Schätzings Schwarm & Waltz’ Consultant

Die Gebrauchtwoche

TV

13. – 19. Februar

Literaturverfilmungen sind schon deshalb oft heikel, weil sie anders als Originaldrehbücher nicht nur mit dem Resultat, sondern der Romanvorlage verglichen werden. Wenn dann auch noch der oder die literarisch Verantwortliche am Leben ist, kommen zur Fallhöhe persönliche Befindlichen obendrauf – man denke nur an Michael Endes Verriss von Wolfgang Petersens Die unendliche Geschichte. Und jetzt also Frank Schätzing.

Sechs Tage, bevor das ZDF am Mittwoch den Achtteiler seines Weltbestsellers Der Schwarm in die Mediathek stellt, hat er die Serie so vollumfänglich verrissen, dass „pilcheresk“ noch ein freundlicher Begriff war. Das mag mit gekränkter Eitelkeit zu tun haben, dem angeschwollenen Ego des Blockbuster-Fabrikanten oder schlicht und einfach Marketing. Aber verdächtig ist es schon, dass der Kritiker öffentlich-rechtlicher Umsetzung zwei scheußliche RTL-Verfilmungen von Die dunkle Seite und Mordshunger gelobt hatte.

War also wohl doch nur gute PR, die auch der linearen Ausstrahlung Anfang März ein paar mehr Quotenpunkte bringen könnte. Und vielleicht dabei geholfen hat, vom eigentlichen Skandal des ZDF abzulenken. Dessen Gründungsintendant Karl Holzamer nämlich steckte wohl doch tiefer im NS-Staat als angenommen. Anders als von Sender und Chef behauptet, war er nicht nur langjähriges NSDAP-, sondern nach Eigenrecherchen zum 60. ZDF-Geburtstag auch SA-Mitglied.

Also einer jener Täter, für die der 1. Weltkrieg das verschwörungsideologische Testgelände zur Rechtfertigung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen aller Art war. Was Europa 1914-18 in Schutt und Asche gelegt hatte, verhilft dem Netflix-Drama Im Westen nichts Neues nun allerdings zu unerwartetem Ruhm. Nach neun Oscar-Nominierungen hat Edward Berger nun stolze sieben BAFTA-Awards bekommen.

Im Osten was Neues vom Gewalttäter Sex heißt es dagegen bei Julian Reichelt, der nach Erkenntnissen von Reschke Fernsehen noch viel mehr Frauen sexistisch attackiert hat als bislang gedacht. Im Süden nichts Altes könnte es angesichts der Meldung heißen, dass die ehrwürdige Münchner Lach- und Schießgesellschaft vorm Aus steht, weil Dieter Hildebrandts Nachfolger Bruno Jonas mit aller Welt Stress hat.

Die Frischwoche

0-Frischwoche

20. – 26. Februar

Damit geht womöglich ein Stück bundesdeutscher Humorhistorie verloren, die nicht mal das ZDF kompensieren kann. Von Frank Schätzing 2004 als Umweltthriller verfasst, wird Der Schwarm zwar als Drama-Serie angekündigt. Vom ersten Moment an allerdings hat GoT-Showrunner Frank Doelker die Vorlage so berechenbar verseift, dass es acht Teile lang meist unfreiwillig komisch ist.

Das gilt ab morgen bei Apple TV mit Einschränkungen auch für den Agenten-Thriller Liaison um ein früheres Liebespaar, das beim Kampf gegen kriminelle Hacker wiedervereinigt wird. Für Action-Fans gewiss ein Leckerbissen in sechs Gängen, ist dieses Testosteron-Gewitter nur wegen des zurückhaltend wuchtigen Vincent Cassel auch für Vernunftbegabte einigermaßen erträglich – und damit immerhin leichter verdaulich als die ARD-Schmonzette Sayonara Loreley am Freitag.

Richtig grandios dagegen ist der neue Geniestreich von Christoph Waltz, diesmal als dadaistischer Unternehmensberater The Consultant, der ab Freitag bei Prime Video eine Videospiel-Schmiede sanieren soll, deren Besitzer er selbst in den Tod getrieben hatte. Soziopathischer Aberwitz Marke Waltz vom Feinsten. Maskulines Ballermann-Fernsehen droht parallel die RTL-Serie Drift zu sein, ein deutsches Fast and the Furious mit Ken Duken und Fabian Busch.

Dann doch lieber dokumentarischen Wahnsinn wie das Paramount-Porträt Rise of the Billionaires, in der die Plattform morgen den Aufstieg mächtiger Tech-Milliardäre von Musk über Gates bis Bezos skizziert. Eine Dokusoap, aber der gehobenen Art, ist die fünfteilige Fortpflanzungsbegleitung Drei Paare, ein Ziel, aber Donnerstag in der ARD-Mediathek. Und um es nicht zu vergessen: Tags drauf steigt das französische Derby Girl zum zweiten Mal bei Neo in Rollschuhe, bevor Apple Samstag Eugene Levy in der Reportage-Reihe Urlaub wider Willen auf Reisen schickt.

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