Widerstand 2022 & Western 1883

Die Gebrauchtwoche

TV

28. November – 4. Dezember

Endlich Frieden, endlich Freiheit, endlich Ruhe, Recht und Ordnung: kaum hat sich die deutsche Fußballnationalmannschaft mit ihrer selbstmörderischen Hand-vor-Mund-Geste und der anschließenden Abreise aus Katar revolutionäre Zeichen gesetzt gegen das fundamentalreligiöse Regime, wurden dort alle homophoben Gesetze aufgehoben, Frauen gleichgestellt und sämtliche Fifa-Funktionäre in Haft genommen, um sie wegen Korruption zu belangen.

Wären das die Schlagzeilen der vergangenen Woche, würden wir in der laufenden womöglich Bilder wie jene vom aufgeheizten Spiel der USA gegen Iran sehen, wo es politische Rangeleien und Parolen auf den Rängen gab, die dem Fernsehpublikum schon deshalb verborgen bleiben, weil Katar und Fifa sie zensiert haben. Ein Flitzer mit Regenbogenfahne blieb dem Weltbild da ebenso verborgen wie leere, leise, öde Tribünen einer Veranstaltung, die Gianni Infantino dennoch zur besten ever erklären wird.

Bei Twitter zum Beispiel, das sich gerade in Windeseile zum Sprachrohr rechtspopulistischer Extremisten wie Elon Musk selber entwickelt, der darauf nun Apple den Krieg erklärt. Angeblicher Grund: weil das Tech-Unternehmen keine Werbung mehr bei Twitter lancieren will und – faselt der reichste Mann der Welt – die zugehörige App vom iPhone verbannen. Interessant, dass Jan Böhmermanns Hashtag der Woche immer noch auf Musks totalitärer Plattform läuft.

#rafdp hieß jener von vorvoriger Woche, der wieder mal wilde Debatten nach sich gezogen hat. Diesmal, weil sein ZDF Magazin Royal die FDP satirisch mit der RAF gleichgesetzt hatte. Kann, aber muss man nicht witzig finden, ist allerdings exakt derselbe Vergleich, den CSU/AfD zur blutrünstigen Terrorbande Letzte Generation zieht – und zwar ohne zu lachen… Selbst Die Zeit gönnte dem Streit daher ein ganzseitiges Pro & Contra von Martin Hagen und Hendrik Streeck.

Für & Wider vom RBB-Medienhaus haben sich dagegen erledigt: Kurz, nachdem der schwer machtmissbrauchsverdächtige Programmchef Jan Schulte-Kellinghaus in aller Stille zurückgetreten ist, wurde das Ende des völlig überteuerten Prachtbaus bekanntgegeben. Und das kurz, bevor dem Funkhaus mit Paramount+ am Donnerstag ein weiterer Streamingdienst Zuschauer*innen abspenstig macht.

Die Frischwoche

0-Frischwoche

5. – 11. Dezember

Zum Sendeauftakt zeigt das Portal, auf dem sich künftig auch Formate von CBS, Showtime, Nickelodeon oder Pluto TV zählen, Halo, Strange New World oder The Man Who Fell to Earth gleich mal einen SciFi-Block, begleitet von einem Mystery-Block (From, Evil, Yellowjackets). Maßgeblicher jedoch ist die Fortsetzung des 24. Western-Booms, den Magenta-TV vor acht Tagen mit The English eingeleitet hatte.

Paramount+ setzt es nun mit dem sensationell erfolgreichen Prequel der US-Saga Yellowstone fort, in der Kevin Costner eine Art Montana-JR spielt. 1883 begibt sich nun auf die Spur seiner Ahnen, die im titelgebenden Jahr nordwestwärts ziehen und dabei eine Spur der Verwüstung nach sich ziehen. Mit Gaststars von Tom Hanks bis Billy Bob Thornton ist die Serie zwar verblüffend konventionell ausgestattet, diskutiert aber auf interessante Art, warum die USA zum waffenstarrend egoistischen Land von heute werden konnte.

Aber auch, welches Unrecht es auf dem Weg dorthin begleitet hat. Das Menschheitsverbrechen der Leibeigenschaft zum Beispiel, dem Apple TV+ ab Freitag ein opulentes Filmdrama namens Emancipation mit Will Smith als entflohener Sklave widmet. In Deutschland beginnt derweil die Phase der vorweihnachtlichen Feel-Good-Movies. Angefangen mit dem nächsten ARD-Auftritt von Armin Rohde und Ludger Pistor als Fleischbäcker Günther Kuballa und Wolfgang Krettek, diesmal im Mittwochsfilm Die Weihnachtsschnitzel, gefolgt von der Amazon-Serie Friedliche Weihnachten ab Freitag.

Eine sehr reiche Sippe Snobs verbringt die Festtage darin mit einer eher armen Sippe Asis, was nur hierzulande jemand witzig findet. Ebenfalls nur hierzulande denkbar: dass ein Windei wie Johann Theodor von und zu und auf und im Guttenberg nach seiner missratenen Karriere als klassenbewusster Politclown am Sonntag mit Thomas Gottschalk den RTL-Jahresrückblick moderiert. Liebes Christkind: wir wünschen Privatsendern Hirn mit Rückgrat.

Und dann ist natürlich noch der neue Podcast Och eine noch online, mit Wissenswertem zu einigen der oben besprochenen Themen wie 1883 oder Friedliche Weihnachten

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