Risiko auch wieder eine Frage des persönlichen Mindsets?

Ein bisschen schon. Aber nach der Veröffentlichung von Cui Bono hatte ich einfach so starken Rückenwind, dass mein Risiko kalkulierbar war. Und meine damaligen Kolleg:innen von Studio Bummens und K2H haben mich in dieser Entscheidung stets unterstützt. Da gab es keinen Groll. Wenn du selbst und andere Vertrauen in dich haben – das ist von unschätzbarem Wert.

Dass Sie die sechsstelligen Beträge für journalistische Podcasts wie Cui Bono nun selbst aufbringen mussten, hat Ihnen also keine schlaflosen Nächte bereitet?

Nein.

Sind Sie denn schon mal so richtig auf die Schnauze gefallen?

Ich habe bislang einen sehr glücklichen Weg hinter mir, der gespickt gewesen ist von Zufällen und guten Menschen, die mir gute Dinge gewollt haben. Wenn Sie mich jetzt also fragen, wie man es als Podcaster schafft, könnte ich Ihnen keine Antwort geben. Ich bin tatsächlich totaler Quereinsteiger, habe vorher Kommunikationswissenschaft studiert, bisschen Publizistik. Ich wollte ja noch nicht mal Journalist werden.

Dafür haben Sie ein erstaunliches Händchen für gute, zugkräftige Themen. Wo entstehen die – im stillen Kämmerlein oder lauten Redaktionsrunden?

Überall, aber in der Firma überlassen wir nicht alles dem Zufall. Wir kommen jeden Mittwoch zusammen und suchen neue Ideen. Wenn wir keine haben, versuchen wir sie beim Brainstorming systematisch zu entwickeln. Manchmal fliegen einem die Ideen aber auch zu. Die einer Geschichte über Mesut Özil etwa kam von außen, wir haben sie dann gemeinsam mit RTL+ umgesetzt. Aber manchmal geht natürlich auch was in die Hose. Von zehn Geschichten, die wir entwickeln, überleben vielleicht fünf.

Warum?

Weil das Risiko, dass etwas nicht funktioniert, eingepreist ist, und wir deshalb gelegentlich mehr investieren als herauskommen kann.

Was eigentlich immer funktioniert, sind Gesprächspodcasts – gerade, wenn man bereits so prominent ist wie Sie.

Gute Idee. Ginge auch!

Konjunktiv?

Ich fact-checke das Mal, und wer weiß – vielleicht kommt gegen Ende des Jahre ja was…

Haben Sie eigentlich von Tech Bro Topia gehört, dem Deutschlandfunk-Podcast über Tech-Milliardäre wie Peter Thiel?

Ja klar.

Waren Sie da neidisch, die Idee nicht selber gehabt zu haben?

Nein. Und: Ich höre privat gar keine Podcasts.

Wie bitte?!

Dafür stecke ich beruflich zu tief in der Materie. Ich könnte keine Folge hören, ohne sofort 100 Dinge zu bemerken, die ich bei unseren Produktionen auch im Kopf habe. Also lasse ich es lieber. Wichtiger ist mir sowieso, die Kontrolle darüber zu behalten, was mich inspiriert. Deshalb suche ich diese Inspiration sehr bewusst in anderen Medien: Bücher, Kino, Fernsehen. Das ist für mich auch ein wenig Remix-Kultur: In einer Netflix-Serie etwas sehen, das man dann in einen Podcast fließen lässt. Das sind oft auch ästhetische Dinge, Sound-Design und Musik zum Beispiel.

Unabhängig vom Sounddesign sind Podcasts eigentlich ein nostalgisches Medium. Was wäre der nächste Schritt auf dem Weg zurück zur Effektreduktion – Debattiersalons, wo die Leute wie vor 100 Jahren bei Kaffee und Gebäck über die Welt philosophieren?

Buchclubs gibt es ja schon längst wieder. Das ist allerdings keine Entscheidung gegen technische Neuerungen, sondern für den menschlichen Austausch. Wir müssen uns über die Kultur unterhalten, sonst überrollt sie uns. Die Leute sehnen sich offenbar nach Lagerfeuern. Wenn ich meinem Freundeskreis vorschlage, uns einmal im Monat bei Bier oder Kaffee zu treffen, um über Gott und die Welt zu quatschen, wären viele mit Kusshand dabei.

Zum gemeinsamen Detoxing der digitalen Reizüberflutung?

Nee, man muss sich ja nur dann detoxen, wenn man sich überhaupt erst, ähm, toxen lässt. Es geht eher darum, mit all diesen Reizen nicht alleine zu sein. Denn das bist du am Ende ja auch dann, wenn 1000 Leute deinen Reel sehen oder deine Story lesen. Das hat ja alles nichts mit sozial zu tun. Wir müssen raus und uns leibhaftig treffen. So wie wir beide jetzt. Danke dafür.


Dayanir & Hellwig: Casting & Chabos

Wenn’s klappt – geil!

Phillis Dayanir und Johanna Hellwig casten seit 2016 gemeinsam von Pilcher bis Tatort nahezu das gesamte TV-Repertoire, aber die ZDF-Serie Chabos ist ihr personalpolitisches Meisterstück. Ein Gespräch übers hintergründig bedeutsame Besetzungsfach und wie man darin Kostendruck mit Qualitätsanspruch verbindet.

 

Von Jan Freitag

Phillis Dayanir, Johanna Hellwig, für die ZDF-Serie Chabos mussten Sie acht Hauptfiguren als Teenager und Erwachsene besetzen. Wie findet man die Balance zwischen äußerlicher Übereinstimmung und schauspielerischer Eignung?

Johanna Hellwig: Bei der Besetzung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: das Temperament einer Figur, ihre Dynamik im Ensemble, die äußere Erscheinung. Optik und Inhalt können unterschiedliche Geschichten erzählen – oder gemeinsam die eine stützen. Gerade bei dieser Serie war es von Anfang an entscheidend, dass die Zuschauer*innen junge und ältere Besetzung sofort als dieselbe Figur wahrnehmen und sich mit ihnen identifizieren können.

Phillis Dayanir: Und genau da entstehen bei Bauchmenschen wie mir früh konkrete Bilder der Darsteller*innen im Kopf, die ihrer Figur auch inhaltlich entsprechen. Da in der Serie die Rolle des erwachsenen Peppi eine zentrale Begleitfigur der jungen Chabos ist, haben wir sie als erste besetzt. Danach haben wir das Jugendcasting gestartet. Weil die Feinjustierung meistens parallel erfolgt, kamen die erwachsenen Schauspieler allerdings gedanklich schnell dazu.

Ist Ihre Kartei da bereits nach Ähnlichkeiten mit Älteren oder Jüngeren vorsortiert?

Dayanir: Nein, sowas gibt es bei uns nicht. Mit jedem neuen Projekt gehen wir bei der Suche nach Übereinstimmungen wie Trüffelschweine in die Wühlarbeit.

Kommt da bei Ihnen bereits eine KI zum Einsatz?

Hellwig: Für thematische Recherchen nutzen wir digitalen Tools schon, im eigentlichen Castingprozess aber nicht. Wir sind neuen Technologien gegenüber offen, vertrauen wir aber weiterhin stark auf unsere eigene Kreativität und Erfahrung.

Wie ist Ihre Wahl da auf die jungen Chabos Nico Marischka, Jonathan Kriener, Loran Alhasan, Arsseni Bultmann und die erwachsenen Johannes Kienast, David Schütter, Max Mauff und Erol Afsin gefallen?

Dayanir: Recherche, Recherche, Recherche. Sichtungen, Vorbesprechungen und Nachbesprechungen untereinander mit Regie, den Produzentinnen und unserer tollen ZDF-Redakteurin Kristl Philippi, viele Impulse wahrnehmen, aber eben auch Erfahrung. Für die jüngere Besetzung haben wir unterschiedlichste Wege eingeschlagen, um neue Talente zu finden.

