Bipolar Feminin, bar italia, Isolée

Bipolar Feminin

Ein bisschen wohlfeil ist es schon, nahezu alles abzufeiern, was musikalisch aktuell aus Österreich nach Deutschland schwappt, aber um mit dem Opener des neuesten Partygrundes Bipolar Feminin zu sprechen: “Es ist wie es ist wie es war”, also abermals mit fantastisch noch zwei, drei Nummern zu klein beschrieben. Denn wenn mittlerweile sogar leicht schweiniger Noisepop über den Umweg des Herzens ins Hirn vordringt wie eine Axt durch Butter, könnte es auch an der Herkunft Wien liegen.

Zunächst aber liegt es an Leni Ulrich. Deren Gesang erinnert zwar an Rockröhren genannte Siebzigerstimmen wie Joy Fielding. Wenn sie zu Jakob Brejchas Gitarrengetöse wiederholt “Willkommen am Boden” singt, der Überflussgesellschaft in Attraktive Produkte reibeisenruppig den Kampf ansagt oder dem Tocotronic-Drummer Herr Arne Zank ihren Respekt als Inspirationsquelle erweisen, ist Bipolar Feminins Debütalbum dennoch das Beste was uns dieser Tage von irgendwo her erreicht, hier halt: Austria.

Bipolar Feminin – Ein fragiles System (Buback Tonträger)

bar italia

Kleines Ratespiel: woher mögen wohl bar italia kommen? Italien wäre jetzt natürlich zu einfach. Der Name des Debütalbums Tracey Denim gibt auch keinerlei Auskunft darüber. Und wer die Namen des Trios Nina Cristante, Jezmi Tarik Fehmi und Sam Fenton hört, kriegt auch keinerlei Hinweise auf ihre Wurzeln. Der Sound allerdings ist, wenn schon nicht in Österreich, dann hörbar in London zuhause, wo er sich aus Melting Pots und Pop-Traditionen bestens erklären lässt.

Atmosphärisch eine Emulsion der The-Bands Notwist, XX oder Velvet Underground, erkundet dieser Postpunk das Abseits analoger Musik mit psychedelischer Methodik von versteckter Schönheit. Akustisch verschachtelt, windschief gesungen, textlich voller Rätsel, macht Tracey Denim zwar nicht ständig Laune, animiert aber in jedem der 15 meist einsilbig betitelten Tracks zum Entschlüsseln dieser plöddernden Pop-Rätsel. Sie klingen dabei nach vielem, nur keiner italienischen Bar. Zum Glück.

bar italia – Tracey Denim (Matador Records)

Isolée

An Hamburger Bars ist hingegen schon so einiges erklungen, aber hausgemachte Clubsounds entstammen gemeinhin fernab der örtlichen Schule. In Frankfurt zum Beispiel, Heimat des Klangkünstlers Rajko Müller, der die Tanzflächen seit zwei Jahrzehnten mit elektronischer Tanzmusik bereichert – die allerdings ausnahmsweise nicht in Deutschlands hessischer Techno-Hauptstadt entstehen, sondern – eben: in Hamburg, wo sein Pseudonym Isolée sämtliche Platten aufnimmt, also auch das vierte: Resort Island.

Das mit klassischen Club-Labels zu versehen, greift erneut zu kurz. Erstmals auf eigenem Label, veranstaltet Müller aka Isolée nämlich gar keinen Micro-House, sondern Schatzsuchen. Und er wird überall dort fündig, wo sich viele seiner Mix-Kolleg:innen oft nicht hinbegeben: In die Zwischenräume geschmeidiger Rhythmen und Beats, dort also, wo Panflöten und Vibrafone, Drones oder Videospielschnipsel Flächen zerteilen, bis sie platzen und dennoch intakt lassen. Gut, dass die Festivalsaison beginnt.

Isolée – Resort Island (Resort Island)

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