Musks Yaccarino & Mauffs Mapa
Posted: May 15, 2023 | Author: Jan Freitag | Filed under: 1 montagsfernsehen |Leave a commentDie Gebrauchtwoche
8. – 14. Mai
Okay, wir haben es verstanden: Im Westen nichts Neues von Edward Berger ist ein echt guter Fernsehfilm mit Kino-Intermezzo und damit durchaus vieler Preise wert. Aber ihm gleich neun Lolas ins deutsche Eichenregal zu stellen – nur in der Königskategorie von Das Lehrerzimmer geschlagen – ist dann vielleicht doch ein bisschen viel fürs Remake eines Remakes mit belangloser Politikflankierung, lückenhafter Dramaturgie und bisweilen leicht selbstreferenziellem Splatter.
Alles Themenaspekte übrigens, die auch im medialen Aufreger der Vorwoche stattfanden: Patrick Graichen, Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium, hat die Mammutaufgabe Energiewende mit Verwandten besetzt und damit Oppositionszorn erzeugt – namentlich der CSU, die auf Vetternwirtschaft ein Copyright hält, was die Enkel des korrupten Diktatorenkuschlers Franz-Josef Strauß freilich nicht daran hindert, auf jeder sozialen Plattform gegen Grüne zu schießen.
Auch auf Twitter, versteht sich, dem Elon Musk mit der Werbestrategin von NBC Universal ein echtes Verkaufstalent an die Spitze setzt. Der Trump-Fan Linda Yaccarino dürfte schließlich vor allem Wachstum im Kopf haben, um Musks Propagandadienst in die Gewinnzone zu bringen. Lappalien von Demokratie über Debattenkultur bis Pressefreiheit dürften da bestenfalls vierte Geigen spielen.
Letztere ist übrigens hierzulande weiter schwer unter Beschuss, weshalb Deutschland im Pressefreiheitsranking um drei Plätze auf Rang 16 abgerutscht ist – was allerdings weniger an staatlicher Repression als privatem Hass von rechts zu verdanken ist. Dass der MDR in dieser Atmosphäre sein Boulevardmagazin Live nach Neun streicht, dürfte darauf nur bedingt Einfluss haben, zeigt allerdings, dass der demokratierelevante öffentlich-rechtliche Rundfunk auf die RBB-Katastrophe weiterhin mit Sparen am Programm reagiert.
Die Frischwoche
15. – 21. Mai
Dass es dort wie anderswo wenig erbauliche Neuveröffentlichungen zu vermelden gibt, hat damit aber wohl nichts zu tun. Bemerkenswert immerhin: die zweite Staffel von Mapa, der abermals wunderbaren Erzählung vom viel zu jungen Witwer Metin (Max Mauff), der sein kleines Kind auch weiterhin ohne Mutter großkriegen muss, aber ab Donnerstag in der ARD-Mediathek wenigstens ein eigenes Liebesleben entwickeln darf.
Das sechsteilige Erbschaftsfolgendrama Am Ende von Andreas Prochaskas Sohn Daniel, ab Mittwoch im ZDF, ist hingegen kaum der Rede wert, weshalb die Tipps der nächsten sieben Tage vor allem dokumentarischer Art sind. Bereits abrufbar: Still, das großartige Netflix-Porträt von Michael J. Fox, der wenige Jahre nach seinem Durchbruch mit Zurück in die Zukunft an Parkinson erkrankte und seither zeigt, wie Beharrungsvermögen und Humor der Hoffnungslosigkeit trotzen.
An gleicher Stelle nicht unbedingt anspruchsvoll, aber kontrovers: Queen Cleopatra, Gina Gharavis Serienporträt der ägyptischen Königin mit, Achtung: der Schwarzen Adele James als Titelheldin der Reenactment-Elemente eines überaus feministischen Blickwinkels auf die Antike. Das bringt Rassisten aller Herren Länder verlässlich auf die Palme jahrtausendealter Privilegien. Und Netflix PR, die sich der Streamingdienst kaum erkaufen könnte.
Am Donnerstag geht der weiße männliche Talkshow-Host Markus Lanz erstmals seit seiner Südpol-Reportagen vor 13 Jahren wieder fürs ZDF auf Reisen – zunächst nach Moldawien ungeschminkt. Der oberste Artenschützer des Zweiten dagegen lässt andere reisen. Bei seinem RTL-Abstecher schickt Dirk Steffens (mit Sonja Zietlow) ab Samstag Menschen verschieden niedriger Prominenzgrade um die Welt, um im Auftrag der Umwelt ein Quiz im Stil von Joko & Klaas zu improvisieren.
Das ist zwar nur bedingt unterhaltsam, dient dem F1-Sender RTL aber gehörig beim Greenwashing – und dank der Kanäle des feindlich übernommenen Zeitungsverlags Gruner + Jahr auch beim Quotensammeln. Empfehlenswerter: die vierteilige Sky-Doku Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat von Christian Beetz, der den spanischen Ex-König tags drauf als gewissenloses Schwein im Diktatorendienst entlarvt. War noch was? Ach ja: der ESC. 18 Millionen LED-Lampen, 18 Punkte Deutschland, letzter. Wie immer.