Wobei besonders die Regie vermutlich keine Lust auf acht socialmedia-gecastete Anfänger am Set hat…

Hellwig: Arkadij Khaet und Mickey Paatzsch waren zum Glück sehr offen und angstfrei was junge, unerfahrenere Spieler*innen betrifft, auch bezüglich Social-Media-Talenten. Wenn jemand gut spielt und sich die Rolle zu eigen macht, bekommt er eine Chance – egal mit welchem Background.

Dayanir: Und immerhin zwei der vier Jungs hatten vorher ein wenig Dreherfahrung. Ähnlich wie die Darsteller*innen mit großer Social-Media-Präsenz, die ihren Platz im Ensemble sehr gut gefunden haben.

Gibt die Produktion dem Casting darüber hinaus Aufträge mit auf den Besetzungsweg – Stars und Influencer zum Beispiel?

Dayanir: Die Kombination aus neuen Talenten und prominenter Besetzung war von allen Seiten gewünscht. Das hat uns aber keinesfalls kreativ eingeschränkt, im Gegenteil, unsere BBC-Produzentinnen und die ZDF-Redaktion haben uns alle Freiheit gelassen und eine schöne Arbeitsatmosphäre geschaffen. Wir konnten uns vielmehr mit Vorschlägen aus den unterschiedlichsten Themenfeldern austoben.

Hellwig: Allein die Thematik der 2000er hat hier ein großes Feld der Referenzen und Easter Eggs in den Besetzungsvorschlägen geöffnet.

Denken Sie beim Casting auch als Talentscouts mit dem Ziel, Nachwuchs aufzubauen?

Dayanir: Klar, Talente ausfindig zu machen, ist ein wunderschönes Gefühl. Vor allem, weil wir so nicht nur Rollen besetzen, sondern Menschen auf ihrem Weg begleiten dürfen und das macht diesen Beruf besonders erfüllend.

Hellwig: Wir bleiben neugierig. Ob auf der Straße, im Theater oder bei Vorsprechen von Absolvent*innen. Manchmal ist da genau dieser eine Moment, in dem der Funke überspringt.

Wächst der Bedarf nach Laien statt Profis auch deshalb, weil sie unterm Kostendruck sinkender Budgets einfach billiger sind?

Hellwig: Die Frage ist, ob man an der Besetzung von Talenten mit weniger Erfahrung am Ende wirklich spart. Unerfahrenheit sein kann vielleicht weniger Gage, dafür aber mehr Betreuungs- und Drehzeit erfordern. Deshalb sollte die Neugier aufs Talent immer dessen Beitrag zur Geschichte dienen, nicht dem Etat.

Dayanir: Schließlich haben auch die Großen alle klein angefangen – jemand hat ihnen die erste Chance gegeben, gesehen zu werden. Dennoch ist knappe Kalkulation für jedes, also auch unser Gewerk immer eine Herausforderung.

Führt die dazu, dass Community Casting zunimmt, also die Besetzung mit Laien wie bei der Weiße Hai, wo bis auf sieben Profis der gesamte Cast vom Drehort stammte?

Hellwig: Laien zu besetzen hat Vor- und Nachteile. Oft fühlen sie sich in ihrer bekannten Umgebung wohl und können die Rollen natürlich ausfüllen; das bringt manchmal das gewisse Etwas. Anderseits ist Community Casting meist zeitaufwendiger und damit kostenintensiver.

Dayanir: Um Vertrauen aufzubauen, haben die jungen Chabos vor und während des Drehs in einer WG gewohnt und sind so Freunde geworden, was in ihr Zusammenspiel eingezahlt hat. Auch auf diese zwischenmenschlichen Töne muss man im Castingprozess achten. Wir suchen natürliche Dynamik zwischen den Rollen, die soziale Beziehungen lebendig werden lässt.

Suchen Sie bei der Besetzung junger Figuren auch das erwachsene Potenzial oder reicht zunächst ihre Eignung fürs aktuelle Alter?

Dayanir: Da stecke ich tief im Hier und Jetzt. Gerade bei Jungschauspieler*innen ist schwer vorherzusagen, wie sie sich vom Teenager- ins Erwachsenenalter entwickeln. Und ob sie den Beruf überhaupt dauerhaft ausüben wollen.

Hellwig: Schauspielagent*innen haben hier natürlich einen anderen Ansatz. Man hat die langfristige Agenda im Blick, da sie die Karriere ihrer Klient*innen aktiv fördern. Trotzdem sind wir auch als Caster*innen Fans der ersten Stunde und freuen uns über jeden neuen Erfolg der Spieler*innen.

Ist Unerfahrenheit bei Nachwuchsschauspielerin eher hinderlich oder sogar förderlich, weil sie impulsive, unverbildete Lockerheit mit sich bringt?

Hellwig: Eher letzteres. Besonders Kinder können unglaubliche Freiheit im Spiel mitbringen. Dabei ist es aber auch wichtig, dass sie sich beim Casting und am Set sicher fühlen.

Dayanir: Bei Nachwuchsschauspielenden kommt vieles – je nach Rolle – ja aus dem Inneren des Seins. Das ist ein tolles Potenzial, das aber auch einzuordnen ist und manchmal einzufangen gilt. Diese Aufgabe ist im Castingprozess auch schon von großer Bedeutung.

Jetzt haben wir viel über die Besetzung Unbekannter gesprochen. Wie bringt man denn Prominente wie Anke Engelke dazu, bei Chabos eine Nebenrolle zu spielen?

Dayanir: Bei spannenden Stoffen und starken Drehbüchern ist die Rollengröße nicht immer ausschlaggebend, es geht vielmehr um die Qualität der Rolle an sich und im Ensemble.

Sofern man sich traut, sie überhaupt dafür anzusprechen.

Dayanir: Fragen kostet nichts. Das Budget ist zwar nie außen vor, aber unser Ansatz immer zuerst ein kreativer.

Hellwig: Wir kennen Anke Engelke schon durch andere Projekte, was erste Schritte erleichtert. Aber selbst, wenn man sich nicht kennen würde, zeigt die Freundlichkeit in der Kommunikation auch bei anderen bekannten Namen seitens der Managements oder Agenturen, wie respektvoll der Umgang insgesamt ist.

Kann man den Casting-Prozess von Drehbuch bis Drehschluss in einen Satz fassen?

Dayanir: Nach Bewerbung, Drehbuch, Kennenlernen, vergleicht man gemeinsame Visionen, recherchiert, recherchiert, recherchiert, sichtet und kombiniert aufgrund intensiver Gespräche die Favoriten nach E- und Live-Castings zum Ensemble.

Hellwig: Das bei Chabos aus circa 60 Sprechrollen bestand.

Oha!

Beide (lachend): Oh ja!

Ist Ihre Arbeit mit dem ersten Drehtag dann beendet?

Hellwig: Im besten Fall sogar ein paar Wochen vorher, um Regie, Maske, Kostüm die Gelegenheit zu geben, genügend Zeit für ihre Vorbereitung mit den Schauspieler*innen zu haben. Weil es immer mal zu Umbesetzungen kommen kann, sind wir aber auch während des Drehs on hold. Präsent zu sein ist für uns einfach wichtig.

Dayanir: Wir befinden uns auch sonst später immer wieder im Austausch mit Regie und Produktion, Set-Besuche inklusive.

Unterscheidet sich all das eigentlich zwischen Pilcher, Tatort oder Chabos?

Dayanir: Leidenschaft und Intensität in der Besetzung sind überall gleich groß. Was sich unterscheidet, ist der Rahmen: Manche Prozesse sind komplexer oder nehmen mehr Zeit in Anspruch, doch das Herzblut bleibt überall dasselbe.

Hellwig: Projekte unterscheiden sich generell durch ihre Besetzungen hinter der Kamera. Jede Regie, jede Produktion, jeder Sendeplatz, Sender, Streamer, Kinorelease und Stoff, hat andere Anforderungen, auf die man sich neu einlassen muss. Aber genau das ist schön, spannend und fordernd an unserem Beruf.

Wie oft gibt es zwischen Standard und Abweichung da Perfect Matches?

