Neubaueritis
Posted: June 18, 2013 | Author: Jan Freitag | Filed under: 2 dienstagsmarthe |Leave a commentWährend in anderen Ländern Shakespeare-Mimen und Ex-Kinderstars am beliebtesten sind, mag das hiesige Publikum vor allem Laiendarsteller wie Christine Neubauer. Merkwürdig
Die deutsche Zunge verfügt ja durchaus über äußerlich telegene Schauspieler von außergewöhnlicher Brillanz: Ludwig Trepte oder Martin Brambach zum Beispiel, Sandra Borgmann, Margarita Broich – um nur ein paar zu nennen. Sie alle jedoch sind weit weniger beliebt, weit weniger präsent, weit schlechter bezahlt als ausgewiesene Laienschauspieler mit Zwei-Mimiken-Gesicht wie Veronica Ferres (mütterlich/kämpferisch), Til Schweiger (treudoof/böse), Jürgen Vogel (böse/treudoof), Christine Neubauer (lasziv/tough), die vor allem. Was nach schreiender Ungerechtigkeit klingt, dem Untergangslied des Abendlandes, hat indes logische Gründe.
Der erste, arglose: brillante Mimen stellen sich ohne Hungersnot selten für schlechte Filme selten zur Verfügung, weshalb sie auf den Hauptsendeplätzen selten zu sehen sind. Der zweite, soziologische: das Publikum macht sich gern mit der eigenen Mittelmäßigkeit gemein, weshalb die Quote gewordene Inkompetenz Christine Neubauer, die auch nach 30 Fernsehjahren wie im Grundkurs Schultheater agiert, so derart mies spielt, dass der Durchschnittszuschauer seine eigene Durchschnittlichkeit kurz mal vergisst. Der dritte, deprimierende Grund aber ist die wachsende Intellektuellenfeindlichkeit. Was klug ist, gebildet, belesen, scheint ihr zusehends suspekt. Je dämlicher man in diesem debilen Umfeld daherkommt, desto größer die Chance auf Anerkennung von geistig unten. Vorteil Neubauer.