Deutsch als Weltsprache

fragezeichen_1_Wo immer deutsches Melodramenfernsehen vor Anker geht – die Menschen vor Ort sprechen fließend Deutsch, und zwar akzentfrei. Merkwürdig

Rom, es ist heiß, die Sprache sitzt. Namibia, der Wind weht, die Sprache sitzt. Singapur, Äquatorwetter, die Sprache sitzt. Ganz gleich, an welchem Traumstrand das Traumschiff auch landet – vor Ort begrüßen eingeborene Exoten ihre deutschen Besucher ausnahmslos in geschliffenem Hochdeutsch. Akzent, eine sprachliche Färbung, ach nur grammatikalische Unschärfen? Fehlanzeige! Das hiesige Melodramenfernsehen erklärt unser vertracktes Idiom mit all den harten Konsonanten und komplizierten Diphtongs fast jeden Freitag im Ersten, fast jeden Sonntag im Zweiten und auch sonst alle Nase lang zur Weltsprache. Das hätte es wohl gerne!

Denn dahinter mag die Liebe der weißhaut und -köpfigen Stammzuschauer einschlägiger Romanzensendeplätze zur leichten Verständlichkeit stecken; verstärkt wird sie von der Gewohnheit, ausländische Filme ausnahmslos synchronisiert vorgesetzt zu bekommen. Und so richtig paradox würde das Paradox kenianischer Savannenbewohner mit Goethe-Institut-Germanisch ja erst, wenn sie es doch mit Akzent sprächen. Doch im Kern bedienen die Regisseure strunzdämlicher Pilcher-Stoffe das nur leidlich verschüttete Bedürfnis großdeutscher Befindlichkeiten, im Kaiserreich möge die Sonne niemals untergehen. Und keine Sorge: nur weil der putzige Neger einschlägiger Schnulzen putzig lächelnd perfektes Deutsch kann, geht er den edlen Muttersprachlern beim Retten seines armen Landes nur zur Hand, blickt ihn also garantiert nicht scheel an.

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