Hellwig: Der Anspruch ist zunächst natürlich immer das absolute Perfect Match, der Wunsch so nah wie möglich ranzukommen ist immer da. Und wenn’s klappt – geil!

Dayanir: Für mich führt der Magic Moment zum Perfect Match, eine Energie im Raum, die Verbindungen zwischen den Spieler*innen, die Impulse durch die Regie. Wer das spüren will, sollte unbedingt Chabos streamen, solche Augenblicke sind das Herz unserer Arbeit.


Helge Schneider: Katzeklo & Klimperclown

Cello im Ruhrpottkeller

Helge Schneider ist gerade 70 Jahre alt geworden, von denen er Dreiviertel auf der Bühne steht. Die ARD hat ihm dazu ein selbstgemaltes Geburtstagsporträt gewidmet. Und The Klimperclown ist, nun ja, so sehr Helge Schneider, wie es gerade noch zu ertragen ist. Also absolut aberwitzig. Und großartig.

Von Jan Freitag

Um das Phänomen des kuriosesten aller deutschen Komiker zu verstehen, muss man kurz auf Zeitreise nach Kiel gehen. In seiner 121-jährigen Geschichte hat das Studio am Dreiecksplatz schon viel erlebt. Aber was dort um den 79. Geburtstag geschah, war selbst fürs älteste Lichtspielhaus der Stadt ungewöhnlich. Mitten im Hauptfilm verließ die Hälfte der Zuschauer den Saal, nicht wenige wutentbrannt. Das wäre indes kaum der Rede wert, hätten die verbliebenen 50 Prozent nicht vor Lachen unterm roten Mobiliar gelegen. Wenn es noch eines abschließenden Beweises dafür bedürfte, dass Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Ende 1993 lieferte ihn Helge Schneider in Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem, als teilte Mose das Meer des schlechten Geschmacks.

Für Fans ein Revolutionär, für alle anderen Dilettant: so wie die dadaistische Westerngroteske vor 33 Jahren das Kinopublikum spaltete, wandelt ihr Autor, Regisseur, Komponist und Hauptdarsteller auch kurz vor seinem 70. Geburtstag zwischen Genie und Wahnsinn. Für diesen Balanceakt widmet ihm die ARD nun ein wahnsinnig geniales Porträt. Und weil außer ihm selbst nun wirklich niemand in Helge Schneiders Kopf zu blicken vermag, begibt er sich mithilfe seines langjährigen Bühnenpartners Sandro Giampietro persönlich auf den Grund des Unergründlichen.

Wer ein konventionelles Filmporträt erwartet, wird also enttäuscht. Wer ein unkonventionelles erwartet, allerdings ebenso. Der Klimperclown, wie es nach kurzer Kino-Auswertung ab Montag in der Mediathek auf Erwartungsflexible wartet, dekonstruiert sämtliche Konstanten klassischer Dokumentationen mit derselben Hingabe wie ihr Beobachtungsobjekt. Es beginnt, wo sonst, bei der eigenen Geburt. Schneider stellt sie mit zwei Handpuppen nach und nutzt dabei seine infantil-debile Kopf- und Gaumenstimme der Katzeklo-Ära, die FAZ-Feuilletonisten bis heute verlässlich die Fußnägel hochklappt.

Knapp 80 Minuten stolpert der Jubilar scheinbar orientierungslos durch 63 Jahre Bühnenerfahrung. Der Minderjährige musiziert bereits mit Cello und Günther in Ruhrpottkellern. Als Erwachsener vermischt er bald Comedy und Jazz zu einer Art multiinstrumentellem Nihilismus. Aus seinem gut gefüllten Fundus absurder Perücken, Anzüge, Brillen, Plateauabsätze kostümiert Schneider Kunstfiguren jenseits aller Stereotypen. Das wirklich Absurde aber ist: wie im Kieler Kinosaal lacht sich die Hälfte der Deutschen schlapp, wenn er „meine Schuhe, die lieb‘ ich sehr / ohne Schuhe, wär‘ ich nicht hier“ singt.

Wenn der Gitarrenvirtuose (und Klaviervirtuose (und Saxofonvirtuose (und Geigenvirtuose (und Schlagzeugvirtuose (und Akkordeonvirtuose))))) dazu schräge Tonfolgen zupft, belegt er das ungeschriebene Filmgesetz, nur gute Eiskunstläufer können schlechte Eiskunstläufer spielen, und lüftet nebenbei einen Teil seines Witzgeheimnisses: Niemand füllt die Leerstellen unserer Logik virtuoser mit Nichts als der Sohn eines Fernmeldemonteurs und einer Finanzbeamtin. Geboren am 30. August 1955 in Mühlheim/Ruhr, ungefähr 30 Jahre vor jener Medienrevolte, denen auch die Mauern der herrschenden Lachhaftigkeit nicht standhielten.

Mitte der 80er nämlich baut das Privatfernsehen, namentlich RTL und Tele5, drollige Brücken über den Mainstream-Frohsinn. Zwischen Dieter Hallervordens Glubschaugen-Klamauk und Dieter Hildebrandts Verkündungskabarett legen Anarchos wie Christof Schlingensief und Hape Kerkeling, Harald Schmidt und Herbert Feuerstein, Bully Herbig und Corny Littmann, also viele Männer und außer Anke Engelke kaum eine Frau den Humor ihrer Tage zugleich höher und tiefer. Alles hochkonzentriert in Texas.

In dessen „Verweigerungskomik“, schrieb damals der Filmkritiker Georg Seeßlen, sei „immer was los“, man wisse „nur nicht genau was“. Rettungslose Schönseher hätte sich vom Klimperclown da womöglich Aufklärung erhofft, was genau in den vier Fortsetzungen, sieben Kriminalromanen, elf Hörbüchern, zwei Dutzend Cameo-Auftritten und Abertausend Liedern wie Es gibt Reis, Baby los ist. Kleiner Spoiler: Statt alte Fragen zu beantworten, stellt der Film lieber ein paar neue.

Ob der ehemalige Kelly-Family-Sänger Angelo tatsächlich Helge Schneiders Schlagzeug-Roadie ist zum Beispiel und falls (höchstwahrscheinlich) nicht: Warum ihm die ARD geschlagene zwei der 82 Minuten von herausragender Belanglosigkeit beim Schlagzeugaufbau zusieht. Überhaupt: das Klimperclown-Personal… Helge Schneider holt den halben Cast früherer Filme in sein Selbstporträt und verbringt mit ihnen Zeit ohne jeden Mehrwert. Einfach nur Menschen mit Menschen beim, tja, Menschensein oder auch mal alleine mit sich, einem Handstaubsauger und Frank Sinatra im Wohnmobil.

Was an der Loseblattsammlung früher Homevideos, späterer Kinofilme, junger Konzertmitschnitte und brandneuer Dokumentaraufnahmen real oder erfunden ist, Fiktion oder Dokumentation, weiß nur Helge Schneider allein. Weit wichtiger als jede Wahrhaftigkeit ist ohnehin, dass dem kuriosesten, vor allem jedoch uneitelsten aller deutschen Komiker von Herzen egal zu sein scheint, was andere, also wir, das Publikum, von ihm denken. Diese Kaltschnäuzigkeit allein ist bereits lustiger als alle Bühnenprogramme selbsterklärter Comedians zusammen.


Till Reiners: heute show & Till Tonight

Geil, dass es klappt

In der heute-show entlarvt Till Reiners (Foto Daniel Dittus/ZDF) Menschen auch durch sein argloses Auftreten. Jetzt kriegt er seine eigene Late Night im ZDF. Ein Gespräch mit dem Duisburger Germanisten-Sohn über Talkshows mit Haltung, Antifas im Anzug und Hape Kerkeling als Vorbild.

Interview Jan Freitag

freitagsmedien: Till Reiners, Sie sehen ein bisschen aus wie vom Bundesvorstand der Jungliberalen. Ist es als Visitenkarte seriöser Satire hilfreich, optisch adrett und gescheitelt daherzukommen?

