Beyoncé Knowles & Howard Ashman
Posted: August 3, 2020 | Author: Jan Freitag | Filed under: 1 montagsfernsehen |Leave a comment
Die Gebrauchwoche
27. Juli – 2. August
Am Samstag war es mal wieder so weit: Die selbsterklärte Bohème der einzig wahren Durchblicker in Sachen Corona riefen zur großen Aufklärungsdemo nach Berlin und zeigten nicht nur der Wissenschaft, was ‘ne Verschwörungsharke ist, sondern auch der „Lügenpresse“. Etwa dem RBB, dessen Kameramann bespuckt wurde. Und natürlich Dunja Hayali. Wie so oft in Zeiten steiler Debatten, stellte sie sich tapfer all jenen, die sie verachten – bis diese Verachtung so aggressiv wurde, dass sogar der eigene Sicherheitsdienst zum Rückzug riet.
Die zweite Corana-Welle gesellt sich also nahtlos zur ersten des Stumpfsinns und bereitet damit der dritten einer rassistischen, reaktionären, misogynen Infodemie den Weg, gegen die offenbar kein Impfkraut gewachsen ist. Da erhofft man sich von einer meinungsstarken Feministin wie Beyoncé natürlich umso lautere Statements. Statements, die über ihr visuelles Album Black Is King hinausgehen, mit dem sie ihren Soundtrack zu The Lion King in eine Art BiPoC-Manifest verwandelt, dessen Sozialkritik jedoch nur mit Mühe dechiffrierbar ist. Und irgendwie wäre es auch wünschenswert, der Superstar würde sie nicht ausgerechnet bei Disney+ äußern, wo das Stück seit Freitag läuft.
Andererseits erreicht Beyoncé auf der Weißen Entertainmentplattform ein Publikum für Schwarze Selbstermächtigungsmusik, das seine Informationen ansonsten oft eher bei Fox News bezieht. Außerdem hat es dank der gigantischen Werbewirkung bessere Chancen bei den Emmys 2021. Ein Jahr zuvor gibt es dort gleich zwei Rekorde zu vermelden. Ende September geht Netflix mit 160 Nominierungen – und damit gleich 53 mehr als der bisherige Spitzenreiter HBO ins Rennen. Acht davon – auch das beispiellos – für Maria Schraders deutsche Miniserie Unorthodox um eine New Yorker Jüdin auf der Flucht nach Berlin
Die Frischwoche
3. – 9. August
Nachdem mit The Mandalorian erstmals ein Format von Disney+ nominiert ist, muss man auch Produkte wie das Porträt des frühzeitig an Aids verstorbenen Filmkomponisten Howard Ashman auf der Rechnung haben, dem Disney+ am Freitag ein interessantes Porträt widmet. Ungewohnt wortkarg ist heute Nacht um 0.20 Uhr Valeska Grisebachs Western, in dem sie einen deutschen Bautrupp nach Bulgarien schickt. Ungewohnt schlecht ist auch die Sendezeit von Jan Bonnys Psychodrama Wir wären andere Menschen, in dem Matthias Brandt als traumatisierter Fahrlehrer am Donnerstag um 23.15 Uhr (ZDF) Rache an Polizisten nimmt.
Rache ist überdies ein Motor der Reality Show Just Tattoo Of Us. Ab heute dürfen typische RTL-Zuschauer montags beim Online-Ableger TV Now Leute tätowieren, die sie eigentlich mögen, aber vor laufender Kamera verunstalten. Dann doch lieber zeitgleich die Rache der Rechten an allem, was ihnen fremd ist, in der Netflix-Doku Immigration Nation. Oder fiktional gewendet: die Fortsetzung der gefeierten Dramedy Ramy. Während sich der reale Stand-up-Star in der ersten Staffel um sein Liebesleben bemühte, sucht er Donnerstag auf Starzplay sein Heil im Islam – und kollidiert dabei heftig mit seinem Heimatland USA.
Heiterer geht es Dienstag in der Sky-Serie Breeders von und mit Martin Freeman zu, der sein Leben im Griff familiärer Zwänge darin mit zynischem Frohsinn schildert. Und mit einem Arte-Schwerpunkt Japanisches Kino, der heute (22.05 Uhr) mit dem Nachkriegsmelodram Sehnsucht von 1964 beginnt, sind wir bei den Wiederholungen der Woche, die zwei Stunden zuvor an gleicher Stelle mit dem Familiendrama Die Erbin beginnt, für das die jüngst verstorbene Olivia de Havilland 1949 den ersten Oscar erhielt. Farbig geht es dort Sonntag mit David Lynchs SciFi-Horror Dune – Der Wüstenplanet von 1983 mit Kyle MacLachlan weiter. Und der Tatort entführt uns morgen (22 Uhr, NDR) ins Jahr 1979, als MAD-Leutnant Delius (Horst Bollmann) mit dem ostdeutschen Freund Gregor seinen Debütfall hatte.