Steven van Zandt: The Sopranos & Lilyhammer

Mein Training waren Mafiafilme

Eigentlich spielt Steven van Zandt Gitarre bei Bruce Springsteen. 1999 aber wurde er von der Bühne für Die Sopranos gecastet und ist seither der TV-Mafioso vom Dienst – ab heute (21 Uhr) auch in der Arte-Serie Lilyhammer, wohin er als vor seinem Paten flieht. Für die preisgekrönte Geschichte vom Ostküsten-Verbrecher in der verschneiten Provinz Norwegens schreibt das Multitalent nicht nur am Drehbuch mit, sondern entwirft auch die Kostüme und sorgt für den Soundtrack. Ein Gespräch mit dem 64-Jährigen Italo-Amerikaner über seine Filmkriminellen, deren Haarpracht und was Der Boss zu alldem sagt.

Interview: Jan Freitag

freitagsmedien: Mr. van Zandt, welche Eigenschaften muss ein Schauspieler seinem Mafioso unbedingt mitgeben, um glaubhaft zu sein?

Steven van Zandt: Gut sitzende, aber etwas weite Anzüge gehören unbedingt dazu. Dann natürlich diese fantastischen Frisuren mit viel Brillantine. Überhaupt sollte der Stil sehr an die Vierziger- bis Fünfzigerjahre erinnern. Silvio und Frank…

Ihre beiden Mafiosi aus Sopranos und Lilyhammer.

… das sind beide schließlich unbedingte Nostalgiker.

Soweit zu den Äußerlichkeiten. Wie ist es mit dem Habitus?

Ach, der kommt dann fast von allein, wenn man sich so toll kleidet.

Dass heißt, auch ihr böser Blick mit gesenktem Kinn und vorgeschobener Unterlippe kommt bei diesen Kostümen fast von allein?

Ich musste den jedenfalls nicht stundenlang vorm Spiegel üben. Aber er folgt schon auch einem Bedürfnis, mich so umfassend wie möglich von meiner Rolle zu unterscheiden. Und die wiederum vom Hippie-Gitarristen, der ich im restlichen Leben an der Seite von Bruce Springsteen bin.

Als Little Steven und Teil der E Street Band. Liegt das Authentische vielleicht auch in ihren italo-amerikanischen Genen begründet?

Oh, mit solchen Aussagen wäre ich jetzt aber sehr vorsichtig (lacht). Manche Menschen mit diesen Genen könnten das als extrem beleidigend empfinden. Nein, mein Training war wohl eher ein lebenslanges Interesse für die Mafia. Ich habe alle Filme gesehen, jedes Buch dazu verschlungen. Die Mafia hat den Western als Genre der Gesetzlosen abgelöst, deshalb fühle ich mich zu dem Thema ebenso hingezogen wie es die gesamte Gesellschaft. Es geht da viel um die Sehnsucht, sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen – egal, mit welchen Mitteln. Dieses Gefühl habe ich verinnerlicht für meine Rollen.

Eine Schauspielschule haben Sie dafür allerdings nicht besucht.

Nein, meine Schauspielschule war New Jersey, da ist man ständig von Mafiosi umgeben – zumindest welchen, die es gern wären. Wissen Sie: die wichtigste Fähigkeit eines Schauspielers ist seine Vorstellungskraft, und davon hab ich eine Menge, das hilft sehr. Wenn ich mir wirklich vorstelle, eine andere Person sein zu wollen, kann ich sie förmlich im Spiegel sehen.

Auch die Macher der Sopranos haben Sie in diesem Spiegel gesehen, als sie Sie 1999 direkt von der Bühne weg gecastet haben.

In der Tat. David Chase war ein großer Fan von Bruce Springsteen und unserer Band. Und er fragte mich irgendwann, ob ich mir vorstellen könnte, einen Mafioso zu spielen. Ich sagte, das wäre wirklich nett, aber ich bin leider kein Schauspieler. Da sagte er: doch, das bist du. Du weißt es nur noch nicht.

Weil in jedem von uns ein Schauspieler steckt?