Till Reiners: Ja, denn obwohl man vielleicht den größten Unsinn erzählt, wird man dadurch erst mal ernster genommen. Das erzeugt Fallhöhe. Die Leute haben halt komischerweise großen Respekt vor Menschen in Anzügen. In dem Sinne habe ich mich auch gefragt, warum die Antifa eigentlich nicht in schwarzen Anzügen aufläuft. Da würde die Polizei einfach nur höflich grüßen.

Das geht Ihnen in der heute-show ähnlich, wo Sie akkurat gekleidet oft genauso leicht zu prominenten wie gewöhnlichen Leuten vordringen. Ist das bloß eine Berufsuniform oder sehen Sie immer so aus?

Vor der Kamera sehe ich aus wie FDP, privat bin ich dagegen leider sehr hässlich. Deswegen versuche ich so oft es geht vor der Kamera zu sein.

Das dürfen Sie jetzt auch in Ihrer neuen Sendung Till Tonight. Ziehen Sie sich da ein bisschen lässiger, juveniler, hipper an?

Die drei Wörter in Kombination lösen bei mit Boomer-Alarm aus. Aber ernsthaft: Ich werde entsprechen einer Freitagabend Late Night die Zuschauer begrüßen.

Nach Ihrer Ankündigung, weil Ihnen Urlaub zu anstrengend sei, würden Sie sich in ihrer Late Night „auf offener Bühne erholen, Füße ins Wasser und die Show genießen“, könnte man allerdings auch Badelatschen und Shorts erwarten…

Es ging mir dabei mehr um die Haltung: einen Abend, der locker ist, aber trotzdem Haltung hat. Man darf sich bei mir wohlfühlen – als Host, aber auch als Zuschauer.

Wird es in der Sendung entsprechend harmlos zugehen oder gegebenenfalls bissig, böse, aggressiv?

Ich merke, sie sind ein Fan von drei Adjektiven hintereinander!

Schon seit den Werbungen für Waschmittel meiner Jugend, die alle bei 30, 60 und 95 Grad gereinigt haben.

Dann biete ich Ihnen hiermit lustig, heiter, doppelbödig an. Ich mag Humor, der wehtun kann, aber niemals die Empathie verliert. Wenn wir etwas kritisieren, dann mit Haltung – und mit Witz natürlich.

Wird es dabei dann eher politisch oder gesellig?

Beides. Politik ist ja nichts Abstraktes, sie betrifft unser gesamtes Leben. Wir nehmen deshalb aktuelle Themen auf, ohne sie bloß bierernst zu sezieren. Und dann wird’s auch wieder gesellig – es ist schließlich Freitagabend.

Was sind dabei denn Ihre Referenzgrößen – eher die hochpolitischen Bill Maher, Jon Stewart und Samantha Bee oder die unpolitischeren Jimmy Fallon, James Corden und Kelly Clarkson?

Ich schau viel Seth Meyers und mag John Mulaney. Die machen beides und das finde ich toll. Bei uns ist das Format pointiert, aber nicht immer frontal. Und es darf auch albern sein.

So wie einst Harald Schmidt, der die Late Night hierzulande einst massentauglich gemacht hat?

Harald Schmidt war natürlich auch für mich prägend. Aber ich orientiere mich da doch eher an Leuten wie Hape Kerkeling oder Josef Hader – beides Komiker, die Humor mit Haltung verbinden, ohne sich zu wichtig zu nehmen.

Wie wird die Show dramaturgisch aufgebaut?

Es gibt Stand-up, Gespräche, Aktionen – alles bleibt im Fluss. Die Idee ist ein Abend, der sich entwickelt. Nicht durchgetaktet, sondern lebendig.

Und welche Art Gäste können wir dabei erwarten?

Es wird Überraschungen geben – mehr sag ich nicht. Nur so viel: Es geht nicht um Prominenz, sondern um Menschen mit Haltung und guten Geschichten.

Werden Sie denen gegenüber dann eher der cremige Kumpeltyp sein wie Tommi Schmitt oder der scharfkantige wie Kurt Krömer?

Woher kommt denn jetzt „cremig“?! Ich hoffe, irgendwo dazwischen. Eine Umarmung, die einem manchmal eine Rippe bricht. Hoppla!

Wird sich Till Tonight“ ideologisch irgendwie irgendwo einordnen lassen wie Jan Böhmermanns das ZDF Magazin Royale, das zuletzt deutlich aktivistischer nach links gerückt ist?

Nein. Wir haben eine Haltung, aber kein Programm. Es geht darum, mit Leuten zu lachen – manchmal auch über uns selbst.

Kann man Sie selber denn irgendwo einordnen?

Ich hoffe nicht. Wenn man zu gut einzuordnen ist, wird man schnell langweilig. Ich finde: Überraschung ist ein Wert.

Warum machen Sie eigentlich eine Late Night – sind Sie nicht ausgelastet?

Ich verstehe die Frage nicht, Late Night ist doch das größte! Den Papst fragen sie doch auch nicht: Warum denn jetzt Papst, sind sie nicht ausgelastet? Auf diese Chance habe ich quasi mein Leben lang gewartet. Geil, dass es klappt.

Was kann danach noch kommen?

Bundespräsident. Ich hätte aber nur halbtags Zeit, es darf nicht in Stress ausarten.


Jana Burbach: Bad Banks & Parallel Me

Die Goldgräberstimmung ist vorbei

Seit ihrem Welterfolg Bad Banks ist die Autorin Jana Burbach (Foto: Sucheep Homsuwan/Paramount+) in der Drehbuchbranche heiß begehrt. Warum sie sich für die Paramount-Serie Parallel Me entschieden hat und wie man realistische Mystery für Streamer schreibt, erzählt die 39-jährige Münchnerin im Interview des KNA-Mediendienst im Interview

Von Jan Freitag

freitagsmedien: Jana Burbach, wenn Sie selbst einen Schal hätten, mit dem sich Tony in Ihrer Paramount-Serie Parallel Me in andere Existenzen ribbeln kann – welche wären das?

Jana Burbach: Zurzeit keine, dafür bin ich als Autorin viel zu glücklich. Früher hatte ich natürlich andere Berufswünsche, die ich auch ausprobiert habe. Schauspielerin zum Beispiel oder Regisseurin.

Keine grundsätzlich anderen Berufe allerdings wie Feuerwehrfrau oder Astronautin…

Stimmt. Aber Drehbuchschreiben, hat bei mir vor zehn Jahren am meisten geklickt. Und weil ich hier sogar erstmals das Showrunning gemacht, Musik und Kostüme ausgesucht, mit dem Cast kommuniziert, also gewissermaßen Regieaufgaben und sogar eine kleine Rolle übernommen habe, bin ich abgesehen von ein wenig Erholung gerade wunschlos glücklich.

Und dann ist die Story, mit magischer Hilfe in parallele Identitäten zu schlüpfen, auch noch mit ihrer eigenen Biografie verlinkt.

Da speist sich einiges aus meiner Geschichte, ja. Weil ich seit meiner Zeit am Theater sehr ans kreative Kollektiv glaube, ist vieles noch im Writers Room entstanden. Die Popstar-Episode hat zum Beispiel auch damit zu tun, dass meine Mutter Sängerin ist und mich diese Welt interessiert. Die Realität hat aber auch die der Produktion beeinflusst. Die Geschichte um die japanische Mutter haben wir etwa mit Malaya Stern Takeda entwickelt, nachdem sie als Toni gecastet war. Die Entwicklung war also schon sehr lebendig.

Gibt es analog zum Method Acting von Lee Strasberg also auch so etwas wie Method Writing, das vor allem aus dem Leben des Autors schöpft?

In jeder Form des fiktionalen Schreibens steckt doch irgendeine Lebenserfahrung. Von nichts kommt nichts. Das gilt aber auch für die Vorbereitung. Christian Schwochow…

Für den Sie Teile der Drehbücher zu Bad Banks verfasst haben.

