Eva Löbau: Graue Maus & Tatort-Star
Posted: September 28, 2017 | Author: Jan Freitag | Filed under: 4 donnerstagsgespräch |Leave a comment
Der Weltstar des Studentenfilms
Eva Löbau ist nicht schön, sie hat auch keinen Glamour, sie spielt ihre Rollen einfach mit so geradliniger Wahrhaftigkeit, dass es die Schwäbin mittlerweile zu einer festen Größe des deutschen Films gebracht hat. Dafür spricht zum Beispiel, dass sie ab Sonntag die neue Ermittlerin des Schwarzwald-Tatorts ist. Und dabei gemeinsam mit ihrem Kollegen Hans-Jochen Wagner (Foto: Alexander Kluge/SWR) entscheidend zur grandiosen Atmosphäre des Auftaktfalles Goldbach beiträgt.
Von Jan Freitag
freitagsmedien: Frau Löbau, gleich Ihr erster Tatort macht kriminologisch mit Kindsmord und Waffenhandel ein großes Fass auf. Ging’s zum Auftakt nicht ein bisschen kleiner?
Eva Löbau: Ach, es gab mal eine Phase, wo der Waffenhandel noch weiter im Vordergrund des Drehbuchs stand. Daraus ist erst im Verlaufe der Entstehungsgeschichte ein Worst-Case-Szenario dreier Familien geworden. Mir ist es allerdings sehr recht, dass unser Tatort so schwer, ernst und melancholisch einsteigt.
Warum?
Für mich als Ermittlerin gerät die Einführung dadurch sogar sanfter, weil wir unsere Arbeit in einem Umfeld erledigen, dem mehr Raum gegeben wird als uns. Also, ist mir natürlich bewusst, dass Krimis in Deutschland die Realität verdichten. So ein Fall kommt im Schwarzwald sicher nicht häufig vor.
Wirken Ihre beiden Kommissare deshalb so wenig abgebrüht oder legt es die Messlatte gleich mal auf ein Niveau ganz gewöhnlicher Ermittler?
Schon, aber es hat auch mit unseren Gesprächen mit der Freiburger Polizei zu tun, wie Kommissare in so einer Situation normalerweise reagieren. Daran schließt sich ja die Frage an, wie viel Routine im Polizeialltag realistisch ist, wie viel man psychisch aushält. Es war mein Wunsch, dass die Polizeiarbeit mehr im Vordergrund steht als meine Figur; die sollte nicht so exaltiert sein.
Das entspricht durchaus dem Rollentypus, den Sie öfter mal spielen oder?
Inwiefern?
Da sind schon öfter eher graue Mäuse wie damals in Lerchenberg und jetzt hier beim Tatort auch.
Echt? Oh, das war hier nicht meine Absicht. Graue Maus ist generell nicht mein Interesse. Mir geht‘s immer um die jeweilige Funktion einer Figur im ganzen System. Und hier in der Reihe vielleicht um einen gewissen Pragmatismus. Ich gebe da doch auch Anweisungen, und die werden sogar befolgt Hahaha. Auch in Lerchenberg steigt die graue Maus, wenn Sie das so nennen wollen, letztlich aus Sascha Hehns Schatten und lässt sich Haifischzähne wachsen.
Wird der Tatort auch für Sie selbst was ändern, einen Schwung aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht?
Das weiß ich jetzt natürlich noch nicht, aber davon abgesehen, dass ich auch Hauptrollen spiele, meinte eine befreundete Regisseurin zu mir, der deutsche Film interessiert sich jetzt nicht sooo sehr für dich, da gibt dir der Tatort vielleicht mal einen Aufmerksamkeitsschub. Ich komme ja eher aus dem Autorenkino und nenne mich manchmal scherzhaft einen Weltstar des internationalen Studentenfilms. In Theaterstücken spiele ich oft Leute, die dominieren und sagen wo‘s lang geht. Andererseits stimmt es schon – im Film kommt das bislang eher seltener vor.
Sie sind in Waiblingen aufgewachsen oder?
Geboren. Aufgewachsen bin ich in Plochingen. Beides ist in der Nähe von Stuttgart.
