Greta Schloch, Overmono, Esben and the Witch
Posted: May 13, 2023 | Author: Jan Freitag | Filed under: 5 freitagsmusik |Leave a commentGreta Schloch
Greta Schloch, wer wüsste das nicht, ist – tja: wer oder was noch mal? Seit Ende der Neunziger veröffentlich er/sie/es darunter Songs, von dem Alter fast schon Kultstatus erlangte. “Lieber ne Flasch Bier als Freund / als ne Flasche als Freund” – treffender ließ sich das Verpaarungsdilemma nicht auf den dadaistischen Pop-Punkt bringen. Stilistisch zwischen weder und noch, fanden es alle zwar ungefähr so schrecklich wie Fatih Akins Goldener Handschuh, aber anziehender als Autounfälle im Gegenverkehr und damit perfekt für ein Remix-Album, das Crocodile Records kuratiert.
Vom Disco-Dub des kanadischen Musikers Deadbeat bis zum Minimalhouse des schwedischen Produzenten The Field, vom Electro-Kraut der Ostrock-Band Herbst in Peking bis zu Gretas eigener Country-Version, vom fiepsenden Atari-Trash bis zur Originalversion macht die viel zu kurze EP daraus alles und nichts zugleich, also herzzerreißend behämmerte Found-Footage-Remixe zum Tanzen, Kotzen, Schlafen, verschwitzt aufwachen, ergo: den Soundtrack unserer dissonant bewegenden Zeit.
Greta Schloch – Alter Remixe (Crocodile Records)
Overmono
Und wenn Greta Schloch schon ein Kunstbegriff von schlichter Schönheit ist – was soll man da eher vom Label halten, das die britischen Brüder Ed und Tom Russell ihrem Club-Projekt Overmono verpassen: Mono mal Mono gleich Stereo? Einklang plus Vielklang macht Durchdrehen? Egal: das – hier kann mans wirklich mal sagen: lang erhoffte Debütalbum der Tanzflächenfüller ist so derart poloyphon elektronisch, dass es den Dancefloor selbst als Konserve mitreißt, Homedisco-Eskalation gewissermaßen.
Denn Good Lies schafft es spielend, Stimmungen in Bässe zu verwandeln und umgekehrt – Sound in Gefühle. Stilistisch der weiten Welt des House am nächsten, hat der Gewinner des DJ Mag Best of British Awards als bester Live-Act seine schweißtreibenden Club-Sounds 13 Tracks lang auf Tonträger gerettet und bietet darauf gewissermaßen Anschauungsmaterial, wie einfach, zugleich aber vertrackt es ist, elektronische Zappeligkeit in plattentauglichen Pop zu verwandeln.
Overmono – Good Lies (XL Recordings)
Esben and the Witch
Und damit zu etwas wirklich, also vollumfänglich anderem als House und Dada, nämlich der Dark-Wave-Band Esben and the Witch, die natürlich auch deshalb unterm Radar der Clubkultur läuft, weil sie so tief in sich ruht, dass der ideale Ort dafür Hängematten im Dunkeln sind oder zumindest Zimmer mit zugezogenen Vorhängen. Aber bitte nicht missverstehen: das Trio aus Brighton macht dennoch zutiefst aufwühlende Musik, die mit seinem digital-analogen Dark-Wave tief ins Unterbewusstsein vordringt.
Bestes Beispiel: das sechste Album Hold Sacred. Flächig ausgewalzt von Thomas Fishers Gitarrenbrett, singt sich Bassistin Rachel Davies abermals in die Abgründe ihrer alltagswunden Seele, kreiert damit allerdings Epen von variabler Tristesse, die The XX quasi ästhetisch aufblähen und dabei manchmal fast noisig, ja krautig klingen. Wenn Drummer Daniel Copeman dazu klitzekleine Synths und Samples über diese Kunstwerke des elaborierten Trübsinns tröpfelt, ist es daher egal, ob man allein oder im Pulk ist. Der Magen vibriert sowieso.
Esben and the Witch – Hold Sacred (Nostromo Records)