Hoffnungsschimmer & Chippendales

Die Gebrauchtwoche

TV

2. – 8. Januar

Wenn ein Jahr wie 2022 zu Ende geht, müsste die Hoffnung aufs nächste doch eigentlich alle Schatten der Furcht überstrahlen. Der Furcht davor, dass alles nur noch viel schlimmer kommen könnte. Schön wär’s… Aufs Gute der anstehenden zwölf Monate zu blicken, ist nämlich leichter gesagt als getan, so wie sich die ersten zwölf Tage anlassen mit Krieg & Terror, Winterhitze & dem Skandal überteuerter PCR-Tests, für den vermutlich wieder niemand – schon gar nicht der mutmaßlich Hauptverantwortliche Jens Spahn – belangt werden dürfte.

Es begann ja schon damit, dass der RBB – Schreckensgarant des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – 2023 bereits am 30. Dezember begrüßte. Medienpolitisch verhieß das kurz nach Meldungen darüber, wie RTL den ehrwürdigen G+J-Verlag ausschlachtet und Deutschlands Journalismus damit weiter Richtung Abgrund treibt, nichts allzu Hoffnungsvolles. Immerhin: Netflix gab bekannt, das überteuerte Mystery-Spektakel 1899 zu stoppen, während Pro7 daran arbeitet, bis zum Herbst eine Nachrichtenredaktion aufzubauen.

Von We love to entertain you zum Nukleus mit Public Value – wenn RTL schon am demokratischen Grundgerüst sägt, sorgt die Konkurrenz immerhin für etwas Licht im Dunkel (dass sie zuvor allerdings selber ausgeknipst hatte). Die Frage, ob es eine gute Nachricht ist, dass die Ufa ein Prequel vom Dinner for One in Auftrag gegeben hat, ist da ebenso schwer zu beantworten wie jene nach dem Abschied von Thomas Hermanns aus dem Quatsch Comedy Club, der vor 30 Jahren den TV-Humor, nun ja, verändert hatte.

Bleibt noch ein Ständchen für die Sesamstraße zum 50. Geburtstag, aber ausdrücklich keines für Stefan Aust, der angeblich mal Journalist war, als Chefredakteur der Welt-Gruppe jedoch alle Energie auf eine einstweilige Verfügung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung gegen Jan Böhmermanns ZDF Magazin Royal verwendet, weil es ihn auf dem – viele sagen: durchaus lustigen Fahndungsplakat nach einer Lindner-Lehfeld-Bande im RAF-Stil überm Bild des veganen Querdenkers Volker Bruch nennt. Nein, so was aber auch!

Die Frischwoche

0-Frischwoche

9. – 15. Januar

Die (garantiert volkerbruchfreien) Erstausstrahlungen daher in Kürze. Angelaufen ist das Serienremake des Neunziger-Melodrams Interview with the Vampire bei Sky, wo die Untoten endlich ihrer blutrünstigen Homophilie freien Lauf lassen. Netflix zeigt bereits Nicolas Winding Refns Noir-Experiment Copenhagen Cowboy parallel zum überraschenden Sechsteiler Totenfrau mit Anna-Maria Mühe als Witwe auf Rachefeldzug, was die achtteilige Reiterhof-True-Crime Riding in Darkness eher unter- als überbietet.

Heute dann zeigt die ARD zum 80. der dankenswerten Wehrmachtniederlage eine Dokumentation über Stalingrad, was zumindest nicht völlig frei von Parallelen zu Sabrina Tassels ZDF-Reportage Gun Nation zur Waffensucht der USA ist. Den Siebenteiler Gestern waren wir noch Kinder, ab heute liniear im Zweiten, hätte man sich allerdings eher im Mediatheken-Asyl gewünscht, so lausig wurde Natalie Scharfs ambitionierte Milieustudie wohlstandsverwahrloster Elitenzöglinge umgesetzt.

Bunt statt trist wird es Mittwoch bei Disney+ im Zehnteiler Welcome to Chippendales über die Anfänge der weltberühmten Stripper-Truppe Anfang der Achtziger. Blutig statt bunt gerät naturgemäß die Fortsetzung vom Spin-Off Vikings: Valhalla bei Netflix. Effektvoll statt blutig scheint die achtteilige Gewaltstudie Cry Wolf in der Arte-Mediathek zu werden. Geruhsam statt effektvoll wirkt dagegen Samuel Becketts deutsch-britische Bestseller-Verfilmung Chemie des Todes um einen Serienkiller bei Disney+ tags drauf, der anschließend auch in German Crime Story: Gefesselt auf Amazon wütet.

Und bevor Tobias Moretti mit Tochter Antonia in Der Gejagte mal wieder irgendwas mit Mafia macht, der Vollständigkeit halber: Das Dschungelcamp zurück in Australien, aber ohne Marco Schreyl, dafür mit Jan Köppen als Moderator und endlich, endlich: Martin Semmelrogge und Claudie Effenberg beim Perfekten Hodendinner.



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