… spricht von sinnlicher Recherche, die sich nicht nur aus Texten und Büchern anderer speist, sondern aus eigener Erfahrung. Um zu verstehen, wie die Leute in der Finanzbranche denken, reden, ticken, sich kleiden, haben wir bei Bad Banks eng mit einem Ex-Banker als Berater zusammengearbeitet. Ein Bank-Praktikum war leider nicht möglich. Man kann auf jeden Fall über Dinge schreiben, die man nicht selbst erlebt hat, aber man sollte dann eng mit Menschen kooperieren, die die entsprechende Lebenserfahrung haben.

Andernfalls wäre ihr Portfolio auch unmöglich gewesen. Sie haben von der Milieustudie Bad Banks bis zur Fantasy-Serie Tribes of Europa eine enorme Bandbreite! Wo ist da der rote Faden?

Das wird ja fast tiefenpsychologisch (lacht). Bei Just push Abuba und Parallel Me finden sich jedenfalls mehr Gemeinsamkeiten, weil beides auf meiner Initiative beruht, während mir alles andere angeboten wurde. Ein gemeinsamer Nenner ist Neugier. Sie geht so weit, dass ich Bad Banks ohne die geringste Ahnung vom Finanzwesen gemacht habe oder Die Heiland mit wenig Vorkenntnissen über Blindheit (lacht). Mich fasziniert das Unbekannte.

Eine weitere Gemeinsamkeit war bis auf die Netflix-Serie Tribes of Europa, dass alles öffentlich-rechtlich war. Worin bestehen die grundlegenden Unterschiede zu Streamern?

Als die neu waren, gab es eine Art Goldgräberstimmung, weil sie sehr schnell viel Content gebraucht haben. Den kompletten Produktionsauftrag zu Tribes of Europa haben wir wegen eines kurzen Pitch-Papiers bekommen. Da hieß es oft: macht einfach, los! Das ist öffentlich-rechtlich anders, wo die Entscheidungsprozesse langwieriger sind, man aber auch eine ganz andere Verantwortung trägt – für Rundfunkbeiträge des Publikums oder politische Anliegen. Dafür haben Streamer den Anspruch, auf einem heillos überfüllten Markt gut zu unterhalten. Deshalb ist auch bei denen die Goldgräberstimmung mittlerweile vorbei.

Die großer Entertainment-Konzerne Disney, Apple oder jetzt Paramount schütten ihre Plattformen auch nicht mehr mit Geld zu?

Schon vor Corona nicht mehr. Weil längst Bedenken und Vorsicht herrschen, sind wir vorläufig auch das letzte deutsche Original von Paramount+. Bei den Öffentlich-rechtlichen herrschen nochmals andere Sparzwänge und Ängste, aber es gab einfach zu schnell zu viele Streamer, da wird der Markt jetzt wieder deutlich kleiner. Die Euphorie ist ein wenig verflogen.

Bleibt die kreative Freiheit, von der häufig die Rede war, dort dennoch größer?

Ich fand nie, dass die Freiheiten dort größer waren. Die Einschränkungen sind einfach andere. Die Öffentlich-Rechtlichen kannten ihr Publikum aus langjähriger Erfahrung einfach besser und wussten ziemlich genau, was es von ihnen will. Gerade, weil die Zuschauer im Schnitt älter sind, ging es viel um gute Verständlichkeit und die richtigen Werte. Dass Die Heiland keine Kinder will, wäre bei Netflix kaum diskutiert worden. Bei ARD und ZDF überwiegt eben die Sorge, das Publikum zu überfordern, bei den Streamern hingegen, das Publikum zu langweilen. Deshalb sind die ersten 90 Sekunden dort so ungemein wichtig. Ich finde das aber auch gar nicht so schlimm.

Ach…

Je mehr sich Redakteure beider Plattformen um ihren Markt kümmern, desto besser kann ich mich um meine Geschichten kümmern. Ansonsten müsste ich die ganze Zeit nebenher Marktforschung betreiben.

Schreiben Sie den Markt und seine Zielgruppen trotzdem ein Stück weit mit?

Ich versuche hauptsächlich intuitiv und leidenschaftlich an Projekte ranzugehen. Ich will nicht zu strategisch sein oder irgendwie Dienst nach Vorschrift machen. Selbst wenn ich wie bei Bad Banks in ein bestehendes Projekt einsteige, suche ich darin Aspekte, die mich brennend interessieren.

Fühlen Sie sich von Branche, Publikum, Kritik eigentlich ausreichend wertgeschätzt?

Heutzutage eher, das hat sich in Deutschland gewandelt. Initiativen wie „Kontrakt 18“ haben dazu beigetragen, das Drehbuch als Basis von allem im Bewusstsein zu verankern. Das ist angesichts der Relationen wichtig. Eine teure Perücke kostet bei uns mitunter mehr als das erste Konzept, kein Witz. In Dänemark fließen durchschnittlich zehn Prozent des Budgets in die Drehbuchentwicklung, in Deutschland ungefähr drei. Das verstehe ich schon deshalb nicht, weil eine große Geschichte auch mit kleinem Budget gut werden kann. Umgekehrt wird das schwierig.

Könnte die relativ neue Entwicklung des Showrunnings, das zwingend am Drehbuch, aber nicht an der Regie beteiligt ist, die Relation verbessern?

Total! Showrunning bedeutet letztlich, uns Autoren zuzutrauen, Produktionsprobleme lösen zu können und die Qualität der Geschichten ins Zentrum zu rücken. Durch die vielen Außen- und Auslandsaufnahmen hatte Parallel Me gehörige Engpässe, die manchmal nur mit einer frischen Idee übers Drehbuch zu bewältigen waren.

Welche Vor- und Nachteile hat da dann das Arbeiten im Writers Room?

Zunächst sitzt man viel zusammen, damit alle die gleiche Geschichte im Kopf haben. Dann wird die Arbeit aufgeteilt – in diesem Fall jeder zwei Folgen, ich auch. Als Headautorin überarbeite ich aber auch noch die Bücher der anderen, bin also bis zuletzt verantwortlich für die Qualität des Ganzen.

Am Ende wird also nicht durch sechs geteilt?

Das Budget wird schon geteilt, aber fürs Headwriting gibt’s was obendrauf.

Hatte die Entscheidung, mit Parallel Me Mystery zu machen, eigentlich auch damit zu tun, dass sie made in germany seit Dark auch international wahnsinnig erfolgreich ist?

Ich hatte schon länger die Geschichte einer extrem wandelbaren Frau, die sich ständig anpassen muss, im Hinterkopf. Ursprünglich ging es um Wohnungsumzüge, also Neuanfänge. Weil ich Und täglich grüßt das Murmeltier so liebe, wollte ich den wiederkehrenden Tag von Phil aber in immer neue Biografien von Toni umdrehen. Ein übernatürlicher Kniff erlaubt es, existenzielle Fragen unterhaltsam zu stellen. Das war keine Marktstrategie.

Sondern?

Der Wunsch die bestmögliche Geschichte zu erzählen.


Axel Milberg: Borowski & der Abschied

Bodenständig ist mir zu wenig

Nach 44 Fällen in 22 Jahren verlässt Axel Milberg den Tatort. Film & Fernsehen aber bleibt der 68-Jährige Münchner aus Kiel auch künftig erhalten. Ein Gespräch über seinen Abschlusseinsatz Borowski und das Haupt der Medusa, (Foto: Christine Schröder/NDR) neue Freiheiten, lebende Leichen, spirituelle Seiten und was er mit seinem Alter Ego Klaus Borowski gemeinsam hat – oder auch nicht.

Interview: Jan Freitag

freitagsmedien: Die ARD hat das Ende von Borowskis letztem Fall vorab nicht gezeigt. Spricht das für einen Abgang mit Knalleffekt?

