Habecks Gestümper & Filme im Film

TV

Die Gebrauchtwoche

5. – 11. September

Falls es jemand noch nicht bemerkt haben sollte: The Queen is dead. Das haben alle, wirklich alle Medien am Donnerstag quasi in Echtzeit berichtet und auch danach tagelang wenig anderes. Wobei nicht nur die ungekünstelte Traurigkeit ansonsten eher nüchterner Journalist*innen überrascht, sondern mehr noch ihre Kritiklosigkeit. Denn Pietät hin oder her: dem 96-jährigen Spross einer elitären, inzestuösen, undemokratischen, reaktionären, alimentierten Blutsdynastie derart zu huldigen, wie es flächendeckend erfolgte – das ist trotz Elisabeths Lebensleistung geradezu pflichtvergessen.

Einigen verhalf der Titelthemenschwenk aber auch zur willkommenen Atempause. Allen voran Robert Habeck, der mit Interview-Gestümper wie bei Sandra Maischberger grad die grüne Kernkompetenz zelebriert, gute Umfragen mit dem Arsch verbockter Kommunikation einzureißen. Auch Mathias Döpfner war gewiss glücklich, dass eine Missbrauchsklage gegen Springer in den USA flugs wieder aus den Schlagzeilen fiel. Und auch der RBB freut sich über jeden Tag anderer Titelschwerpunkte als dem Sumpf im eigenen Haus.

Dass er mit Katrin Vernau nun eine Interims-Intendantin hat, rutschte ebenso an den Wahrnehmungsrand wie ein Korruptionsverdacht gegen NDR-Funkhauschefin Sabine Rossbach, die in aller Stille von ihrem Posten zurücktrat. Netflix dagegen hätte vielleicht gern ein wenig mehr Aufmerksamkeit dafür geerntet, dass der schlingernde Streamingdienst in Cannes vermutlich zum letzten Mal die meisten Nominierungen aller Produktionseinheiten feiern durfte, während Paul Ronzheimer beim Deutschen Fernsehpreis wieder leer ausgeht – was er in grenzenloser Selbstverliebtheit kommentierte.

„Herzlichen Glückwunsch meinen geschätzten Kolleginnen und Kollegen“, twitterte er an Katrin Eigendorf, Kavita Sharma, Steffen Schwarzkopf und beklagte, „dass BILD bei den Nominierungen (mal wieder) ignoriert wurde nach unserer Dauer-Berichterstattung seit Monaten“. Tja, lieber Reichelt-Buddy – viel von jeder Front zu berichten hilft halt wenig, wenn man es für ein demokratiefeindliches Kampagnenblatt tut. Immerhin sprangen ihm sein Chef Johannes Boie und Christian Lindners Gatt…, pardon: Welt-Reporterin Franca Lehfeldt zur Seite, dazu Andrij Melnyk, Micky Beisenherz, Sonia Mikich und, hoppla: Karl Lauterbach.

0-Frischwoche

Die Frischwoche

13. – 19. September

Alles Medienprofis, die prima zur Fortsetzung der ewigen Achtziger-Serie Reich & Schön passen, die Warner mit den Staffeln 31 & 32 fortsetzt. Und ein bisschen fühlt man sich angesichts solcher Machtspielchen auch an The Serpent Queen erinnert – ein achtteiliges Stück Historytainment, mit dem Starzplay seit gestern die Renaissance-Strippenzieherin Caterine di Medici in einer famosen Geschichtsgroteske voller Hauptfiguren würdigt, mit deren Bezeichnung gönnerhafte Männer gern Emanzipation simulieren: „Starke Frauen“.

So altväterlich dieser Begriff ist: er trifft natürlich doch irgendwie auch auf zwei weitere Reihenformate zu. In der mehrfach Emmy-prämierten US-Serie Hacks, soll die alte erfolgreiche Komikerin Deborah (Jean Smart) mit der jungen erfolglosen Autorin Ava (Hannah Einbinder) ein Stand-up-Duo in Las Vegas bilden, und dieses Feuerwerk zweier Zynikerinnen ist von der ersten bis zur achten Folge hinreißend. Das gilt auch für Irma Vep. Und bei wem es da klingelt: So hieß ein Film von Oliver Assayas, in dem er 1996 Film im Film im Film drehen ließ. Jetzt macht er dieses Matrjoschka-Prinzip zur HBO-Serie.

Ab morgen spielt der US-Superstar Mira (Alissia Vikander) bei Sky die Hauptfigur eines Remakes vom Stummfilmklassiker Les Vampires, beginnt allerdings mit der Gangsterchefin Irma auch privat zu verschmelzen – und wie Assayas Original, Neuauflage und Entstehen unablässig gegeneinander schneidet, das ist Realismus von expressionistischer Güte. So was würde ein achtteiliges Stück schwarzer Humor im Ersten wohl ebenfalls von sich behaupten – und das nicht mal zu Unrecht. Ab Freitag kratzt Höllgrund in der Mediathek mit schwarzem Humor am Landarzt-Mythos. Ebenfalls eher heiter als wolkig: Die deutsch-österreichische Dorfsatire Alles finster über den Umgang mit einem Blackout, ab heute (20.15 Uhr) in Doppelfolgen beim BR. Und definitiv eher wolkig als heiter, aber sehr gelungen: das Arte-Drama Borga (Mittwoch, 20.15 Uhr) mit Christinane Paul um ghanaische Männer in Deutschland und ihren Versuch, hier reich zu werden.

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