Cut Worms, Trampled By Turtles

Cut Worms

Der schönste Schmerz, so sagt man, ist doch das Fernweh. Bedarf es dafür heutzutage allerdings den Duft der richtig weiten Welt, Umrundung Neuseelands mit dem Kajak aufwärts etwa, so reichten früher bereits kleinste Trigger, ums sich in Reisestimmung zu versetzen. Ein Postkartengruß aus den Bergen zum Beispiel, der Italiener ums Eck und natürlich alles, was irgendwie nach Karibik klang. So gesehen schickt Max Clarke sein Publikum in eine sehr antiquierte Ferienregion, wenn er sein Debütalbum mit einer hawaiianischen Slack-Key Gitarre eröffnet und auch danach den Eindruck erweckt, Hollow Ground sei nicht erst kürzlich im Studio entstanden, sondern am kalifornischen Strand der frühen Sechziger.

Wirkt nostalgisch? Ist es auch! Aber nicht nur. Unterm Künstlernamen Cut Worms mischt sich der Singer/Songwriter fröhlich unter ein paar seiner Urahnen von den Beach Boys bis zu den Everly Brothers und macht mit ihnen eine hinreißend verschrobene Session voll träumerischer Westcoastfolksongs. Zehn Stück sind es, die mal countryesk klingen, mal poppig und auf gemütliche Art vergessen lassen, dass der Mann mit der Schmunzelstimme dahinter aus dem chaotischen Brooklyn stammt. Unter den 5527 Platten, die bislang als das Album des Frühlings angekündigt wurden, ist dieses hier, sagen wir: Nr. 4. Unbedingt miterblühen!

Cut Worms – Hollow Ground (Jagjaguwar)

Trampled By Turtles

Und um die Großstadt jetzt mal richtig zu verlassen, also nicht nur geografisch, sondern atmosphärisch, reisen wir kurz mal akustisch ins staubig ländliche Minnesota und besuchen dort ein Sextett namens Trampled By Turtles. In den USA ein gar nicht mal so junger  Geheimtipp der independenten Country-Szene, mischt das Sextett auch auf dem neuen Album Life is Good on the Open Road wieder Western-Traditionals mit Elementen aus Folk, Punk und Bluegras, was zwar bisweilen leicht sülzig klingt – Volksmusik halt. Schon im ersten Stück aber entfesselt die Band in Kelly’s Bar eine Art musikalische Kneipenschlägerei, die sich lustig vom Mainstream löst.

Entfesselt peitscht die Fiddel da durch den virtuellen Saloon, als sei sie eine Metal-Gitarre. 3:33 Minuten lang geben Dave Simonett, Erik Berry, Ryan Young, Dave Carroll, Tim Saxhaug und Eamonn McLain mit dem klassischen Landei-Equipment Gas, bis die Banjos glühen. Und selbst wenn es im Anschluss wieder ein bisschen ruhiger wird, befindet sich besonders Simonetts Gesang stets unter Strom, ohne zu überdrehen. Für Country-Puristen ist das womöglich Teufelszeug, für Country-Verächter sowieso. Wer sich allerdings mal für ein paar Takte in die alternativen Abseiten des Genres verirren will – hier ist der Wegweiser.

Trampled By Turtles – Life is Good on the Open (Banjodad)

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