Axel Milberg: Kanonenschlag oder Tischfeuerwerk? Das ist hier die Frage. Ich darf natürlich nichts verraten, aber es ist sein letzter Arbeitstag vorm Renteneintritt – da stört ein größerer Fall, der sich so rasch nicht lösen lässt, die anstehende Feier gewaltig. Wobei Borowski überhaupt erst entdeckt, dass es einen gibt, als er seinen Reisepass verlängern will. Es soll für ihn ja irgendwie weitergehen. Aber noch ist die letzte Minute seines Lebens als Polizist nicht angebrochen…

Sind Sie vorab gefragt worden, welche Ihnen da vorschwebt?

Sehr früh sogar. Und dann saß ich da, hatte alle Freiheiten, aber was willst du nach 20 Jahren wirklich? Wie gut kenne ich Klaus Borowski und wie geht die Geschichte aus: Tod oder Abschiedsfeier, Segelboot oder Innenministerium, taucht die ferne Tochter aus Kanada auf oder die Exfrau? Da gäbe es 1000 Möglichkeiten.

Zu denen im „Tatort“ längst Zeitreisen und Zombies zählen. Wünschen Sie dem Format zum Abschied da mehr oder weniger Mut?

Es ist wunderbar und notwendig, neue Sachen auszuprobieren. Der Zuschauer wird auch hier entscheiden, was weitergeht. Aber nicht er allein. Denn ich denke, die Fälle müssen noch mutiger politische Gefährdungen aufgreifen und gegen die galoppierende Blödheit anerzählen.

Ihr Abschlussfall ist hingegen eher unpolitisch, dafür was für morbide Gothic-Fans…

Das hat der wunderbare Sascha Arango entwickelt, nachdem sein Exposé breite Zustimmung gefunden hatte. Und dann heißt es erst mal, ihn in Ruhe lassen. Arango ist Borowskis Head-Autor und kennt seinen Klaus am besten.

Kennt er denn auch seinen Axel oder mag der es eigentlich bodenständiger?

Bodenständig ist auch mir zu wenig. Es gibt märchenhafte Elemente, wenn man darunter versteht, tiefe Wahrheit in tückischer Idylle zu verbergen. Borowskis Gegenspieler ist der gepeinigte Sohn einer aggressiven Mutter, und er wird mit der Zeit immer auffälliger. Das kann gefährlich werden.


Borowski folgt dabei oft Gefühlen. Würden Sie ihn als Instinkt- oder Intellekt-Kommissar bezeichnen?

Er ist instinktiv, aber mit Mila als Co-Ermittlerin kommt das rationale Gespräch hinzu, denn am besten geht beides Hand in Hand. Borowski ist ja nicht sehr bürokratisch, er erklärt sich ungern, hört aber gerne zu und sagt irgendwann, was ihm zuvor klargeworden sein muss, bis er absolute Sicherheit hatte.

Was kennzeichnet ihn noch?

Cord und Volvo. Beides zeigt sein Bedürfnis nach etwas Häuslichem. Wer immer unterwegs ist, nimmt wie eine Weinbergschnecke sein Haus mit sich.

Teilt er das Verkapselte mit Ihnen?

Was ein Mensch über sich selbst sagt, ist in der Regel unbrauchbar, entweder macht er sich zu groß, zu klein, zu niedlich, zu lässig. Deswegen befrage ich zwar nicht häufig, aber manchmal meine Frau zu diesem Thema. Erfreulicherweise hält sie mich meist für offen, unkompliziert und heiter. Während Borowski nur für seinen Beruf zu leben scheint, genieße ich das Leben in seiner Vielfalt. Ich mache und habe Fehler, weise sie anderen aber ungern nach. Alles Lehrerhafte ist mir fremd.

Und das Spirituelle, von dem Borowskis Fälle ja oft geprägt waren?

Tatsächlich habe ich immer mehr Zugang dazu. Das Geheimnis liegt an der Oberfläche; man muss nur genau hinschauen. Und hinhören.

Was wäre eigentlich aus Ihnen geworden, wenn Klaus Borowski im Spin-Off von Stahlnetz 2022 erfolgreicher gewesen wäre?

Das Konzept war damals, für jeden Fall eine neue Ermittlerin oder einen neuen Kommissar zu nehmen. Einmal hieß der eben Klaus Borowski; ein sperriger, teamunfähiger Einzelgänger.

Im Grunde also gar nicht weit entfernt vom Tatort-Kommissar ein Jahr später – was 2003 noch als schauspielerische Endstation galt. Sie allerdings haben trotz zwei bis drei Fällen pro Jahr sogar mehr anderes gedreht. Sind Sie Workaholic oder können Sie einfach schlecht nein sagen?

Bei zwei Fällen pro Jahr ist das doch normal! An wie vielen der 365 Tage arbeitet denn ein Arzt oder Kfz-Mechaniker? Es ist sinnvoll, als Schauspieler wahrgenommen zu werden, der nicht nur Kommissar dieser starken Marke Tatort ist!

Haben Sie bei dieser Marke so was wie einen Lieblingsfall von den 44 in 22 Jahren?

Ich mag bestimmt ein knappes Dutzend richtig gerne. Welcher ist denn Ihrer?

Definitiv Der Himmel über Kiel.

Den die Konsumenten von Liquid Ecstasy über sich erblicken, oh ja. Studio Hamburg und der NDR haben mich in der Absicht, mit Regisseurinnen und Regisseuren zusammen zu kommen, die eine neue Sicht aufs Erzählen, aber auch die Welt hatten, stets unterstützt. So konnten wir mit Schwochow, Wnendt, Alvart, Tabak, Çatak unvergessliche Filme entwickeln. Aber auch Kraume, Rohde, Garde, Wagner und vor allem Andreas Kleinert waren Glücksfälle. Ich muss unbedingt zwischendurch mal kurz allen Produzentinnen, Producern und Redakteurinnen danken für ihren ungewöhnlich kämpferischen Einsatz! Danke. 

Wurmt es Sie angesichts dieser Fülle großer Regisseure manchmal, dass keiner Ihrer Tatorte einen Grimme-Preis bekommen hat?

Jetzt, wo Sie es abfragen, ja! 

Jetzt kommt Borowskis Finale, das im Viertel Ihrer eigenen Kindheit spielt. War es so düster, wie der Name Düsternbrook andeutet?

An manchen Stellen ja. Scheinbar unbewohnt, keine spielenden Kinder, viel Regen. Hinter den Fenstern angedeuteter Wohlstand, überaltert, die Paare verreist. Solche Viertel hat aber fast jede Stadt. Das Haus, in dem der letzte Fall spielt, steht allerdings gar nicht in Kiel, sondern im Osten Hamburgs, auf dem Weg zum Sachsenwald.

Bevor Borowski dort auftaucht, sitzt er im Reisebüro und sagt: Best-Ager klingt toll. Ist es toll, ein Best-Ager zu sein?

Natürlich nicht! Ich liebe das Leben und finde, dieses beschönigende Wort macht sofort melancholisch. Wie „herbstblond“ oder „80 ist das neue 60“. Ich will damit nichts zu tun haben. Meine Schwiegermutter sagt, sie ist jetzt 87, das Alter ist mir scheißegal, aber man kann natürlich was gegen zu schnelles Altern tun: Nicht rauchen, Enkel, Quizsendungen, ohne dabei zu naschen, große Spaziergänge, weg mit dem Handy, Nachrichtendiät! Das hilft bestimmt im Moment. Humor soll übrigens auch nicht schädlich sein. Noch tut bei mir nix weh!

Wie wichtig ist Nähe zu den eigenen Wurzeln? Sie leben ja in München, also ziemlich weit weg von der Heimat des Nordlichts Milberg…

Als Schauspieler bin ich ja nun viel in Gedankenwelten unterwegs. Da braucht es drumherum – für mich zumindest – ein friedliches Leben, und das schenkt mir die Familie. Meine Frau Judith ist Münchnerin, die vier Söhne sind dort geboren, ich spüre viel Süden. An einem bayerischen See bei saurem Radler auf schneebedeckte Berge schauen: da ist nix verkehrt. 

Machen Sie trotzdem nach Borowskis Pensionierung wie er erstmal eine Weltreise oder arbeiten einfach weiter?