Kennen Sie die Gegend, in der der Tatort spielt?
Ich wohne zum Teil in Karlsruhe und bin dann oft im Schwarzwald wandern. Ich kenne die Gegend also ganz gut.
Ist sie wirklich so düster wie der Film es suggeriert?
Er hat natürlich auch eine liebliche Seite. Aber durch die tiefen Taleinschnitte unter den hohen Plateaus mit ihren Mooren ist er vielfach schon auch schroff und abweisend.
Welche Reaktionen erwarten Sie von Schwarzwäldern auf den ersten Fall? Richtig gut kommen ja weder Wald noch Mensch, die als ziemliche Waffennarren dargestellt werden, weg.
Ach, das ist halt der Blickwinkel dieses Falles. Manche Leute werden gewiss auf korrekte Dialekte achten, und enttäuscht sein. Aber die Waffenszene wird ja als sehr vielfältig dargestellt: vom Schützenverein bis zum Freak. Und den Global Player der Waffenindustrie gibt’s dort wirklich. Ich finde die Gegend sehr nachvollziehbar.
Sind Sie selbst ein urbaner Typ?
(lacht) Ja. Aber einer mit großer Sehnsucht nach dem Land. Ich habe gemeinsam mit meinen Geschwistern kürzlich die Hütte meines Großvaters an einem See bei Salzburg zurückgekauft. Aus nostalgischen Gründen. Ansonsten wohne ich meistens in Berlin.
Werden Sie dort auf der Straße erkannt?
Kaum. Ich kann mich unbehelligt bewegen. Als ich neulich vorm Geldautomat stand, meinte aber mal ein anderer Kunde zu mir, ah, Sie sind doch die Schauspielerin? Aber das war ein positives Erlebnis, weil er Filme mit mir gesehen hatte, die er mochte.
Sind Sie denn Zuhause bei Stuttgart bekannt?
Das wüsste ich, wenn es dieses Zuhause dort noch gäbe. Meine Eltern wohnen nicht mehr da, wo ich aufgewachsen bin, sondern teilweise auf Sardinien, teilweise bei Salzburg. Ich komme daher nicht in mein „Dorf“ zurück und jeder sagt, ach guck mal, die Eva! Mit meiner Verwandtschaft hatte teilweise in den letzten Jahren nicht so viel Kontakt; aber jetzt, wo der Tatort kommt, führt uns das wieder ein bisschen zusammen. Ich bin ohne Fernseher aufgewachsen. Erst kürzlich haben sich meine Eltern einen gekauft. Nur um mich im Fernsehen zu sehen. Sagen sie zumindest. Also, Tatort sorgt bei mir zu Familienzusammenführung.
Setzen Sie sich ein Limit, wie lange Sie ihn machen wollen, ohne darin festzuhängen?
Ich hab mir im Voraus natürlich Gedanken gemacht, inwieweit er eine berufliche Weiterentwicklung ist oder inwieweit mich das schädigen könnte. Dadurch, dass es schon so viele Tatort- Kommissarinnen gibt, empfinde ich mich jetzt auch nicht nur darauf festgelegt. Ich freu ich mich auch, dass ich mich längere Zeit mit dieser Figur in diesem Umfeld auseinander setzen kann. Aber ich werd schon weiter auch anderen Arbeiten und Interessen nachgehen.
Denken Sie bezogen auf Ihre Arbeit strategisch?
Gar nicht. Im Gegenteil. Ich bin sehr unstrategisch und habe schon Entscheidungen getroffen, die eher nicht karriereförderlich waren.
Zum Beispiel?
Etwas Größeres abzusagen, weil ich noch mit etwas Kleinerem beschäftigt war, das mir allerdings am Herzen lag.
Wie viel Zeit und Arbeit nehmen zwei Tatorte pro Jahr in Anspruch?
Je einen Monat drehen plus Vor- und Nachbereitung. Ist schon eine Weile. Mitte Oktober drehen wir ja auch schon den nächsten. Da geht es speziell um Heimatverbundenheit.
Und kriegt Franziska Tobler ein bisschen mehr Privatleben als bislang?
Klar, nach und nach.