Peter Maffay: Wettsofas & Begegnungen
Posted: December 2, 2021 | Author: Jan Freitag | Filed under: 4 donnerstagsgespräch |Leave a commentHarmonie ist mir unheimlich wichtig
Peter Maffay (Foto: Magenta) ist mehr als 50 seiner 72 Jahre im Showgeschäft, aber fürs Reden war er darin weniger bekannt als fürs Singen. In der Magenta-Reihe Begegnungen lädt er sich jetzt Prominente wie Thomas Gottschalk oder Sahra Wagenknecht in seine Scheune nach Bayern und redet über dies und das. Ein Gespräch mit dem Talkshow-Neuling über Fragenkataloge und Nostalgie, Lampenfieber und wann genau er streitlustig wird.
Von Jan Freitag
freitagsmedien: Herr Maffay, als Thomas Gottschalk kürzlich sein Revival von Wetten, dass…? gefeiert hatte, saßen Sie gar nicht wie sonst üblich auf dem Sofa. Wie kam das denn nach bislang 17 bis 19 Besuchen?
Peter Maffay: Sie sagen es ja: Ich war schon so oft dabei, dass ich auch mal Pause machen kann. Aber ich schätze Thomas sehr. Deshalb haben wir ihn ja auch als ersten Gast unserer Begegnungen eingeladen.
Sitzen Sie da auf einem Sofa oder Stühlen?
So ein Mittelding, sofaähnliche Stühle, in denen man es gut zweieinhalb Stunden aushält.
Zweieinhalb Stunden? Was haben Sie ihn denn in dieser langen Zeit gefragt?
Alles Mögliche, unter anderem über unsere vielen Begegnungen, Live-Auftritte, gemeinsame Freunde, Songs und deren Künstler, die in unseren Leben eine Rolle spielen, Familie, eben alles.
Sie haben also in Erinnerungen geschwelt, aber nicht nur.
Genau. Sonst hätte der Episodentitel nicht Für immer jung, sondern Für immer alt heißen müssen. Wir sind schließlich beide sehr aktive, energiegeladene Menschen, die viel gesehen haben, was in unserem Zirkus geschehen ist.
Gibt es Fragekataloge, die Sie abarbeiten oder liefen die Gespräche eher impulsiv?
Für Gespräche aus dem Stegreif bin ich im Moderationsfach zu unerfahren, es gab daher vorgefertigte Fragen, die ich allerdings nicht sklavisch abgearbeitet habe. Wir haben schließlich Publikum in der Scheune; wenn man da anfängt, zu stammeln, wird es für alle unangenehm. Außerdem dürfen Profis wie Tommi auch eine gewisse Professionalität von mir erwarten.
Was liegt Ihnen persönlich denn mehr: interviewen oder interviewt werden?
Ganz klar letzteres. Schon vor dem Hintergrund meiner eigenen Unerfahrenheit ist Reagieren viel leichter als Agieren. Nicht dass ich Angst vorm Fragen hätte, aber ein gehöriger Respekt ist anders als beim befragt werden schon da. Sonst wird es schwierig, mit einem abgebrühten Politprofi wie Sahra Wagenknecht zurecht zu kommen. Ihr muss und möchte ich auf Augenhöhe begegnen. Wenn das Eis durch gute Recherche und Atmosphäre gebrochen ist, kann man ja immer noch ein Stück tiefer hindurch dringen.
Sie erwähnten gerade Gesprächsprofis. Von denen gibt es zweifellos viele, die das Fach grundsätzlich besser beherrschen als Sie. Was prädestiniert Peter Maffay abgesehen von der Prominenz, die gewiss große Namen anlockt, zu solch einem Format?
Nichts. Sich dem Publikum zu stellen, das entweder den Daumen senkt oder hebt, gehört zwar zum Beruf des Bühnenkünstlers dazu, davor scheue ich mich nicht. Aber „prädestiniert“ bin ich, ehrlich gesagt, nicht, sondern allenfalls „legitimiert“: durch meine Neugierde. Ich bin und war schon immer neugierig auf Menschen – ob nun neben mir auf der Bühne oder unten im Publikum. Durch Neugier entsteht Energie, aus Energie Spannung und aus Spannung Fortschritt – und in diesem Fall hoffentlich gute Unterhaltung.
Meinen Sie Spannung auch im Sinne von Anspannung, gar Lampenfieber?
Darin kann es bestehen, muss aber nicht.
Welche Gesprächspartner haben da für mehr Spannung gesorgt: jene, bei denen es auch mal knirschen kann oder jene, mit denen man sich gut versteht?
Für aufklärerische Gesprächsrunden ist ersteres sicherlich besser. Ich denke da an Frank Plasberg oder Anne Will; die behandeln Konflikte und wollen enthüllen. Darum geht es uns überhaupt nicht. Meine Gäste sollen sich vor allem wohlfühlen und nicht mehr preisgeben, als sie preisgeben wollen.
Sind Sie selbst eher harmoniesüchtig oder streitfreudig?
Harmonie ist mir unglaublich wichtig, aber wenn sie getrübt wird, kann ich auch streitfreudig werden. Und so schön Harmonie als menschlicher Zustand ist, muss man für seine Haltungen und Positionen auf dem Weg zum guten Kompromiss im Zweifel auch mal lautstark eintreten, sofern man davon überzeugt ist. Man darf es nur nicht zum Wesenskern einer Gesprächssendung wie meiner machen. Deren Gewinner sollte schließlich nicht nur der Interviewte noch der Interviewende sein. Sondern auch das Publikum.
Das erinnert ein wenig an die Gespräche von Blacky Fuchsberger oder Reinhold Beckmann, in denen es nie um Konfrontation, sondern Nähe ging.
Gute Beispiele: Blacky, der eigentlich Showmaster war, und Reinhold, bei dem ich meinerseits mal zu Gast war, sind im besten Sinne Gesprächspartner auf der Suche nach Dialogen.
Sind Sie dem Entertainer Blacky dennoch näher als dem Moderator Beckmann?
(lacht) Als Musiker bin ich ja keins von beiden so richtig. Wenn uns alle irgendetwas verbindet, dann der Begriff Unterhaltung. Jeder auf seine Art.
Unterhalten Sie sich bei Begegnungen lieber mit Kollegen und Kolleginnen vom eigenen oder fremden Fachbereich?
Die Mischung macht’s. Deshalb fand ich eine Dreierkonstellation wie mit Joey Kelley und Sahra Wagenknecht mit am interessantesten. Unter Gleichgesinnten verfällt man schnell mal ins Anekdotische und Fachsimpelei, das ist nicht für alle gleichermaßen unterhaltsam.