Beides zugleich. Reisen, aber nicht als Tourist, sondern mit Menschen in der Arbeit zusammenkommen wie voriges Jahr, als ich in Neumünster und Wiesbaden mit Lang Lang und seiner Frau Alice Karneval der Tiere aufgeführt, davor vier Monate in Budapest und danach zwei Monate in Brasilien gedreht habe, ich bin einfach sehr dankbar für alles.

Auch, dass dieser Aufwand mit Rundfunkgebühren finanziert wurde?

Den zahle ich selbstverständlich gern. Unabhängige Nachrichten, Vermittlung von Meinungsvielfalt und Wissen sollten durch den Verbraucher finanziert werden. Dass davon allerdings auch überzogene Pensionszahlungen finanziert werden, sollte rasch überprüft werden und aufhören.


Peter Kurth: Herbert & Totenfrau

Wir Mecklenburger reden ja nicht viel

Seit seinem Durchbruch als Preisboxer Herbert vor gerade mal zehn Jahren ist Peter Kurth (Foto: Netflix) der spätberufene Film- und Fernsehschauspieler Deutschlands Subkultur-Stoiker schlechthin. Ein Gespräch über rote Fäden, Markenbildung, stille Kämmerlein und seinen Gangster in Staffel 2 der Netflix-Groteske Totenfrau.

Interview: Jan Freitag

freitagsmedien: Herr Kurth, gibt es etwas, das Ihre Rollen miteinander verbindet, eine Art roter Faden?

Peter Kurth: Auf jeden Fall: Ich selbst. Trotz des Versuchs, mit jeder Rolle in andere Gedankenwelten unterschiedlicher Situationen vorzudringen, bleibt es am Ende ja meine Person, die ihn unternimmt. Als junger Mensch wollte ich so weit weg wie möglich von mir agieren, habe im Lauf der Zeit aber gelernt, dass die Zuschauer Kontinuität schätzen. Je weiter ich mich von mir als Darsteller wegbewege, desto eher haben sie das Gefühl, der spielt mir nur was vor.

Und das ginge zu Lasten der Glaubwürdigkeit?

Tendenziell ja. Dieses Austarieren von Nähe und Distanz bildet einen Wesenskern meines Berufes. Der rote Faden sind deshalb meine Erfahrungen, meine Geschichte, mein Gesicht. Was haben Sie denn für einen entdeckt?

Eine Art Stoizismus. Auch Ihr Gangster Badal Sarkissian hat sechs Folgen Totenfrau nicht nur nahezu den gleichen Gesichtsausdruck und Tonfall, sondern unverwüstlichen Gleichmut. Ist das nur seine Mentalität oder ein bisschen auch Ihre?

Wir Mecklenburger reden ja nicht so viel, und schon gar nicht zu viel. Unsere Mentalität besteht darin, so wenig wie möglich zu zeigen und dennoch genug auszusagen. Diese Form der Ausdrucksmöglichkeit suche ich auch für meine Figuren. Sarkissian ist da das beste Beispiel: seine Auftritte sind durchgehend sehr prononciert, nutzen aber nur das Nötigste an Worten. Das ist auch Ergebnis einer eigenen Suche, auf die ich zusehends bewusst gehe. Trotzdem ist jede Rolle dabei grundsätzlich neu.

Folgt diese Suche auch einer Form von Markenbildung, dass die Leute wissen, woran sie mit Ihnen sind?

(überlegt lange) Natürlich freut man sich über einen Wiedererkennungswert. Noch mehr aber will ich meine Rollen ausloten und füllen. Es geht um die Geschichte, nicht um mich. Und dabei versuche ich trotz Wiedererkennbarkeit meine Bandbreite zu vergrößern, um nicht nur Bösewichte oder Kriminalisten zu spielen, sondern relative normale Menschen mit relativ normalen Existenzen.

Sind letztere am Ende sogar spannender als exaltierte, extreme Persönlichkeiten?

Scheinbar schon. Fehlende Konturen zu spielen ist nicht ohne. Aber auch exponierte Persönlichkeiten wie Sarkissian erfordern es für mich beim Spielen, den Zuschauern die Möglichkeit zu geben, hinter seine Fassade zu blicken, seine Ängste offenzulegen, seine Motive, seine Geschichte.

Dringen Sie dabei tiefer als das Drehbuch? Sind sie ein recherchierender Schauspieler, der seine Figuren bis ins kleinste Detail begreifen will, um sie begreiflich zu machen?

Das bin ich.

Nehmen Sie Ihre Rollen nach Drehschluss dann mit nach Hause oder legen Sie sie an der Garderobe ab?

Garderobe, ganz klar.

Selbst einen Charakter wie den abgewirtschafteten Preisboxer „Herbert“, der Sie vor zehn Jahren sicher mit Haut und Haaren einvernommen hat?

Da war es in der Tat schwierig – schon, weil ich mich für ihn auch körperlich stark verändern musste. Aber selbst da war es mir wichtig, mein privates Umfeld damit in Ruhe zu lassen und sich gegebenenfalls zu separieren und irgendwann klar zu sagen, der bleibt jetzt draußen. Was erzählt mir denn sonst meine Frau, wenn Sie nicht mich, sondern Herbert im Haus hat (lacht).

Ist das immer gleich leicht?

Schön wär’s… Beim zweiten Polizeiruf zum Beispiel, als es um die Tötung eines Mädchens ging, muss man als jemand wie ich, der nicht nur Vater, sondern Großvater ist, völlig klar im Kopf werden, um das abzustreifen.

Das Team vom ARD-Dreiteiler NSU-Komplex hat sich Tag für Tag nach Drehschluss angeblich zusammen ans Lagerfeuer gestellt und „Nazis raus“ gebrüllt…

Den einen helfen archaische Methoden, um Druck abzulassen, andere regeln das im stillen Kämmerlein. Da hat jeder seine Mechanismen.

Und Sie, als Mecklenburger Sturkopp?

Allein schon, um dieses Klischee zu bedienen: Eher stilles Kämmerlein. Zum Glück ist meine Frau aber nicht nur Partnerin, sondern auch meine Kollegin, die immer für einen Austausch zur Verfügung steht.

Susanne Böwe ist interessanterweise schon viel länger im Fernsehgeschäft, während Sie ein Spätberufener sind. Wie kam es dazu, erst mit Anfang 40, dann aber ohne Unterlass Filme zu machen?

Ich hatte 1988 gerade ein festes Engagement in Karl-Marx-Stadt angenommen, und als daraus Chemnitz wurde, wollte ich in dieser völlig neuen Zeit erst noch ganz neue Ausdrucksformen auf der Bühne finden. Das hat mich damals voll eingenommen, aber auch aus mir gemacht, was heute den roten Faden von vorhin bildet. Als mein „Liliom“ Anfang der Nuller am Hamburger Thalia große Aufmerksamkeit gefunden hatte, kamen dann aber nach langer Zeit plötzlich wieder Filmleute ans Theater, um Schauspieler zu finden.

Das war zuvor anders?

Seit den Siebzigern, als Regisseure den Bühnensound vom Bildschirm verbannt haben – was ich seinerzeit gut fand. Im neuen Jahrtausend herrschte aber auch am Theater ein Tonfall, der sich für Film und Fernsehen eignet, wo wieder mehr traditionelles Schauspielhandwerk gesucht wurde.

Auf der Bühne stehen Sie seither aber kaum noch, oder?

Selten. Ich wollte mich wirklich ganz bewusst aufs Filmen konzentrieren.

Gibt es bei dieser Konzentration noch Genres oder Figuren, die sie nie oder zu selten verkörpern?

Nein, bei mir ist nie das Genre oder meine Rolle darin vordringlich. So rot auch mein Faden ist, versuche ich mich als Person immer auch ein bisschen zurückzunehmen. Das bestimmt dann doch die Regel die Ausnahme.

Und einen Piratenfilm haben Sie ja auch schon mal gespielt.

Störtebeker, genau. Ich habe sogar Western gemacht und bin darüber selbst zum Reiter geworden.