Zum einen dies. Zum anderen ist E Street etwas anders als andere Rockbands. Wir sind keine gesichts- und namenlosen Begleitmusiker von Bruce, sondern eher eine eng befreundetes Rat Pack des Rock’n’Roll mit Bruce als Frank Sinatra, mir als Dean Martin und Clarence als etwas aus dem Leim gegangener Samy Davis Jr. Wir haben unsere Shows immer theatralischer aufgefasst als andere. Das hat David Chase gespürt.

Danach haben Sie allein acht Jahre mit Silvio Dante verbracht und nun bereits zwei weitere mit Frank Targelio. Haben Sie da überhaupt noch genug Zeit für die Musik?

Ich nehme sie mir. Zumal ich neben der Titelmusik auch für den Soundtrack mehrerer Serienstaffeln gesorgt habe. Abseits davon wurde es zwischenzeitlich schon weniger, aber mittlerweile mache ich wieder mehr Musik und habe gerade zehn Songs eingespielt.

Was sagt denn Bruce Springsteen überhaupt zu ihrer Nebenkarriere vor der Kamera?

Er war immer sehr auf meiner Seite und ist zudem ein großer Fan der Sopranos. Aber beide Arbeiten haben sich auch nie so sehr überlappt, dass eine unter der anderen gelitten hätte. Gerade meine Rolle bei den Sopranos ließ sich meist gut mit Touren und dem Studio koordinieren. Als Hauptdarsteller von Lilyhammer ist das schon etwas anderes, aber bei der 1. und der 3. Staffel habe ich gerade mal je einen Monat einer zweijährigen Tour verpasst. Und ehrlich: Die kommen auch mal ohne ihren TV-Mafioso klar.

Würden Sie gern mal etwas anderes spielen als den?

Genau das dachte ich auch, als die Produzenten von Lilyhammer zu mir kamen. Aber die Idee war einfach zu gut, um es abzulehnen. Scheiß auf mein Image – mir ist es wichtiger, gute Sachen zu machen als abwechslungsreiche. Dennoch bin ich gespannt, was mir demnächst anderes angeboten wird.

Wäre Ihre Frau Maureen dann wieder dabei?

Ex-Frau bitte (lacht). Wer weiß. Am Ende ist sie ja die einzig richtige Schauspielerin von uns zwei und wirklich grandios. Dennoch sind es ja eher kleine Rollen: meine Frau bei den Sopranos und jeweils zwei Auftritte in den Finalfolgen von Lilyhammer. Und obwohl sie sonst eher Shakespeare spielt, hat sie beides wirklich gemocht.

Mögen Sie einen Ihrer beiden Mafiosi lieber als den anderen?

Nein, dafür sind sie einfach viel zu verschieden. Witzigerweise war Silvio Dante dafür zuständig, dass seinem Boss nichts passiert, während Frank Targelio selbst versucht, drüben in Norwegen einer zu sein. Er ist Tony Soprano also ähnlicher als Sil Dante. Außerdem ist er viel witziger.

Macht das Lilyhammer zu einer Komödie?

Schon, aber eine mit sehr ernsten Anteilen. In Norwegen haben wir deshalb einen Fernsehpreis als beste Drama-Serie bekommen, während wir in Monte Carlo als beste Comedy gewonnen haben. Es steckt beides drin, aber Lilyhammer fühlt sich definitiv leichter an als die Sopranos. Zumal es weit weniger Gewalt gibt, die wird in Norwegen nicht so gern gesehen. Viel haben die zwei Figuren also nicht gemeinsam.

Was sie allerdings eint, ist diese unglaubliche Frisur.

(lacht) Wahnsinn, oder? Deshalb sagen wir gern, das Haar übernimmt das Schauspielen, wir machen den Rest.

Was würden Sie tun, um diese Haare zu haben?

Glauben Sie mir: Fast alles! Denn die wahre Herausforderung an Little Steven ist es doch, zu verbergen, dass er nicht so tolles Haar hat.

Lilyhammer – vier Doppelfolgen ab 30. November, donnerstags ab 21 Uhr auf Arte

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