Totenfrau 2, alle sechs Folgen ab 19. März bei Netflix


Wolfgang Stumph: Stubbe & Ruhestand

Man wird mich so leicht nicht los

Mit dem allerletztern Fall Familie in Gefahr geht Wolfgang Stumphs Stubbe (Foto: Christoph Assmann/ZDF) nach 30 Jahren endgültig in Rente – anders als sein Darsteller. Ein Gespräch mit dem 79-jährigen Dresdner über den letzten Film der ZDF-Reihe, Sehnsüchte nach früher, Unruhe von heute und seinen Hang zum Stumph-Sinn.

Von Jan Freitag

freitagsmedien: Herr Stumph, wenn Sie vor 30 Jahren geahnt hätten, dass Wilfried Stubbe erst 2025 seinen letzten Fall löst, welchen Abgang hätten Sie sich da gewünscht: Knalleffekt im Morgengrauen oder Tanz ins Abendrot?

Wolfgang Stumph: Letzteres, unbedingt letzteres. Als Cliff fürs Publikum, um Stubbe, seine Tochter, ihr Kind, die Familie und den Stumph-Sinn der Reihe mitzunehmen.

Stumph-Sinn mit ph nicht pf!

Er bezeichnet die Familie als Mittelpunkt von allem und die Vermittlung zwischen hüben und drüben, von Dresden die Elbe hoch nach Hamburg als Achse, die alles verbindet. Das ging ja bereits mit der ersten Folge los, als der Kriminalist Stubbe als Leihbeamter in den Westen ging, wo seine Frau ein Haus geerbt hatte.

Meistens lief das damals umgekehrt…

Mit dem Strom der Elbe hoch gegen den Strom der Zeit und wieder zurück – das war immer mein ganzes Streben. Als humanistischer Kabarettist ging es mir schon 1991 bei „Go Trabi Go“ oder zwei Jahre später im Salto Postale als sächsischer Postbeamter Stankoweit in Brandenburg, also keine Science-Fiction, sondern Versöhnung am Boden der Tatsachen. Sitcom im Zeitgeist des Hier und Heute.

Haben Sie dennoch manchmal Sehnsucht nach damals?

Ach, Sehnsucht… nach was?

Der Einfachheit vieler Dinge zum Beispiel. Im letzten Stubbe streicheln Sie über eine uralte Schreibmaschine „ohne elektronischen Mumpitz“. Klingt ziemlich nostalgisch.

Diese Nostalgie steckt ja mitten in der Gegenwart. Aber natürlich gibt es eine Sehnsucht nach der Harmonie und dem Zusammenhalt von früher. Denn nur er hat die Kraft zur Veränderung. Wir können es nur gemeinsam schaffen, etwas verändern…

Und dabei positiv auf alte Zeiten zurückblicken, ohne sie zu verklären?

Genau. Ich kann natürlich erzählen, dass ein Schauspieler bei mir schon im Jugendclub mein Interesse an Theater geweckt und mich auf die Bühne gebracht hatte, schön und gut. Das habe ich als Kind ohne Vater mit aufopferungsvoller Mutter gelernt, die mich in den 50ern dazu erzogen hat, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Aber da passiert es schnell, dass Jüngere abwinken und sagen, jetzt spricht der Opa wieder von damals (lacht).

Und wenn Sie es jetzt doch mal tun?

Hatte ich an den richtigen Stellen zur richtigen Zeit das Glück, richtige Entscheidungen zu treffen. Beim Gedanken an früher habe ich besonders im Hinblick auf Beruf und Familie also ein warmes Gefühl. Gerade deshalb benötigt man aber ein wenig Selbstkontrolle, um es beim Erinnern mit der Temperatur nicht zu übertreiben und Fehler einzugestehen, die man natürlich gemacht hat. Irren ist ja nicht nur menschlich, sondern notwendig. Niemand macht immer alles richtig – das zu erkennen, bewahrt einen davor, in Herrlichkeit zu scheitern.

Überwiegen bei Ihnen denn richtige oder falsche Entscheidungen?

Ich hoffe doch, ersteres. Sonst würde ich mich hier nicht mit Ihnen in der Sächsischen Vertretung in Berlin über die letzte Folge Stubbe nach 30 Jahren unterhalten.

Können Sie sich noch an Stubbes ersten Satz erinnern, den er 1995 nach seinem Umzug in Hamburg sagte?

Hmmm. „Der Himmel ist der gleiche Himmel“?

Fast. Auf die Frage seiner Frau, was Stubbe denn noch in Dresden wolle, sagt er: „Ruhe, zuallererst Ruhe“. War das im Grunde genommen die Essenz von dem, was Ihre Figur mittlerweile 54 Filme kennzeichnen würde?

Vermutlich schon und jetzt erst recht. Ich dachte häufiger, wenn wir wieder mal aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie Rechtsradikalismus oder familiäre Gewalt in der Serie verarbeitet haben, das reicht jetzt aber auch mal. Später, als ich angefangen habe, Dokumentarfilme zu machen, habe ich dann ja wieder über den Tellerrand der Unterhaltung geblickt und wertvolle Erkenntnisse gewonnen.

Welche zum Beispiel?

Mein Stumph-Sinn ist hat doch eine gesamtdeutsche Sicht in meiner Arbeit. Als ich vor drei Jahren die fünfteilige Dokumentarreihe ZusammenHalten für den MDR gedreht hatte, bin ich deshalb persönlich zum NDR gegangen und habe dort gefragt, warum sie denn am 3. Oktober nicht auch dort laufen könnte.

Und?

Hat funktioniert! Das hat mir Freude gemacht. Positiv zu provozieren, gegen den Mainstream zu schwimmen.

Bisschen dickköpfig zu sein…

Ja, ich bin schon ein bisschen unbequem. Nur wer aneckt bringt etwas in Bewegung.

Als wir vor 18 Jahren über den Film Heimweh nach drüben geredet haben, meinten Sie, eine Klette zu sein und penetrant treu. Woran kleben Sie heute?

An meiner Moral und Menschen, mit denen ich zu tun hatte. Der Regisseur Peter Kahane zum Beispiel, mit dem ich 2006 „Eine Liebe in Königsberg“ gedreht habe und über 35 Stubbe. Wir arbeiten zwar längst nicht mehr zusammen, haben aber noch immer regelmäßig Kontakt. Das Gleiche gilt für Achim Wolff, lange Zeit mein Partner im „Salto Postale“, oder viele Kollegen aus der aktiven Kabarettzeit. Dabei ist nicht wichtig, wie man beruflich voneinander profitiert. Man wird mich so leicht nicht los.

Gilt das auch fürs Fernsehen oder tritt Wolfgang Stumph gemeinsam mit Wilfried Stubbe von der Bühne?

Nee, ich freue mich zum Beispiel schon jetzt auf die nächste Spielzeit in der Semperoper, wo ich in der kommenden Spielzeit zum 120. Mal den Gefängniswerter Frosch in der „Fledermaus“ spielen darf.

Können Sie sich auch noch eine neue Krimi-Reihe vorstellen?

Das nicht. Vielleicht gibt es noch ein paar für mich wichtige Rollen. Gern ernste Themen mit Humor, die Treuhandaffäre als Komödie zum Beispiel oder das Wärmepumpen-Drama. Uns den Spiegel vorzuhalten, macht mir halt immer noch großen Spaß. Ich habe bestimmt noch einiges mitzuteilen.

Klingt eher nach Unruhestand als Ruhestand.

Genau. Wobei ich mich schon etwas zurücknehmen werde. Ich will zum Beispiel nicht mehr wie früher Co-Produzent meiner eigenen Filme sein, sondern einfach nur meinen Beruf ausüben, meinen persönlichen Anteil für einen Film leisten, ins Glied eines Ensembles zurücktreten. Familie genießen.

Das zweieinhalbjährige Kind ihrer Kollegin und Tochter Stephanie.

Das werde ich mit großer Freude und Verantwortung genießen, aber bestimmt noch nicht aufhören zu arbeiten. Wer rastet der rostet.